hier: Eingabe Nr. 20/2019 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Beschlussvorschlag
Der Rat der Stadt
Emmerich am Rhein unterstützt die folgenden vier Forderungen der Organisation
Seebrücke:
Öffentliche Solidaritätserklärung (Forderung 1):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der
Seenotrettung und den Zielen der Seebrücke solidarisch.
Aufnahme zusätzlich zur Quote (Forderung 6):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein stellt unter Berücksichtigung der jeweils aktuell
verfügbaren Unterbringungsmöglichkeiten bis zu fünf Plätze für die
schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot
geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden bereit.
Die entsprechende Aufnahme geschieht zusätzlich zur Erfüllungsquote nach dem
Flüchtlingsaufnahmegesetz und hat im Einvernehmen mit den zuständigen Bundes-
und Landesbehörden sowie der Kreisausländerbehörde zu erfolgen.
Vernetzung (Forderung 10):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass sich die Stadt mit anderen Städten
vernetzt und dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt.
Transparenz (Forderung 11):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass alle unternommenen Handlungen
veröffentlicht werden.
Sachdarstellung :
Eine Bürgerin
wendet sich mit Ihrer Eingabe vom 02.11.2019 an den Bürgermeister als
Vorsitzender des Rates und regt an, dass sich die Stadt Emmerich am Rhein den
bis zu elf Forderungen der Organisation Seebrücke anschließt und so das
Stadtgebiet zu einem sicheren Hafen für Menschen auf der Flucht erklärt.
Gemäß §
24 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen steht jedem das Recht
zu, sich mit Eingaben an den Rat zu wenden. Bei diesen Eingaben kann es sich um
Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
handeln. Unter einer Anregung ist der an den Rat gerichtete Wunsch, in einem
bestimmten Sinne tätig zu werden, zu verstehen.
§ 4
Absatz 2 der Hauptsatzung der Stadt Emmerich am Rhein sieht vor, dass der Rat
über die Behandlung der Anregung entscheidet und diese an einen Ausschuss
weiterleiten kann.
Die
o.a. Eingabe wurde in der Sitzung des Rates am 17.12.2019 als
Tagesordnungspunkt 8 aufgerufen. Der Rat der Stadt Emmerich hat sich im Sinne
der Hauptsatzung dafür entschieden, die Eingabe zu behandeln und hat diese
hierfür zur Beratung an den Haupt- und Finanzausschuss verwiesen.
Mit dem
als Anlage beigefügten Schreiben vom 02.11.2019 hat die Verfasserin angeregt,
dass sich der Rat der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen der Aktion Seebrücke
zum sicheren Hafen für koordiniert zu verteilende Flüchtlinge erklären möchte.
Weitere Informationen zu diesem Thema ergeben sich aus dem Schreiben sowie aus
der dort genannten Homepage des Vereins „Mensch Mensch Mensch e.V.“ (www.seebruecke.org).
Das
Projekt Sicherer Hafen/ Seebrücke stellt sich gegen die Abschottungspolitik
Europas und setzt sich dafür ein, dass Menschen auf der Flucht einen Ort zum
Ankommen finden – einen „sicheren Hafen“. Die Initiatoren der Seebrücke werfen
insoweit der Bundes- bzw. Europapolitik ein Versagen vor und rufen die Kommunen
auf, sich für ein sicheres Ankommen in einem neuen rechtlichen Rahmen
einzusetzen. Die Homepage enthält einen Katalog von insgesamt 11 Forderungen:
Öffentliche Solidaritätserklärung
1. Die Stadt
erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der Seenotrettung und den Zielen der
Seebrücke solidarisch.
Einsatz für sichere Fluchtwege und
Unterstützung der Seenotrettung
2. Die Stadt setzt
sich für sichere Fluchtwege und das Ende der EU-Abschottungspolitik ein, damit
Menschen nicht mehr auf lebensgefährlichen Routen fliehen müssen.
3. Die Stadt
positioniert sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der zivilen
Seenotrettung auf dem Mittelmeer und unterstützt diese aktiv, beispielsweise
mit Öffentlichkeitsarbeit, Patenschaften, finanzieller Unterstützung oder der
Beteiligung an einer Rettungsmission.
4. Die Stadt setzt
sich darüber hinaus aktiv für staatliche Seenotrettungsmissionen ein.
Aufnahme von Menschen auf der Flucht
5. Die Stadt setzt
sich gegenüber dem Bundesland und der Bundesregierung für die Einrichtung neuer
bzw. für die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme
von Menschen auf der Flucht ein und bietet dazu selbst Aufnahmeplätze
zusätzlich zur Verteilungsquote (Königsteiner Schlüssel) an (Humanitäre
Aufnahmeverfahren des Bundes, insbes. Resettlement-Programm, und Programme der
Bundesländer nach §23 AufenthG).
6. Die Stadt stellt
Plätze für die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus
Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden
bereit (z.B. im Rahmen eines Dublin- oder Relocation-Verfahrens).
7. Die Stadt setzt
sich gegenüber dem Bundesland und der Bundesregierung für die Schaffung
rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen ein, mit denen die Kommunen die
Aufnahme von Menschen auf der Flucht über die Verteilungsquote hinaus
tatsächlich selbstbestimmt realisieren können.
Kommunales Ankommen und Bleiben
gewährleisten
8. Die Stadt sorgt
für alle geflüchteten Menschen - unabhängig vom Fluchtweg - für ein
langfristiges Ankommen. Um ein gutes und sicheres Leben in der Kommune zu
gewährleisten, müssen alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige
Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und
Bildung, und für die gesellschaftliche Teilhabe der Aufgenommenen zur Verfügung
gestellt werden.
9. Die Stadt tritt
für Bleibeperspektiven ein und setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen
Abschiebungen ein. Sie ist nicht nur Sicherer Hafen, sondern zugleich
Solidarische Stadt für alle Menschen.
Vernetzung
10. Die Stadt setzt
sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für die Umsetzung
der oben genannten Punkte ein. Dafür vernetzt sie sich mit anderen Städten und
tritt dem kommunalen Bündnis “Städte Sicherer Häfen” bei. Sichere Häfen setzen
sich in ganz Europa für eine menschenrechtskonforme europäische
Migrationspolitik und ein Ende der Abschottungspolitik ein.
Transparenz
11. Die Stadt
veröffentlicht alle unternommenen Handlungen.
Bislang
haben sich bereits zahlreiche Städte (120) den Forderungen der Seebrücke in
sehr unterschiedlichem Umfang angeschlossen. Aus dem Kreis Kleve hat sich
beispielsweise die Wallfahrtsstadt Kevelaer bereiterklärt die Forderungen zu 1,
6 und 11 zu erfüllen. Demgegenüber wurde eine entsprechende Eingabe vom Bürgerausschuss
der Stadt Kleve im September 2019 einstimmig abgelehnt. Die Mehrzahl der
teilnehmenden Städte hat ähnliche Beschlüsse gefasst. Weitergehende Forderungen
wie beispielsweise die finanzielle Unterstützung der zivilen Seenotrettung,
Bereitstellung personeller Ressourcen oder Widerstand gegen bestehende
Rechtsvorschriften werden meist nicht unterstützt.
Die
Verwaltung steht auf dem Standpunkt, dass solange Menschen auf der Flucht im
Mittelmeer sterben, alle denkbaren politischen Anstrengungen unternommen werden
müssen, um dieses Drama zu lösen. Um der Bundesregierung diesen dringenden
Handlungsbedarf aufzuzeigen und um ein Signal für Humanität, für das Grundrecht
auf Asyl und für die Integration Geflüchteter zu setzen, wird vorgeschlagen,
der Aktion Seebrücke beizutreten, indem folgende Forderungen erfüllt werden:
Öffentliche Solidaritätserklärung (Forderung 1):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der
Seenotrettung und den Zielen der Seebrücke solidarisch.
Aufnahme zusätzlich zur Quote (Forderung 6):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein stellt bis zu fünf Plätze für die schnelle
und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten
Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden bereit.
Im Jahr
2019 wurden der Stadt Emmerich am Rhein insgesamt 43 Asylbewerber neu
zugewiesen. Auf Basis dieses Jahreswertes wurde eine Steigerung von 10%
berechnet (4,3 aufgerundet 5 Personen). Sollten alle Kommunen bereit sein,
zusätzliche 10% an zugewiesenen Asylbewerbern aufzunehmen, dürfte dies einen
wichtigen Beitrag zur Problemlösung darstellen.
Vernetzung (Forderung 10):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass sich die Stadt mit anderen Städten
vernetzt und dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt. Über
dieses Bündnis werden von den beteiligten Kommunen gemeinsame Hilfsangebote und
Lösungsoptionen an die zuständigen übergeordneten Landes- und Bundesbehörden unterbreitet,
um unbürokratische humanitäre Hilfe zu ermöglichen
Transparenz (Forderung 11):
Der Rat
der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass alle unternommenen Handlungen
veröffentlicht werden.
Die
Verwaltung ist davon überzeugt, dass es eine neue europäische Lösung für die
Aufnahme, die Durchführung der Asylverfahren sowie die Integration oder die
Rückführung von Geflüchteten geben muss.
Bis
diese europäische Lösung mit allen Beteiligten vereinbart ist, ist es dringend
geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme
der geretteten Menschen zu sichern. Mit dem vorliegenden Beschlussvorschlag
würde die Stadt Emmerich am Rhein einen Beitrag dazu leisten.
Die
Stadt Emmerich am Rhein hat eine lange Tradition Menschen aus unterschiedlichen
Herkunftsländern eine neue Heimat zu bieten. Großes ehrenamtliches Engagement
hat hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet. Die Einwohner mit
Migrationshintergrund können immer auch als Bereicherung für die Stadt erlebt
werden.
Die Vergangenheit
hat gezeigt, dass es keinen Zweifel darangeben kann, dass Emmerich am Rhein ein
„sicherer Hafen“ ist.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die finanziellen
Auswirkungen der Forderungen zu 1, 6 und 11 für die Stadt Emmerich am Rhein
sind nicht abschätzbar, da die entstehenden Kosten der für die bis zu 5
zusätzlich aufzunehmenden Asylbewerber je nach Aufenthaltsstatus und
Gesundheitszustand variieren.
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2
Peter Hinze
Bürgermeister