hier: Eingabe an den Rat Nr. 26/2018
Beschlussvorschlag
Der Haupt- und
Finanzausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und stimmt
dem in dieser Vorlage beschriebenen weiteren Vorgehen zu.
Sachdarstellung :
Die
Verwaltung beobachtet seit einem Jahr, dass in zunehmender Anzahl Häuser und
Wohnungen zur Unterbringung von Leiharbeitnehmern aus Südosteuropa genutzt
werden.
An
die Ordnungsbehörden werden seitens der Nachbarn Beschwerden gerichtet, die
sich auf eine hohe Anzahl von Bewohnern pro Immobilie, häufigen
Bewohnerwechsel, die Art der Müllentsorgung und Lärm verschiedener Art
beziehen. Darüber hinaus wird Unmut über die Art der Unterbringung generell und
über hohe Mieten, die die Bewohner gem. eigener Angaben zu zahlen haben,
geäußert. Nicht zuletzt ist das
Verhalten der Bewohner, die aufgrund ihrer Herkunft eine andere Lebensweise
gewohnt sind, Anlass für nachbarschaftliche Konflikte.
Die
Verwaltung hat sich einen Überblick über die beschriebene Wohnsituation im
Stadtgebiet verschafft, auf verschiedenen Ebenen Gespräche geführt und dort, wo
Handlungsbedarf bestand, ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen. Für die
verschiedenen Organisationseinheiten innerhalb der Verwaltung, die als
Ordnungsbehörde tätig sind, hat sich hier ein aktuelles Aufgabenfeld
entwickelt, das eine enge Abstimmung untereinander erfordert.
Auch
die Immobilie an der Eltener Straße, auf die sich die Eingabe bezieht, steht im
Blickfeld der Ordnungsbehörden. Aufgrund wiederholter Gespräche mit den
Betroffenen und nach einzelnen Maßnahmen hat sich die Situation zeitweise
beruhigt. Allerdings stellt nicht jedes Verhalten von Personen, das als störend
empfunden wird, unmittelbar eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung dar und bietet Anlass für polizeiliches oder ordnungs-behördliches
Einschreiten.
Vor
diesem Hintergrund beantragt der Petent als Nachbar eines Hauses an der Eltener
Straße in Form einer Eingabe an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein, die Stadt
Emmerich am Rhein möge schärfere Kontrollen einführen, um die undurchsichtige
Wohnsituation der Leih- und Wanderarbeiter in Emmerich aufzuklären. Darüber
hinaus beantragt er eine tiefgründige Klärung der steuerrechtlichen
Hintergründe, die bei Wohnraumüberlassung zur Frage kommen.
Aufgrund
des komplexen Gesamtsachverhalts werden im Folgenden unter Ziffer I zunächst
ein Überblick über die Unterbringung von Leiharbeitnehmern aus
südosteuropäischen Staaten in Immobilien auf dem Gebiet der Stadt Emmerich am
Rhein dargestellt und unter Ziffer II die privatrechtlichen und
öffentlich-rechtlichen Rechtsinstrumente erläutert. Im Anschluss erfolgt eine
Stellungnahme zu der in der Eingabe aufgezeigten Situation und zu weiteren
Immobilien, die nach der letzten Sitzung des Rates Gegenstand einer
Presse-berichterstattung waren. Die
Vorlage schließt mit einem Ausblick auf einen Maßnahme-katalog der Verwaltung.
I.
Aufenthalt
osteuropäischer Arbeitnehmer in Emmerich am Rhein
Seit
Mai 2011 gilt für die 2004 beigetretenen EU-Mitgliedstaaten Polen, Ungarn,
Tschechien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen die
uneingeschränkte Arbeitnehmer-freizügigkeit, für die 2007 beigetretenen
Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien gilt diese seit Januar 2014, für das im
Jahr 2013 beigetretene Kroatien seit 1. Juli 2015. Arbeitnehmer aus diesen
Ländern haben damit das Recht, frei und ohne Einschränkungen in europäischen
Mitgliedsstaaten zu wohnen und zu arbeiten. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt
Staatsan-gehörigen der EU-Mitgliedstaaten das Recht, ihren Arbeitsplatz innerhalb
der EU frei zu wählen. Sie benötigen keine Arbeitserlaubnis. Sie haben in jedem
anderen Mitgliedstaat den gleichen Zugang zu Beschäftigung wie die
Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats.
Im Rahmen der in
den vergangenen Jahren zunehmenden Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den
Niederlanden beschäftigen sog. „Uitzendbureaus“ vermehrt „Flexwerker“ aus
mittel- und osteuropäischen Ländern. Diese Zeitarbeitsunternehmen verleihen die
Arbeitnehmer aus Mittel- und Osteuropa u.a. an Produktionsgesellschaften der
Lebensmittelindustrie. In Abhängigkeit von der Dauer der Zugehörigkeit zu den
Zeitarbeitsunter-nehmen verbessert sich die Absicherung der Leiharbeitnehmer
entsprechend einem Phasen-Modell (z.B. Phase A: 78 Wochen, Phase B: 2 Jahre,
Phase C: unbefristet).
Niederländische
Uitzendbureaus bzw. mit ihnen in Verbindung stehende Unternehmen oder Personen
kaufen oder mieten Mehrfamilienhäuser in deutschen Kommunen nahe der
niederländischen Grenze und stellen den Leiharbeitnehmern dort Zimmer, z.T. mit
Gemeinschaftsküche und -bädern, gegen eine monatliche Miete zur Verfügung.
Derzeit sind in
Emmerich am Rhein 53 Mehrfamilienhäuser bekannt, die zur Unterbringung von
Leiharbeitnehmern überwiegend polnischer und rumänischer Staatsangehörigkeit
genutzt werden. Allein ein Uitzendbureau zeigt sich für die Nutzung von 29 Objekten verantwortlich. Die Nutzung der übrigen
Objekte verteilt sich auf weitere 3 bis 4 Uitzendbureaus.
Da der grundsätzliche
Wohnort der Leiharbeitnehmer (zunächst noch) das Herkunftsland ist, besteht
gem. § 27 Abs. 2 Satz 3 Bundesmeldegesetz (BMG) eine Meldepflicht in Emmerich
am Rhein erst nach einer Aufenthaltsdauer von 3 Monaten. In den 3 Monaten wechseln einige Leiharbeitnehmer
die Unterkunft, andere verlassen Emmerich ganz. Auch wenn die Uitzendbureaus
gehalten sind, regelmäßig Auskunft über den Bewohnerbestand zu erteilen, und im
Bürgerbüro der Stadt Emmerich am Rhein regelmäßig Leiharbeitnehmer an- und
abgemeldet werden, entspricht das Melderegister hier nur annähernd dem
tatsächlichen Bewohnerbestand. Infolge dessen ist ein Anstieg der Aufträge
Dritter an die Meldebehörde zur örtlichen Ermittlung einzelner Personen zu
beobachten. Das Uitzendbureau, das über die meisten Wohnungen verfügt, stellt
der Stadt Emmerich am Rhein inzwischen regelmäßig Bewohnerlisten zur Verfügung
und hängt diese an der jeweiligen Haustür aus.
In der
Öffentlichkeit wird zunehmend der Vorwurf laut, diese osteuropäischen
Leih-arbeitnehmer würden in sog. „Schrottimmobilien“ untergebracht.
Schrottimmobilien
sind nach allgemeinem Sprachgebrauch verwahrloste Immobilien, die seit langem
leer stehen, baufällig sind und durch ein ramponiertes Erscheinungsbild
auffallen. Diese Definition wird für Immobilien in Großstädten verwendet, an
deren Eigentümer der Vorwurf ergeht, sich durch unzureichende Instandhaltung
und skrupellose Vermietungspraxis zu bereichern. Die Notlage der Bewohner wird
ausgenutzt, unzumutbare Wohnverhältnisse und Gesundheitsgefahren sind die
Folgen, die schließlich in einer Nutzungsuntersagung der Immobilie endet. In
den Großstädten des Ruhrgebiets sind es ganze Straßenzüge, die aufgrund der
Nutzung eine negative Wirkung auf die Stadt- und Quartiersentwicklung
entfalten.
Bei den von den
Uitzendbureaus gekauften oder gemieteten Objekten in Emmerich am Rhein handelt
es sich nicht um Schrottimmobilien dieser Art. Es sind Mehrfamilienhäuser mit
einfacher Ausstattung, in denen vorwiegend männlichen Leiharbeitnehmern per
Mietvertrag eine Unterkunft bereitgestellt wird. Aufgrund der Befristung der
Arbeitsverträge ist die tatsächliche Nutzung der Unterkünfte durch Fluktuation
gekennzeichnet. Diese intensive Nutzung führt zur Verschlechterung des
Zustandes der Immobilien. Die Eigentümer beschränken sich auf die notwendigsten
Instandhaltungsinvestitionen. Dies führt dazu, dass sich das äußere
Erscheinungsbild der Immobilien verschlechtert und diese zu verwahrlosen
drohen. Der Zustand der Immobilien ist bisher allerdings nicht so, dass Wohnverhältnisse
unzumutbar sind und die Nutzung untersagt werden muss.
II. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche
Rechtsinstrumente
Zur Beseitigung
einer ggfs. drohenden Verwahrlosung von Immobilien und zur Geltend-machung von
Nachbarrechten stehen privatrechtliche und öffentlich-rechtliche
Rechts-instrumente zur Verfügung.
Zunächst hat jeder
Eigentümer unter Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme das Recht, mit seinem
Eigentum nach eigenen Wünschen zu verfahren und die Einwirkung Dritter auf sein
Grundstück auszuschließen. In erster Linie ist der Eigentümer bzw. Vermieter
für die Beseitigung von Missständen in Häusern und Wohnungen verantwortlich.
Wer sich durch den Zustand einer gemieteten Wohnung beeinträchtigt bzw. den
Zustand eines Nachbarhauses oder das Verhalten der Nachbarschaft gestört fühlt,
hat zunächst einen privatrechtlichen Abwehranspruch, der notfalls anwaltlich
oder gerichtlich geltend zu machen ist. Das Mietrecht und das private
Nachbarschaftsrecht sind bundesweit im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.
Direkten Nachbarn
der von Uitzendbureaus genutzten Immobilien, die sich durch den Zustand des
Gebäudes oder das Verhalten der Bewohner/innen gestört fühlen, steht somit
zunächst der private Rechtsweg offen.
Geht beispielsweise
von einem Grundstück Lärm aus, der die Benutzung des eigenen Grundstücks
erheblich beeinträchtigt, besteht hier ein Unterlassungsanspruch gem. § 906
i.V.m. § 1004 BGB gegen den Grundstückseigentümer. Das unbefugte Abstellen
eines Kraftfahrzeugs auf einem Privatgrundstück stellt z.B. eine verbotene
Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB dar, die einen Unterlassungsanspruch
des Grundstückseigentümers gemäß § 1004 BGB gegenüber dem Halter des
Kraftfahrzeugs begründet.
Sofern Missstände
allerdings öffentliches Interesse berühren und sie somit einen Verstoß gegen
gesetzliche Regelungen beinhalten, ist das Einschreiten einer Behörde
gerechtfertigt bzw. geboten.
Im Hinblick auf die
Missstände in Bezug auf den Zustand der von Uitzendbureaus genutzten Immobilien
oder Beeinträchtigungen, die auf das Verhalten der Bewohner/innen zurück zu
führen sind, stehen die nachfolgend dargestellten öffentlich-rechtliche
Rechtsinstrumente zur Verfügung.
1. Bauplanungsrecht - Modernisierungs-
und Instandsetzungsgebot, § 177 BauGB
Gem. § 177 BauGB
kann die Kommune im Rahmen eines Modernisierungs- oder Instand-setzungsgebotes
einen Grundstückseigentümer verpflichten, im Inneren und Äußeren des Gebäudes
vorhandene Missstände zu beseitigen. Die Anforderungen an das Bestehen solch
eines Missstandes bzw. Mangels sind sehr hoch und können nur dann bejaht
werden, wenn ein verwahrloster Zustand der baulichen Anlage erhebliche
Auswirkungen auf das Straßenbild und die benachbarten Gebäude hat und somit ein
öffentliches Interesse an der Instand-setzung bzw. Modernisierung besteht. Der
Zustand eines konkreten Gebäudes allein ist kein städtebauliches Kriterium,
welches den Erlass eines Gebotes nach § 177 BauGB rechtfertigt.
Selbst wenn bedingt
durch die lediglich beschränkten Unterhaltungsmaßnahmen des Eigentümers einer
Immobilie eine Verschlechterung der Immobiliensituation droht, welche die
städtebauliche Entwicklung eines Straßenzuges oder eines Quartiers
beeinträchtigen könnte, bedarf es zusätzlich noch der Erfüllung weiterer
Voraussetzungen, um in den Anwendungsbereich des Modernisierungs- und
Instandsetzungsgebotes zu gelangen.
So setzt der Erlass
eines Modernisierungsgebotes voraus, dass eine bauliche Anlage gegenwärtigen
Standards in Bezug auf Anforderungen an ordnungsgemäße Wohnver-hältnisse
widerspricht. Dies können gebäudebezogene Aspekte, wie z.B. mangelnde
Belichtung, Belüftung, Sozialabstände oder auch sicherheitstechnische Aspekte
wie u.a. mangelhafte Leitungen sein. Auch das vollständige Fehlen von
Sanitäranlagen oder Kücheneinrichtungen können solche Mängel sein.
Voraussetzung für
den Erlass eines Instandsetzungsgebotes ist, dass die am Gebäude vorhandenen
baulichen Mängel ein Ausmaß erreicht haben, dass seine störungsfreie
zweckentsprechende Nutzung nicht mehr möglich ist oder seine bauliche
Beschaffenheit das Straßen- und Ortsbild nicht nur unerheblich beeinträchtigt
oder aber das Gebäude erneuerungsbedürftig ist und wegen seiner städtebaulichen
Bedeutung erhalten werden soll.
Die Nutzung von zum
Wohnen bzw. zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebäuden durch Personen aus
vorwiegend osteuropäischen Ländern in Emmerich am Rhein stellt keinen
städtebaulichen Missstand dar. Die Gebäude werden zweckentsprechend genutzt und
stehen somit auch mit der jeweils bestehenden bauplanungsrechtlichen Situation
sowie den beschlossenen städtebaulichen Konzepten in Einklang.
Bisher
durchgeführte Überprüfungen von Immobilien, die zur Unterbringung
osteuropäischer Leiharbeitnehmer genutzt werden, haben keine Unterschreitung
des o.a. Mindeststandards zutage gebracht. Die Anforderungen an ein gesundes
Wohnen konnten regelmäßig als erfüllt betrachtet werden.
Die in Emmerich am
Rhein betroffenen Gebäude haben zwar einen einfachen Standard, wie z.B. einfach
verglaste Fenster; einen Mangel würden diese allerdings erst aufweisen, wenn
diese Fenster entweder zerbrochen oder deren Rahmen erhebliche Beschädigungen
oder Schimmel aufweisen würden. Der Standard dieser Gebäude führt nicht zu
einer Beeinträchtigung des Ortsbildes.
2. Bauordnungsrecht – Maßnahmen
zur Gefahrenabwehr § 58 BauO NRW
Maßnahmen auf
Grundlage der Bauordnung des Landes Nordrhein-Westfalen können regelmäßig
angeordnet werden, wenn von dem Gebäude bzw. seiner baulichen Situation selbst
eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht oder
diese konkrete Gefahr durch die (Wohn-) Nutzung des Gebäudes verursacht wird.
Im Gegensatz zu den bauplanungsrechtlichen Instrumenten sind sie nicht dazu
geeignet, eine Aufwertung bzw. Verbesserung der betreffenden Gebäude zu
erreichen.
Die
bauordnungsrechtliche Generalklausel, § 58 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW, ermöglicht
die Anordnung der Beseitigung von
baurechtlichen Mängeln, welche eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung darstellen, bzw. die Anordnung
von Instandhaltungs-maßnahmen durch Erlass einer Ordnungsverfügung.
Typische Beispiele hierfür sind die Anordnung von Maßnahmen zur Sicherstellung
des Brandschutzes sowie der Herstellung von ausreichend dimensionierten Flucht-
und Rettungswegen. Ziel solcher Maßnahmen ist es regelmäßig, das Gebäude wieder
einer rechtmäßigen Nutzung zuzuführen. Instand-setzungsarbeiten wie z.B. ein
neuer Anstrich, die nicht auf Mängeln der baulichen Substanz bzw. der Nutzung
eines Gebäudes beruhen, können ebenso wie Verbesserungen der baulichen
Situation auf dieser Grundlage nicht gefordert werden.
Lässt die
Baugenehmigung für ein Gebäude bzw. für Teile des Gebäudes ein Wohnen nicht zu
bzw. ist das Gebäude aufgrund seiner baulichen Beschaffenheit tatsächlich nicht
zu einem Wohnen bzw. dauerhaften Aufenthalt von Menschen geeignet, z.B.
mangelhafter Brandschutz, mangelhafte Belichtung und Belüftung, kann seine
Nutzung ganz bzw. teilweise untersagt werden. Der von der Nutzungsuntersagung betroffene Gebäudeteil ist von den Betroffenen
zu räumen. Bei Nichtbefolgung kann die Untersagung mittels Zwangsmaßnahmen
durchgesetzt werden, z.B. Zwangsgelder, Versiegelung der betroffenen Bereiche.
Sind Gebäude
nachträglich baulich verändert worden, Anbauten bzw. weitere Gebäude auf einem
Grundstück entstanden, ohne dass hierzu eine Baugenehmigung erteilt wurde, kann
unter sehr strengen Voraussetzungen ebenfalls auf Grundlage der allgemeinen
Generalklausel die Beseitigung dieser
Anlagen gefordert werden. Solch eine Beseitigungs-verfügung kommt
allerdings allenfalls dann in Betracht, wenn die jeweilige bauliche Veränderung
unter keinerlei Umständen baurechtlich genehmigt werden kann. In der Praxis
handelt es sich bei den betreffenden Gebäuden regelmäßig um baurechtlich genehmigte
Wohnhäuser, so dass regelmäßig deren Beseitigung nicht verlangt werden kann. Es
besteht daher lediglich die Möglichkeit, auf dieser Rechtsgrundlage die
Beseitigung einzelner baulicher Veränderungen, z.B. die Errichtung einer
Überdachung, die Errichtung eines Nebengebäudes, zu verlangen.
Für einzelne von
Uitzendbureaus genutzten Immobilien in Emmerich am Rhein wurde festgestellt,
dass die tatsächliche Nutzung nicht der Genehmigungslage entsprach. Hier wurden
bauordnungsrechtliche Verfahren eingeleitet, die zeitweise oder dauerhaft zu
einer Nutzungsuntersagung einzelner Gebäudeteile führten.
3. Wohnungsaufsichtsrecht
Das
Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG NRW) definiert Mindestanforderungen und
Mindestgrößen für Wohnraum. Es dient dem Mieterschutz und verfolgt zugleich das
Ziel, Wohnraum in der Kommune zu erhalten und Quartiere vor der
Negativausstrahlung verwahrloster Immobilien zu schützen. Aufgabe der
Wohnungsaufsicht ist es, auf die Beseitigung von Missständen an Wohnraum
hinzuwirken und die ordnungsgemäße Nutzung und Benutzbarkeit von Wohnraum zu
gewährleisten.
Ein Missstand gem.
WAG NRW liegt vor, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebrauchs zu
Wohnzwecken gegeben ist.
Von Uitzendbureaus
genutzte Wohnungen in Emmerich am Rhein verfügen über die gem.
§ 4 WAG NRW
festgelegte Mindestausstattung. Im Rahmen einzelner Überprüfungen festgestellte
Beeinträchtigungen wurden von den Eigentümern beseitigt. Keine
Beein-trächtigung war so erheblich, dass eine Gesundheitsgefahr bestand und
eine Unbewohnbarkeitserklärung ausgesprochen werden musste.
§ 9 WAG NRW
beinhaltet ein mögliches Vorgehen bei Missständen durch Überbelegung.
Es wird eine
Mindestwohnfläche festgelegt, die 6 m² für jedes Kind bis 6 Jahren sowie 9 m²
für die übrigen Bewohner umfasst. Im Rahmen der Erfassung der durch
Uitzendbureaus genutzten Wohnungen in Emmerich am Rhein werden Wohnfläche und
Zahl der Bewohner/innen dokumentiert. Eine Überlegung im Sinne des § 9 WAG NRW
war bisher nicht festzustellen.
3.1
§ 10 WAG NRW – Satzungsrecht in Bezug
auf den Schutz und Erhalt von
Wohnraum (Verbot
der Zweckentfremdung)
§ 10 Abs. 1 WAG NRW
ermächtigt Kommunen mit einer angespannten Wohnungssituation dazu, mittels
einer Satzung Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf festzulegen. In diesen
Gebieten darf Wohnraum nur nach Einholung einer behördlichen Genehmigung einer
anderen als einer Wohnnutzung zugeführt werden. Die Kommune darf in solch einer
Satzung auch die Regelung treffen, im Falle einer bereits erfolgten Umnutzung
zu „Nichtwohn-zwecken“, bei Leerstand oder auch geplantem Abriss durch den
Eigentümer von diesem die Rückführung der betreffenden Räumlichkeiten zu
Wohnzwecken fordern.
Der Wohnungsmarkt
in Emmerich ist in Bezug auf bestimmte Zielgruppen, wie z.B. kinderreiche
Familien, Einzelpersonen, insofern angespannt, als dass bedarfsgerechter
Wohnraum nicht bzw. nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung steht. Dieser
Umstand ist allerdings im Wesentlichen auf den Mangel an geeigneten Wohnungen
für diese Zielgruppen, nicht jedoch auf eine Zweckentfremdung, z.B. zur
gewerblichen Nutzung oder einen durch den Eigentümer bewusst forcierten Leerstand
von Wohnraum, zurückzuführen.
Die in Emmerich
betroffenen Immobilien haben vor deren Erwerb durch solche Personenkreise, die
die Gebäude überwiegend Uitzendbureaus zur Unterbringung osteuropäischen
Leiharbeitnehmern überlassen, zumeist aufgrund ihrer einfachen Ausstattung bzw.
ihres baulichen Zustandes keine anderen Mieter, Nutzer bzw. Erwerber gefunden.
Der Leerstand wurde vielmehr durch die Belegung mit diesem Klientel beseitigt.
Eine
Zweckentfremdung im Sinne der Vorschrift findet durch die Überlassung der
betroffenen Immobilien an osteuropäische Leiharbeitnehmer ebenfalls nicht ohne
weiteres statt. Laut Definition liegt üblicherweise eine Zweckentfremdung dann
vor, wenn vorhandener und genehmigter Wohnraum durch den Verfügungs- bzw.
Nutzungsberechtigten einer anderen Nutzung als zu Wohnzwecken zugeführt wird.
Klassischer Fall der Zweckentfremdung ist die Vermietung einer Wohnung als
Ferienwohnung für Touristen und Geschäftsreisende, sprich einer
Fremdenbeherbergung. Zur Definition der Fremdenbeherbergung kann auf das
Umsatzsteuerrecht zurückgegriffen werden. Gem. § 4 Nr. 12a Satz 2 UStG ist die
Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die zur kurzfristigen Beherbergung eines
Fremden vorgehalten werden, steuerpflichtig. Der
Europäische
Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 12.02.1998 – 346/95 – eine
kurzfristige Beherbergung bejaht, sofern diese weniger als 6 Monate dauert.
Gem. EuGH ist für die Bestimmung der 6-Monatsfrist die Absicht des Vermieters,
die z.B. im Mietvertrag dokumentiert ist, maßgeblich.
Da in den in
Emmerich am Rhein in Rede stehenden Fällen regelmäßig ein längerfristiger bis
dauerhafter Aufenthalt der Nutzer inklusive Begründung eines Wohnsitzes in
Emmerich am Rhein durch die Nutzer angestrebt wird, kann das Merkmal der
Fremdenbeherbergung nicht bejaht werden. Lediglich häufige Bewohnerwechsel
innerhalb eines Wohngebäudes können zwar ein Indiz für eine vom Wohnen
abweichende Nutzung darstellen. Allerdings lässt sich weder aus den
öffentlich-rechtlichen noch aus privatrechtlichen Vorschriften eine
Rechts-grundlage ableiten, welche im Falle eines häufigeren Mieterwechsels
automatisch die Änderung einer Nutzung bejahen und die Eigenschaft einer
Nutzung zu allgemeinen Wohnzwecken verneinen lässt.
4. Abfallrecht
Gem. § 6 der
Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt Emmerich am Rhein ist jeder Eigentümer eines im Gebiet der Stadt liegenden
Grundstückes verpflichtet, sein Grundstück an die kommunale
Abfallentsorgungseinrichtung anzuschließen, wenn das Grundstück von privaten
Haushaltungen zu Wohnzwecken genutzt wird (Anschlusszwang). Darüber hinaus ist
der Eigentümer eines Grundstückes als Anschlusspflichtiger und jeder andere
Abfallbesitzer (z.B. Mieter, Pächter) auf einem an die kommunale
Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstück ist verpflichtet, im Rahmen der §§
2 bis 4 die auf seinem Grundstück oder sonst bei ihm anfallenden Abfälle zur
Beseitigung und Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen der
kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung zu überlassen (Benutzungszwang).
Für die von
Uitzendbureaus genutzten Immobilien werden nach Ermittlung der tatsächlichen
Anzahl der Bewohner/innen eine entsprechende Anzahl Abfallbehälter
bereitgestellt. Zur besseren Vermittlung der Informationen im Hinblick auf die
Trennung der verschieden Abfallarten wurden inzwischen Abfallkalender in
polnischer und rumänischer Sprache ausgegeben. Trotz dieser Maßnahmen ist
jedoch festzustellen, dass Abfälle nicht getrennt werden und seitens von
Mitarbeiter/innen der Uitzendbureaus einer Entsorgung außerhalb der Stadt
Emmerich am Rhein zugeführt werden. Die Stadt Emmerich am Rhein ist nunmehr in
diesen Fällen gehalten, den Benutzungszwang im Wege von ordnungsrechtlichen
Maßnahmen durchsetzen und Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.
§ 6 der
Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung auf den Straßen und in den Anlagen im Gebiete der Stadt
Emmerich am Rhein trifft Regelungen zum Umgang mit den Abfallbehältern der
einzelnen Haushalte vor und nach der Entleerung sowie zum Umgang der für die
Sperrgutabfuhr bereitgestellten Gegenstände. Die Stadt Emmerich am Rhein
bereitet derzeit die Einleitung entsprechender ordnungsrechtlicher Verfahren
bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren vor.
5. Immissionsschutz
Gem. § 117
Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) handelt derjenige ordnungswidrig, der
ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen
vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die
Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu
schädigen. § 117 OWiG gilt für alle Arten von Lärm, also z.B. für nächtliches
Geschrei ebenso wie für technische Anlagen, Fahrzeuge, Musikgeräte und das Musizieren
etc.. Gegenüber anderen Ordnungswidrigkeitstatbeständen ist die Vorschrift
nachrangig (§ 117 Abs. 2 OWiG). Es handelt sich um einen Auffangtatbestand.
Speziellere Tatbestände, wie z.B. die des Landesimmissionsschutzgesetzes, gehen
vor.
Das
Landesimmissionsschutzgesetz (LImschG) enthält Regelungen u.a. in Bezug auf
Lärm- und Geruchsbelästigungen. Voraussetzung für ein behördliches Einschreiten
bzw. die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist das Vorliegen
einer erheblichen Belästigung. Lärm, Abgase, Gerüche müssen zu körperlichen und
seelischen Beein-trächtigungen führen, die durch Stärke und Intensität das
übliche und zumutbare Maß überschreiten. Der Schutz der Allgemeinheit steht im
Vordergrund, d.h. eine Personen-mehrheit oder eine Nachbarschaft müssen eine
erhebliche Belästigung darlegen. Sofern sich eine Einzelperson beschwert, ist
eine konkrete Gesundheitsgefährdung nachzuweisen.
Sofern Nachbarn der
von Uitzendbureaus genutzten Immobilien gegenüber der Stadt Emmerich am Rhein
Beschwerden im Hinblick auf nachbarliche Lärm- oder Geruchs-belästigung äußern,
führen die Mitarbeiter der Verwaltung zunächst Gespräche mit den
Uitzendbureaus. Ist das Uitzendbureau mit den meisten Immobilien in Emmerich am
Rhein involviert, führen diese Gespräche in der Regel zu einer deutlichen
Minimierung der Belästigungen. Denn für einzelne Themenbereiche sind
Mitarbeiter dieses Uitzendbureaus vor Ort in Emmerich, nehmen Kontakt zur
Nachbarschaft auf und wirken sodann auf die Bewohner ihrer Immobilien ein.
Sofern Gespräche mit Uitzendbureaus nicht zu einer Verringerung oder
Beseitigung der Belästigung führen, werden die Beschwerdeführer gebeten,
Protokolle über die Belästigungen zu führen. Eine Herausforderung stellt in
diesem Zusammenhang die Ermittlung eines konkreten Verursachers dar, da dieser
seitens der Beschwerdeführer in der Regel nicht mit Namen benannt werden kann.
Im Ergebnis wird eine erhebliche Belästigung, die zur Einleitung eines
Ordnungswidrigkeitenverfahrens führen könnte, in der Regel jedoch nicht
nachgewiesen. Eine Minimierung der Störungen bzw. ein störungsfreies
nachbarschaftliches Miteinander ist letztendlich vom Einwirken der
verantwortlichen Mitarbeiter der Uitzendbureaus auf das Verhalten der störenden
Personen abhängig.
6. Infektionsschutz
Tierische
Schädlinge, z.B. Ratten oder Kakerlaken, können Krankheitserreger verbreiten.
Daher ist gem. Infektionsschutzgesetz eine Bekämpfung zwingend erforderlich, um
eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu verhindern. Die
Bekämpfung der Schädlinge ist grundsätzlich Aufgabe der Haus- und
Grundstückseigentümer. Erst wenn diese nicht tätig werden, ist die Stadt
Emmerich am Rhein als Ordnungsbehörde zu informieren. Diese wird nach Prüfung
der Sachlage den jeweiligen Haus- und Grundstückseigentümer zu notwendigen
Bekämpfungsmaßnahmen veranlassen.
Bleibt der Haus-
und Grundstückseigentümer untätig, kann eine Bekämpfung der Schädlinge im
Rahmen einer Ordnungsverfügung mittels Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden.
Die Lagerung von
Abfällen auf Grundstücken erwecken in der Nachbarschaft Befürchtungen vor
Rattenbefall. In Einzelfällen wurde die tatsächliche Sichtung von Ratten
gemeldet. In diesen Fällen sind nach mündlicher Aufforderung durch die
Ordnungsbehörde die Abfälle seitens des Uitzendbureaus bzw. des
Grundstückseigentümers unmittelbar beseitigt worden und entsprechende
Rattenbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt worden.
7. Straßenverkehrsrecht
Die
Straßenverkehrsordnung (StVO) trifft in § 12 Regelunge zum Halten und Parken
von Fahrzeugen auf öffentlichen Flächen. Verstöße gegen diese Regelungen
stellen gem. § 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m. § 49 StVO
Verkehrsordnungswidrigkeiten dar, die gemäß Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV)
seitens der Stadt Emmerich am Rhein als Ordnungsbehörde zunächst mit einem
Verwarngeld geahndet werden. Sofern mit dem fehlerhaften Parkverhalten eine
Verkehrsbehinderung oder die Behinderung von Rettungs-wegen einher geht, können
Abschleppmaßnahmen die Folge sein. Parkverstöße, die außerhalb der Dienstzeit
der Ordnungsbehörde festgestellt werden, können per Fremd-anzeige mit einem
Foto unter Angabe von Ort, Zeit und Name der anzeigenden Person gemeldet
werden. Bei Verkehrsbehinderung sollte indes die Polizei benachrichtigt werden.
Gem. § 30 der
Straßenverkehrsordnung (StVO) ist es im Sinne des Umweltschutzes verboten, auf
öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu
lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen. Verstöße gegen dieses
Verbot stellen ebenfalls eine Verkehrsordnungswidrigkeit dar, die seitens der
Stadt Emmerich am Rhein als Ordnungsbehörde geahndet werden kann.
III. Verwaltungsverfahren in der Praxis
Auch aufgrund von
Beschwerden im Zusammenhang mit Nutzung von Wohnungen durch Leiharbeitnehmer
aus Südosteuropa hat die Verwaltung seit einem Jahr ihr verstärktes Augenmerk
auf diese Thematik gerichtet. Alle Organisationseinheiten, die in diese
Thematik involviert sind, tauschen regelmäßig Informationen aus und stimmen
Maßnahmen ab. Es findet ein ständiger Austausch mit der örtlichen
Polizeibehörde statt.
Wie oben
dargestellt werden alle von Uitzendbureaus genutzte Immobilien mit Angabe der
Eigentümer / Vermieter / Mieter / Wohnungsgröße / Anzahl gemeldeter Personen
erfasst. Im Falle vermehrter Beschwerden finden nach und nach gemeinsame
Überprüfungen vor Ort statt.
Die Vertreter von 3
Uitzendbureaus wurden jeweils zu Gesprächen ins Rathaus eingeladen. Mit einem Unternehmen besteht ein ständiger
Austausch der Bewohnerdaten einerseits und über Nachbarbeschwerden
andererseits. Missstände werden durch dieses Uitzendbureau unverzüglich
beseitigt. Das Unternehmen pflegt einen direkten Kontakt zur Nachbarschaft.
Unabhängig vom Melderecht teilt dieses Uitzendbureau der Verwaltung die Anzahl
der Bewohner/innen mit.
In zwei Fällen
fanden 2018 anlässlich vermehrter Beschwerden seitens der Nachbarschaft
Überprüfungen vor Ort mit Polizei und Vertretern der Ordnungsbehörden der Stadt
Emmerich am Rhein statt. Im 1. Fall wurde im Gespräch mit dem Eigentümer
bauordnungs-rechtlich und ordnungsrechtlich die Beseitigung von Missständen
erwirkt. Für Gebäudeteile wurde eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen.
Der 2. Fall
betrifft das Mehrfamilienhaus Eltener Straße, auf dessen Nutzung sich die
vorliegende Eingabe eines Nachbarn bezieht.
1. Immobilie
Eltener Straße
Der Garten des
Petenten grenzt direkt an den Garten der an der Eltener Straße gelegenen
Immobilie. Wenn mehrere Personen sich im Nachbargarten aufhalten, das
Grundstück betreten oder verlassen, ergibt sich eine entsprechende
Geräuschkulisse, die sich unmittelbar auf das Grundstück des Petenten auswirkt.
Beschwerden des Petenten in Bezug auf diese Immobilie bzw. der dort
untergebrachten Leiharbeitnehmer wurden erstmals im Mai 2018 anhand von
mehrfach nächtlichen Einsätzen der Polizei bekannt. Im Juni 2018 fand ein
erstes Gespräch zwischen Vertretern der Ordnungsbehörde, Eigentümer, Vermieter
und dem Petenten statt. Seitdem übersendet der Petent der Ordnungsbehörde
regelmäßig Lärmprotokolle. Nach anfänglicher Beruhigung der Situation nahmen
die seitens des Petenten geltend gemachten Lärmbelästigungen wieder zu. Vor
allem in den Sommermonaten, in denen sich die Bewohner häufig im Garten
aufhielten, fühlte sich der Nachbar durch laute Musik und Gegröle der Bewohner
belästigt, was zu lautstarken Auseinandersetzungen zwischen Petenten und
Bewohner führte. Es fanden mehrfach nächtliche Einsätze der Polizei statt, die
seitdem von der ordnungsbehördlichen Rufbereitschaft begleitet werden. Gem.
Aussage des Eigentümers und des Mieters wird die Immobile an der Eltener Straße
an ein Uitzendbureau zur Unterbringung von 24 Zeitarbeitnehmern untervermietet.
Eigentümer und Mieter dieser Immobilie wurden seitens der Ordnungsbehörde
aufgefordert, auf das betroffene Uitzendbureau und die Bewohner einzuwirken.
Der Eigentümer und Mitarbeiter des Uitzendbureaus führten tägliche Kontrollen
durch. Einzelne Bewohner, die maßgeblich für die Lärmbelästigung verantwortlich
waren, wurden seitens des Uitzendbureaus einer anderen Unterkunft zugewiesen.
Der Petent wurde seitens der Ordnungsbehörde gebeten, im Falle weiterer
Lärmbelästigung unverzüglich den Eigentümer der Immobilie zu informieren.
Darüber hinaus wurde ihm empfohlen, den zivilen Rechtsweg zu beschreiten.
Im August 2018
haben Vertreter des Fachbereichs 5 als Bauaufsichtsbehörde und des Fachbereichs
6 als örtliche Ordnungsbehörde in Begleitung von 6 Polizeibeamten und in
Anwesenheit des Eigentümers und des Vermieters die Immobilie an der Eltener
Straße in Augenschein genommen. Es wurden 14 zur Wohnnutzung geeignete und
tatsächlich bewohnte Räume mit insgesamt 24 Betten vorgefunden. Eine
Überbelegung im Sinne des § 9 WAG NRW ist nicht festzustellen. Hinsichtlich des
Ausbaus des Dachgeschosses wurde ein bauordnungsrechtliches Verfahren
eingeleitet, das inzwischen abgeschlossen ist. Das Haus verfügt über eine
Mindestausstattung im Sinne des WAG NRW. Hauseigentümer und Vermieter wurden
auf die Sicherstellung des Rettungsweges über die Haustür und den Ersatz
einzelner fehlender Brandmelder hingewiesen. Auf Grundlage der ermittelten
Bewohnerzahl haben die Kommunalbetriebe eine entsprechende Anzahl
Abfallbehälter aufstellen lassen.
Im Oktober 2018
teilte der Petent der Ordnungsbehörde mit, dass sich nach rechts-anwaltlicher
Unterstützung die Situation sehr verbessert habe. Weiterhin werde die Nachtruhe
jedoch durch das An- und Abfahren sowie das Laufenlassen der Motoren der
Fahrzeuge, mit denen ab ca. 4 Uhr die Leiharbeitnehmer abgeholt werden,
gestört. Der Zeitraum umfasst zwischen 20 und 60 Minuten. Fachbereich 6 hat das
Uitzendbureau über diese wiederholten Beschwerden informiert und die Angaben
der Fahrer angefordert. Mit dem Hinweis, das Uitzendbureau würde selbst die
Fahrer zur Verantwortung ziehen, sind bisher die angeforderten Angaben
ausgeblieben. Da bislang nur Beschwerden dieses einen Nachbarn vorliegen, kann
der zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens notwendige Nachweis der
Erheblichkeit der Lärmbelästigung noch nicht erbracht werden.
Der Petent weist
darüber hinaus auf den vermüllten Zustand des Grundstücks und die private
Entsorgung der Abfälle hin. Die Ordnungsbehörde nimmt das Grundstück in
regelmäßigen Abständen in Augenschein. Das Grundstück befindet sich in keinem
dem Ordnungsrecht widersprechenden Zustand. Auf dem Grundstück sind seit der
örtlichen Überprüfung keine übermäßige Verschmutzung bzw. Müllablagerung
festzustellen. Die Aussage des Petenten, Zigarettenkippen seien dem Sondermüll
zuzuordnen, kann nicht durch eine Rechtsgrundlage belegt werden. Diesbezüglich
besitzt die Ordnungsbehörde daher hier keine Handlungsermächtigung. Es stehen
Abfallbehälter entsprechend der 24 Bewohner/innen zur Verfügung. Allerdings
werden Abfälle widerrechtlich seitens des Uitzendbureaus entsorgt. Zur Abholung
werden die Abfallsäcke auf dem Grundstück bereitgestellt. Die Stadt Emmerich am
Rhein prüft aktuell die Durchsetzung des Benutzungszwangs im Rahmen
ordnungsrechtlicher Maßnahmen und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens.
Soweit der Petent
in seiner Eingabe Vorwürfe hinsichtlich der Versteuerung der Mietein-nahmen und
der Art der Eigentumsverhältnisse erhebt, sind diese an die Finanz- bzw.
Zollbehörde zu richten. Grundsätzlich ist die Vermietung
von Gebäuden umsatzsteuerfrei. Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die
zur kurzfristigen Beherbergung eines Fremden vorgehalten werden, ist hingegen
steuerpflichtig (§ 4 Nr. 12a Satz 2 UStG). Kurzfristig ist eine Beherbergung,
die weniger als 6 Monate dauert (Urteil EuGH 12.02.1998. 346/95). Gem. EuGH ist
für die Bestimmung der 6-Monatsfrist die Absicht des Vermieters, z.B.
dokumentiert im Mietvertrag, maßgeblich. Es liegen bisher keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass die Immobilie vertraglich für kurzfristige Aufenthalte im Sinne
einer Beherbergung zur Verfügung gestellt wird.
Es wird darauf
hingewiesen, dass der Vermieter der Immobilie an der Eltener Straße sich
anwaltlich vertreten lässt und die vorgebrachten Vorwürfe in Abrede stellt.
Ratsmitglied,
Christoph Kukulies, hat Bezug nehmend auf die Eingabe des Petenten um
Beantwortung eines Fragenkatalogs gebeten, der der Niederschrift der
Ratssitzung vom 18.12.2018 beigefügt wurde. Die Antworten zu diesen Fragen sind
in die vorgenannten Erläuterungen miteingeflossen.
2. Gaststätte
Eltener Straße
Die in der in der
Eingabe des Petenten genannten Gaststätte an der Eltener Straße wird
unverändert betrieben. Für die im hinteren Teil der Immobilie liegenden Räume
sind bauordnungsrechtliche Verfahren anhängig.
3. Immobilie
im Ortsteil Elten – Beschwerde Einwohner innerhalb der Einwohner-fragestunde
der Ratssitzung am 18.12.2018
Im Rahmen der
Einwohnerfragestunde der Ratssitzung am 18.12.2018 taten Nachbarn einer
Immobilie im Ortsteil Elten ihren Unmut über die dortige Unterbringung von
Leiharbeit-nehmern kund. Diese Immobilie verfügt über 3 Wohnungen. Diese sind
an ein Uitzendbureau vermietet. 10 Personen sind dort untergebracht. Das
Grundstück und das Gebäude befinden sich augenscheinlich nicht in einem dem
Ordnungsrecht widersprechenden Zustand. Allerdings werden Abfälle
widerrechtlich seitens des Uitzendbureaus entsorgt. Die Stadt Emmerich am Rhein
prüft aktuell die Durchsetzung des Benutzungszwangs im Rahmen
ordnungsrechtlicher Maßnahmen und die Einleitung eines
Ordnungswidrigkeitenverfahrens.
4. Immobilie
Innenstadt – Beschwerde Nachbar - Artikel NRZ vom 16.01.2019
Im Artikel der NRZ
vom 16.01.2019 wies ein Nachbar einer Immobilie in der Innenstadt, die zur
Unterbringung von osteuropäischen Leiharbeitnehmern genutzt wird, auf
Belästigungen hin. Der Verwaltung ist bekannt, dass die in der Immobilie in der
Innenstadt vorhandenen Wohnungen seitens eines Uitzendbureaus zur Unterbringung
von Leiharbeitnehmer genutzt werden. Gem. Mitteilung des Uitzendbureaus sind
aktuell 12 Personen untergebracht. Bislang lagen der Verwaltung hinsichtlich
dieser Immobilie weder Beschwerden hinsichtlich des Grillens auf dem Flachdach
noch hinsichtlich des Lärms vor.
Die Beschwerden zur
Nutzung des Daches und zum Verhalten der Bewohner hat die Stadt Emmerich am
Rhein erstmals dem Zeitungsartikel entnommen. Über eine direkte telefonische
oder schriftliche Kontaktaufnahme per Telefon oder E-Mail würde die Stadt
Emmerich am Rhein in die Lage versetzt, das Uitzendbureau zeitnah zu den
Nachbar-beschwerden anzuhören und unmittelbar über einzuleitende Maßnahmen zu
entscheiden.
IV. Ausblick – Maßnahmekatalog
Die Stadt Emmerich
am Rhein beobachtet gewissenhaft die zunehmende Zahl der zur Unterbringung von
Leiharbeitnehmern genutzten Immobilien und nimmt die vorliegenden Beschwerden
und Sorgen der Nachbarschaft zum Anlass, im Gespräch auf die Uitzenbureaus
einzuwirken und ggfs. die zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente ein- und
durchzusetzen. Dieser Situation liegen politische Entscheidungen zugrunde, die
auf kommunaler Ebene nicht beeinflusst werden können. Die Verwaltung wird
sämtliche Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen, um nachteilige Auswirkungen auf
Nachbarschaft und Stadtbild einzugrenzen.
Nachbarn, die sich
gestört fühlen, werden gebeten telefonisch, per Post, per E-Mail oder über den
Mängelmelder mit der Verwaltung Kontakt aufzunehmen. In Abhängigkeit vom
Einzelfall werden die Ordnungsbehörden einzeln oder gemeinsam Gespräche führen.
In vielen Fällen wird Unterstützung geleistet werden können. Es wird jedoch um
Verständnis gebeten, dass in einigen Fällen, in denen der private Rechtsweg
Möglichkeiten einer schnelleren Konfliktlösung eröffnet, auf diesen verwiesen
wird.
Ungeachtet dessen
werden die Ordnungsbehörden der Verwaltung Im Rahmen des Projekts „Osteuropa“
ihre Zusammenarbeit intensivieren. In regelmäßigen Sitzungen findet ein
ständiger Austausch zur aktuellen Situation statt. Es ist vorgesehen, Schritt
für Schritt einzelne Immobilien und deren Wohnsituationen zu überprüfen.
Immobilien, über deren Nutzung vermehrt Beschwerden erhoben werden, werden
wiederholt Kontrollen unterzogen. In Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der Beschwerden
sind letztendlich auch Kontrollen außerhalb der Dienstzeit im Rahmen der
Anordnung von Überstunden vorgesehen. In
regelmäßigen Abständen finden Gespräche mit allen in Emmerich am Rhein tätigen
Uitzendbureaus statt. Entsprechende Sachstandsberichte im Haupt- und
Finanzausschuss werden sich anschließen.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme wird
von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.
Peter Hinze
Bürgermeister