Beschlussvorschlag
Der Rat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und stimmt
einer weiteren Intensivierung der Qualifizierungsbemühungen in den Sparten
Logistik und Pflege wo möglich zu.
Sachdarstellung :
Mit Schreiben vom 03.01.2019 beantragt die SPD-Ratsfraktion
die Durchführung einer „Qualifizierungsoffensive“
in der die Aktivitäten von Jobcenter, Agentur für Arbeit und
Wirtschaftsförderung gebündelt werden. Hierbei soll unter Federführung der
Verwaltung zunächst eine Bedarfsanalyse des Arbeitskräftebedarfs auf dem
Kasernengelände erfolgen und anschließend eine Strategie zur Qualifizierung und
Vermittlung erarbeitet werden. Begründet wird dieser Antrag mit dem Hinweis,
dass auch die Menschen in Emmerich am Rhein von der positiven Entwicklung auf
dem ehemaligen Kasernengelände profitieren müssten. Gleiches gelte für die
Ansiedlung des Logistikers Fiege und dem Neubau der Firma Convent.
Um diesen Antrag beraten zu können, ist es
sinnvoll, zunächst die routinemäßigen Arbeitsabläufe im Jobcenter der Stadt
Emmerich am Rhein zu kennen:
Bedarfsanalyse:
Es findet ein regelmäßiger Austausch mit der
Wirtschaftsförderung, der Agentur für Arbeit sowie den umliegenden Jobcentern
im Kreis Kleve und den niederländischen Kollegen jenseits der Grenze statt.
Der regionale Arbeits- und Ausbildungsmarkt
wird permanent beobachtet, um auf mögliche Trends und Entwicklungen frühzeitig
reagieren und Qualifizierungen zielgerichtet durchführen zu können.
Im Bereich des Arbeitgeberservice gehört es
zum Tagesgeschäft, auf bestehende und/oder potentielle neue Arbeitgeber
zuzugehen, um deren Arbeitskräftebedarf zu ermitteln und Unterstützung bei der
Akquirierung von Personal anzubieten.
Qualifizierung:
Es wird in Emmerich am Rhein nach der Maxime
verfahren: „Qualifizierung vor Vermittlung“.
D.h. insbesondere bei jungen arbeitslosen
Menschen versuchen die Fallmanager vorrangig Perspektiven mit dem Kunden zu
erarbeiten, die auf einer sinnvollen Qualifizierung aufbauen. In der Mehrzahl
der Fälle kann nur so in einem zweiten Schritt eine Unabhängigkeit vom sozialen
Leistungssystem sowie eine wünschenswerte Nachhaltigkeit von Arbeitsaufnahmen
erreicht werden. Ein kurzfristiger Vermittlungserfolg im Sektor der
Geringverdiener zählt demgegenüber zu den nachrangigen Optionen.
Durch die Möglichkeit mittels
Bildungsgutschein eine Vielzahl zertifizierter Schulungsangebote von diversen
Bildungsträgern ansteuern zu können, kann in der Regel jeglicher auftretende
Qualifizierungsbedarf kurzfristig gedeckt werden. Gerade in den angesprochenen
Branchen wie beispielsweise Pflege, Logistik und Berufskraftfahrer garantiert
eine passgenaue Qualifizierung schon jetzt die spätere erfolgreiche
Vermittlung. Der bekannte Fachkräftemangel in Deutschland soll hier nicht
weiter thematisiert werden.
Vermittlung:
Neben den Basismaßnahmen für die
Arbeitsuchenden (Beratung, Stellenvorschläge, Bereitstellung einer speziellen
Online-Jobbörse für den Kreis Kleve, Erstellung Bewerbungsunterlagen,
Bewerbungstraining, Bewerbungs- und Fahrtkosten, …) gehören häufig
Unterstützungsleistungen für Arbeitgeber zur täglichen Arbeit im Jobcenter. Das
Maßnahmeportfolio des Jobcenters hält auch hier diverse Möglichkeiten bereit
(passgenaue Qualifizierung, Beratung, Bewerbervorschläge, finanzielle
Förderung, …).
Neben diesen Ausführungen, welche die
verfolgte Arbeitsweise und Strategie des Jobcenters kurz skizzieren, folgen
noch einige Fakten zum Thema Qualifizierung:
Der Großteil der passgenauen Qualifizierungen
wird über sogenannte Bildungsgutscheine angesteuert. In Emmerich am Rhein wurden
im vergangenen Jahr mit Abstand die meisten Bildungsgutscheine im Vergleich der
großen kreisangehörigen Kommunen im Kreis Kleve mit mehr als 1.000
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgestellt.
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen
Anzahl an Kunden ergibt sich, dass 2018 in Emmerich mehr als doppelt so viele
erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit einer Qualifizierungsmaßnahme auf
ihrem Weg auf den ersten Arbeitsmarkt unterstützt wurden als im Durchschnitt
der vier Vergleichskommunen.
Finanziert werden Qualifizierungsmaßnahmen
aus dem Teilbudget der klassischen Eingliederungsmittel. Dieses Budget wird vom
Bund über den Kreis jährlich zur Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt.
Mehrausgaben bzw. Ersparnisse in diesem Teilbudget können mit anderen
Teilbudgets verrechnet werden (z.B. Verwaltungskosten). Hier entscheidet jedes
kommunale Jobcenter frei je nach verfolgter Eingliederungsstrategie über die
Verwendung der Mittel. Für Bildungsgutscheine hat das Jobcenter Emmerich im
vergangenen Jahr 26% des Teilbudgets mithin 296.224,- € ausgegeben.
In 2018 hat Emmerich am Rhein das Teilbudget
der klassischen Eingliederungsleistungen deutlich aufgestockt, um
Qualifizierungen durchzuführen. Dem gegenüber haben alle bis auf eine der
großen Kommunen im Kreis Kleve Umverteilungen ausschließlich zu Lasten des
Teilbudgets der klassischen Eingliederungsleistungen vorgenommen.
In Emmerich am Rhein konnte diese
Qualifizierungsstrategie so intensiv verfolgt werden, da zusätzlich zu dem im
Vorjahr zugewiesenen Integrationsbudget der Stadt Emmerich am Rhein noch
finanzielle Ressourcen anderer Kommunen abgerufen werden konnten, da deren
Verausgabungsquoten unter 100% lagen, so dass kreisweit noch Mittel zur
Verfügung standen, die ansonsten ungenutzt zum Bund zurückgeflossen wären.
So wurden nochmal über 30.000,- € aus anderen
Kommunen insbesondere in die Qualifizierung in Emmerich am Rhein investiert. D.h.
die Verausgabungsquote in Emmerich am Rhein lag im Jahr 2018 über 100% des
ursprünglichen Budgets. Weitergehende Maßnahmen wären zwingend aus dem
städtischen Haushalt zu finanzieren. Entsprechende Haushaltsmittel wurden
bislang nicht eingeplant.
Zu einzelnen Maßnahmen, die seitens des
Jobcenters gemeinsam mit ortsansässigen oder potentiellen Arbeitgebern im
vergangenen Jahr initiiert wurden, folgen hier noch drei konkrete Beispiele:
- Präsentation eines der im Antrag genannten Unternehmen auf der Job- und
Ausbildungsbörse der Wirtschaftsförderung zwecks Kontaktanbahnung zwischen
Arbeitgeber und potentiellen Arbeitnehmern aus Emmerich am Rhein.
- Organisation eines Speed-Datings im Rathaus mit einem Arbeitsgeber, der
sich auf dem Kasernengelände künftig ansiedeln wird. Hier wurde
Jobcenter-Kunden die Chance eingeräumt schnell und unkompliziert vor Ort sich
und ihre Bewerbungsunterlagen dem Arbeitgeber persönlich zu präsentieren.
Außerdem wurde der Arbeitgeber bei der Mitarbeitersuche unbürokratisch unterstützt.
- Passgenaue Qualifizierung in Kooperation mit einem bewährten
Beschäftigungsträger und einem ortsansässigen Logistikunternehmen. Hier konnten
mit Ausnahme von zwei Teilnehmern, die aus gesundheitlichen Gründen passen
mussten, alle Teilnehmer nach der Maßnahme erfolgreich bei dem
Kooperationspartner in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
einmünden.
- Es besteht ein enger Kontakt zu den Akteuren der im Antrag
angesprochenen Betriebe. So haben beispielsweise neben den seit Anfang 2018
fernmündlich bestehenden Kontaktaufnahmen auch persönliche Gespräche mit dem
Einrichtungs- sowie Pflegedienstleiter des künftigen Pflegeheims stattgefunden.
Die konkrete Mitarbeiterakquise beginnt aktuell, so dass auf Basis der
genannten Mengengerüste nunmehr alle potentielle Kandidaten aus dem Bereich der
Leistungsempfänger aufgefordert und unterstützt werden, sich hier vor Ort beim
künftigen Betreiber unmittelbar persönlich vorzustellen.
Angesichts des vor Ort entstehenden Bedarfs
an examinierten Pflegekräften und auch Hilfskräften im Pflege- und
Gesundheitsbereich und zugleich an ausgebildeten Logistikern und
Lagerfachkräften sowie Hilfskräften wurden die Qualifizierungsanstrengungen in
diesen Sparten -angepasst an den Bedarf der Arbeitgeber vor Ort und an die
Voraussetzungen, die die Arbeitssuchenden mitbringen- verstärkt.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.1.
Peter Hinze
Bürgermeister