Betreff
Sachstandsbericht zu Eichenprozessionsspinnerbefall in Emmerich am Rhein
Vorlage
05 - 16 1990/2019
Art
Verwaltungsvorlage

Kenntnisnahme (kein Beschluss)

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführung der Kommunalbetriebe Emmerich zur Kenntnis.

Sachdarstellung :

 

Seit 2004 kommt es im Kreis Kleve jährlich zu einem Befall mit dem Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea proocessionea, abgekürzt EPS). Ursprünglich ist der EPS in Süd-und Mitteleuropa beheimatet. 1826 trat er erstmals in Deutschland auf. Seit 1993 ist die Population auf dem Vormarsch und es kommt in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Massenvermehrung. Die Klimaveränderung fördert die Entwicklung des EPS. Er ist mittlerweile in vielen Bundesländern (Süd-Ost-West) vertreten.

Der EPS ist ein Nachfalter und kommt aus der Familie der Zahnspinner. Der ausgewachsene graue unscheinbare Falter(Motte) fliegt zwischen Ende Juli und Anfang September und legt pro Weibchen ca. 150 Eier an den Zweigen des oberen Kronenbereichs der Bäume ab. Der EPS kommt ausschließlich an Eichen vor und deren verschiedenen Sorten (Stiel-, Trauben-, Rot-und Sumpfeichen).

Im Herbst entwickeln sich die Embryos in den Eiern und überdauern dort bis zu ihrem Schlüpfen, je nach Temperaturverlauf, von Anfang April bis Anfang Mai.

Die geschlüpften Raupen durchlaufen 5-6 Larvenstadien(L1-L6). Ein Stadium dauert ca. 10 Tage.

Ab dem dritten Larvenstadium (ab Mitte Mai) bilden die ca. 5cm großen Raupen die für Mensch und Tier gefährlichen Brennhaare aus. Ab Ende Juni beginnt eine 3-6wöchige Puppenruhe. Ab August schlüpfen die Nachtfalter und der Lebenszyklus beginnt wieder von vorne.

 

Die Brennhaare der Raupen werden durch Wind abgebrochen und verbreiten sich ca. 200 Meter weit in ihrem Umfeld. Bei Berühren oder Einatmen der Härchen kann es bei Menschen wie auch Tieren zu allergischen Reaktionen wie Hautausschlag und Rötung kommen, verbunden mit starkem Juckreiz.

Je nach Empfindlichkeit kann es beim Einatmen zu Atembeschwerden, Reizungen und Husten kommen. Ferner ist im Bereich der Augen eine Bindehautentzündung möglich, sowie Auftreten von Fieber, Unwohlsein und Schwindel.

 

Die Raupe ist nachtaktiv und frisst an den jungen Blättern der Eichen. Tagsüber und zur Häutung ziehen sie sich in ihre Nester zurück. Diese befinden sich in den Kronen, wie auch am Stamm und in den Astgabeln der Bäume. Seinen Namen hat der EPS aufgrund seiner Fortbewegung. Auf dem Weg von der Krone zu den Nestern, legt er diesen in langen und großen Prozessionen zurück.

 

Die Bekämpfung des EPS kann während der einzelnen Larvenstadien biologisch-chemisch, mechanisch, oder organisatorisch erfolgen.

In den ersten beiden Larvenstadien vor Ausbildung der Brennhaare ist eine biologisch-chemische Bekämpfung möglich durch Spritzen der Bäume mit einem Bio-oder Insektizid.

Ab dem L3 ist nur noch das Absammeln oder Absaugen der Nester möglich. Ein Abflämmen ist nicht mehr zu empfehlen, da hierbei die Härchen noch zu stark verwirbelt werden.

Organisatorisch können gefährdete Bereiche während des Befallzeitraums gesperrt werden oder Hinweisschilder auf die Gefahren hinweisen.

 

Natürliche Gegenspieler hat der EPS einige, die aber leider nur eingeschränkt noch vorkommen oder aktiv sind. Fledermäuse und verschiedene Vögel machen Jagd auf die ausgewachsenen Falter, die Raupen werden vom Kuckuck oder auch Meisen gefressen. Jedoch fressen die Meisen nur die jungen Raupen ohne Brennhaare. Des Weiteren gibt es noch einige Raubinsekten die gegen die Raupen und Larven vorgehen. Diese sind aber noch nicht ausreichend erforscht.

 

Das Aufhängen von Meisenkästen kann eine unterstützende Wirkung haben, jedoch kann man hiermit nicht eine ganze Population bekämpfen. Zum Vergleich eine Meise frisst am Tag ca. 150 junge Raupen, hingegen befinden sich in einem durchschnittlichen Baum Hunderte bis Tausende von

Raupen, diese könnten allein rechnerisch nicht alle von Meisen gefressen werden, dafür bräuchte es Tausende von Meisen.

Die Schulen in Emmerich suchen auch immer Naturschutzprojekte, hier könnte man den Hinweis geben, Nistkästen zu bauen und diese dann in städtischen Waldflächen aufzuhängen. Nur das Aufhängen alleine reicht nicht, die Kästen müssen auch unterhalten werden! Das heißt eine jährliche Reinigung vor der Brutsaison, damit sich nicht im alten Nistmaterial Ungeziefer und Parasiten einnisten, die die Vögel wieder sterben lassen.

 

Die Forstbehörde und die Naturschutzorganisationen lehnen eine Bekämpfung in Wald-und Naturschutzgebieten grundsätzlich ab. Dies gilt besonders für die Bekämpfung auf biologisch-chemische Weise, da hierdurch auch andere Schmetterlingsarten betroffen und getötet werden. Das ökologische Gleichgewicht wird hierdurch empfindlich gestört. In begründeten Ausnahmefällen ist eine mechanische Bekämpfung in Form von Absaugen und Absammeln der Nester erlaubt. Ansonsten bleibt nur die organisatorische Bekämpfung.

 

Bezüglich der Verkehrssicherheitspflicht stellt der EPS eine „natürliche und waldtypische Gefahr“ da,

wozu niemand verpflichtet ist, diese zu beseitigen.

Die Forstbehörde bezeichnet den EPS als „herrenloses“ Tier. Hierfür gibt es keine Verkehrssicherheitspflicht.

Verantwortlich für die Bekämpfung des EPS und die Festlegung der Bekämpfungsbereiche und Maßnahmen ist das Ordnungsamt der jeweiligen Kommune.

 

In Emmerich am Rhein werden nur die innerstädtischen Bereiche der Stadt bekämpft.

Das heißt, alle stark frequentierten Plätze und Straßen, sowie Schulen, Friedhöfe, Parks und Kindergärten.

Außerorts in Wald-und Naturschutzgebieten erfolgt, nach Rücksprache mit der Forstbehörde, aus ökologischen Gründen keine Bekämpfung.

 

Die Bekämpfung erfolgt im Rahmen eines Hygienevertrages mit einer Fremdfirma, die die Eichen im Frühjahr in den betroffenen Gebieten auf Befall überprüft und ab Ende April Anfang Mai mit einem Biozid spritzt. Die Spritzung erfolgt mit einem Hubwagen in den Baumkronen. Das Spritzmittel ist ein biologisches Fraßgift und löst den Magen-Darmtrakt der Raupen auf.

 Danach erfolgt eine viermalige Kontrolle der Eichen auf eventuellen Befall bis Ende Juli eines jeden Jahres. Vorgefundene Nester werden durch Absaugen beseitigt. Eine Spritzung der Raupen ist ab dem 3. Larvenstadium (ca. ab Juni) nicht mehr möglich, da die Raupen dann ihre Brennhaare mit dem gefährlichen Nesselgift Thaumetopoein ausgebildet haben.

Im Aussenbereich der Wald-und Naturschutzgebiete haben die KBE Warn-und Informationsschilder aufgestellt, die auf die Gefahren hinweisen. Des Weiteren wurden vor einigen Jahren alle Schulen und Kindergärten mit Informationsmaterial zum EPS versorgt, damit sie präventiv die Kinder mit dem Umgang vorbereiten können. Diese Maßnahmen haben eine positive Rückmeldung und Resonanz ausgelöst. Zu Beginn jeder Saison warnt die Verwaltung in Form einer umfangreichen Pressemeldung in der Öffentlichkeit und gibt Hinweise bzw. nennt Ansprechpartner in der Verwaltung/KBE.

 

In der gerade zurückliegenden Saison ist es aufgrund des starken Befallsdrucks besonders in den Wald-und Naturschutzgebieten zu umfangreichen Beschwerden gekommen. Auch waren die Meldungen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen erheblich. Bei Befallsdruck im innerstädtischen Bereich konnte hier Abhilfe geschaffen werden durch mechanische Beseitigung im Außenbereich war dies aus den vorgenannten Gründen leider nur bedingt bis gar nicht möglich.

Man muss hier den EPS als „natürliche Gefahr“ gleichsetzen wie z.B. mit einer Wespen- oder Mückenplage, oder der Belastung durch Blütenpollen von Gräsern und Bäumen. Auch hier gibt es nur eingeschränkte Möglichkeiten der Bekämpfung und man muss leider lernen mit der Gefahr zu leben.

 

Für das Jahr 2020 sieht die Verwaltung wieder eine Bekämpfung in Form einer Spritzung der Bäume mit einem biologischen Fraßgift vor. Behandelt werden ca. 600 Bäume hauptsächlich im innerstädtischen Bereich. Nach dem dritten Larvenstadium werden auftretende Nester wieder mechanisch abgesaugt. Das Absaugen erfolgt sowohl im innerstädtischen wie auch im Außenbereich, sofern die Verkehrssicherheitspflicht (z.B. Zeltplatz Elten.) es erfordert.

 

Neu hingegen wird im nächsten Jahr das Aufhängen von EPS-Fallen sein. Diese Falle wurde von einem Reeser Unternehmer entwickelt und scheint erfolgversprechend zu sein. Um entsprechende Erfahrungswerte zu sammeln, wird die Verwaltung ca. 100 Bäume mit den Fallen ausstatten. Die ausgesuchten Bäume befinden sich im Innen- wie im Außenbereich.

Des Weiteren wird die Verwaltung/KBE sich 50 Fallen auf Lager legen, die auf Anfrage vom Bürger erworben werden können. Dem Bürger soll so Hilfestellung angeboten werden sich vor den Beeinträchtigungen der Brennhaare zu schützen. Dies gilt besonders für Bürger die in Waldnähe bzw. am Wald wohnen.

Organisatorisch werden im Außenbereich wieder verstärkt Hinweistafeln aufgestellt und die Bürger über die öffentlichen Medien informiert.

Mechanische Bekämpfungsmaßnahmen in Wald-und Naturschutzflächen werden im Rahmen der Verkehrssicherheitspflicht mit der Forstbehörde abgesprochen und die Ausnahme bleiben.

Grundsätzlich erfolgt, wie schon beschrieben, nach Aussage und Vorgabe der Forstbehörde und dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW keine Bekämpfung.

 

Aufgrund der begrenzten Mitarbeiterzahl, den umfangreichen Aufgaben der KBE und den gesundheitlichen Folgen für die Mitarbeiter, ist eine Durchführung der Bekämpfungsmaßnahmen in Eigenpflege nicht vorgesehen. Die vorbeschriebenen Maßnahmen erfolgen in Fremdvergabe und werden zurzeit ausgeschrieben. Dies gilt auch für den Einsatz und die Unterhaltung/Kontrolle der EPS-Fallen.

 

Die Kosten für die Bekämpfung von EPS lagen in den vergangenen 15 Jahren bei 6.000 - 10.000 Euro.

2019 stiegen die Kosten aufgrund der starken Massenvermehrung auf 20.000 Euro.

 

Je nach Befallstärke ist in 2020 mit den gleichen Kosten zu rechnen.

Im Wirtschaftsplan sind für die Bekämpfung von Schädlingen bisher 10T€ eingestellt worden.

Der Ansatz müsste dann für 2020 entsprechend erhöht werden.

Zum Zeitpunkt der Berichtserstellung lag das Angebot für die EPS-Fallen aus Rees noch nicht vor.

 

Dies wird zur Sitzung als Tischvorlage nachgereicht.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme wird von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter