Betreff
Sichere Häfen - Forderungen der Seebrücke;
hier: Eingabe Nr. 20/2019 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
07 - 16 2130/2020
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein unterstützt die folgenden vier Forderungen der Organisation Seebrücke:

 

Öffentliche Solidaritätserklärung (Forderung 1):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der Seenotrettung und den Zielen der Seebrücke solidarisch.

 

Aufnahme zusätzlich zur Quote (Forderung 6):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein stellt unter Berücksichtigung der jeweils aktuell verfügbaren Unterbringungsmöglichkeiten bis zu fünf Plätze für die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden bereit. Die entsprechende Aufnahme geschieht zusätzlich zur Erfüllungsquote nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz und hat im Einvernehmen mit den zuständigen Bundes- und Landesbehörden sowie der Kreisausländerbehörde zu erfolgen.

 

Vernetzung (Forderung 10):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass sich die Stadt mit anderen Städten vernetzt und dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt.

 

Transparenz (Forderung 11):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass alle unternommenen Handlungen veröffentlicht werden.

 

Sachdarstellung :

 

Eine Bürgerin wendet sich mit Ihrer Eingabe vom 02.11.2019 an den Bürgermeister als Vorsitzender des Rates und regt an, dass sich die Stadt Emmerich am Rhein den bis zu elf Forderungen der Organisation Seebrücke anschließt und so das Stadtgebiet zu einem sicheren Hafen für Menschen auf der Flucht erklärt.

 

Gemäß § 24 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen steht jedem das Recht zu, sich mit Eingaben an den Rat zu wenden. Bei diesen Eingaben kann es sich um Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handeln. Unter einer Anregung ist der an den Rat gerichtete Wunsch, in einem bestimmten Sinne tätig zu werden, zu verstehen.

 

§ 4 Absatz 2 der Hauptsatzung der Stadt Emmerich am Rhein sieht vor, dass der Rat über die Behandlung der Anregung entscheidet und diese an einen Ausschuss weiterleiten kann.

 

Die o.a. Eingabe wurde in der Sitzung des Rates am 17.12.2019 als Tagesordnungspunkt 8 aufgerufen. Der Rat der Stadt Emmerich hat sich im Sinne der Hauptsatzung dafür entschieden, die Eingabe zu behandeln und hat diese hierfür zur Beratung an den Haupt- und Finanzausschuss verwiesen.

 

 

Mit dem als Anlage beigefügten Schreiben vom 02.11.2019 hat die Verfasserin angeregt, dass sich der Rat der Stadt Emmerich am Rhein im Rahmen der Aktion Seebrücke zum sicheren Hafen für koordiniert zu verteilende Flüchtlinge erklären möchte. Weitere Informationen zu diesem Thema ergeben sich aus dem Schreiben sowie aus der dort genannten Homepage des Vereins „Mensch Mensch Mensch e.V.“ (www.seebruecke.org).

 

Das Projekt Sicherer Hafen/ Seebrücke stellt sich gegen die Abschottungspolitik Europas und setzt sich dafür ein, dass Menschen auf der Flucht einen Ort zum Ankommen finden – einen „sicheren Hafen“. Die Initiatoren der Seebrücke werfen insoweit der Bundes- bzw. Europapolitik ein Versagen vor und rufen die Kommunen auf, sich für ein sicheres Ankommen in einem neuen rechtlichen Rahmen einzusetzen. Die Homepage enthält einen Katalog von insgesamt 11 Forderungen:

 

Öffentliche Solidaritätserklärung

1.    Die Stadt erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der Seenotrettung und den Zielen der Seebrücke solidarisch.

Einsatz für sichere Fluchtwege und Unterstützung der Seenotrettung

2.    Die Stadt setzt sich für sichere Fluchtwege und das Ende der EU-Abschottungspolitik ein, damit Menschen nicht mehr auf lebensgefährlichen Routen fliehen müssen.

3.    Die Stadt positioniert sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer und unterstützt diese aktiv, beispielsweise mit Öffentlichkeitsarbeit, Patenschaften, finanzieller Unterstützung oder der Beteiligung an einer Rettungsmission.        

4.    Die Stadt setzt sich darüber hinaus aktiv für staatliche Seenotrettungsmissionen ein.

Aufnahme von Menschen auf der Flucht

5.    Die Stadt setzt sich gegenüber dem Bundesland und der Bundesregierung für die Einrichtung neuer bzw. für die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von Menschen auf der Flucht ein und bietet dazu selbst Aufnahmeplätze zusätzlich zur Verteilungsquote (Königsteiner Schlüssel) an (Humanitäre Aufnahmeverfahren des Bundes, insbes. Resettlement-Programm, und Programme der Bundesländer nach §23 AufenthG).  

6.    Die Stadt stellt Plätze für die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden bereit (z.B. im Rahmen eines Dublin- oder Relocation-Verfahrens).

7.    Die Stadt setzt sich gegenüber dem Bundesland und der Bundesregierung für die Schaffung rechtlicher und finanzieller Rahmenbedingungen ein, mit denen die Kommunen die Aufnahme von Menschen auf der Flucht über die Verteilungsquote hinaus tatsächlich selbstbestimmt realisieren können.  

Kommunales Ankommen und Bleiben gewährleisten

8.    Die Stadt sorgt für alle geflüchteten Menschen - unabhängig vom Fluchtweg - für ein langfristiges Ankommen. Um ein gutes und sicheres Leben in der Kommune zu gewährleisten, müssen alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, und für die gesellschaftliche Teilhabe der Aufgenommenen zur Verfügung gestellt werden.          

9.    Die Stadt tritt für Bleibeperspektiven ein und setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Abschiebungen ein. Sie ist nicht nur Sicherer Hafen, sondern zugleich Solidarische Stadt für alle Menschen.           

Vernetzung

10.  Die Stadt setzt sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für die Umsetzung der oben genannten Punkte ein. Dafür vernetzt sie sich mit anderen Städten und tritt dem kommunalen Bündnis “Städte Sicherer Häfen” bei. Sichere Häfen setzen sich in ganz Europa für eine menschenrechtskonforme europäische Migrationspolitik und ein Ende der Abschottungspolitik ein.    

Transparenz

11.  Die Stadt veröffentlicht alle unternommenen Handlungen.

 

Bislang haben sich bereits zahlreiche Städte (120) den Forderungen der Seebrücke in sehr unterschiedlichem Umfang angeschlossen. Aus dem Kreis Kleve hat sich beispielsweise die Wallfahrtsstadt Kevelaer bereiterklärt die Forderungen zu 1, 6 und 11 zu erfüllen. Demgegenüber wurde eine entsprechende Eingabe vom Bürgerausschuss der Stadt Kleve im September 2019 einstimmig abgelehnt. Die Mehrzahl der teilnehmenden Städte hat ähnliche Beschlüsse gefasst. Weitergehende Forderungen wie beispielsweise die finanzielle Unterstützung der zivilen Seenotrettung, Bereitstellung personeller Ressourcen oder Widerstand gegen bestehende Rechtsvorschriften werden meist nicht unterstützt.

 

Die Verwaltung steht auf dem Standpunkt, dass solange Menschen auf der Flucht im Mittelmeer sterben, alle denkbaren politischen Anstrengungen unternommen werden müssen, um dieses Drama zu lösen. Um der Bundesregierung diesen dringenden Handlungsbedarf aufzuzeigen und um ein Signal für Humanität, für das Grundrecht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter zu setzen, wird vorgeschlagen, der Aktion Seebrücke beizutreten, indem folgende Forderungen erfüllt werden:

 

 

Öffentliche Solidaritätserklärung (Forderung 1):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein erklärt sich mit Menschen auf der Flucht, der Seenotrettung und den Zielen der Seebrücke solidarisch.

 

Aufnahme zusätzlich zur Quote (Forderung 6):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein stellt bis zu fünf Plätze für die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden bereit.

 

Im Jahr 2019 wurden der Stadt Emmerich am Rhein insgesamt 43 Asylbewerber neu zugewiesen. Auf Basis dieses Jahreswertes wurde eine Steigerung von 10% berechnet (4,3 aufgerundet 5 Personen). Sollten alle Kommunen bereit sein, zusätzliche 10% an zugewiesenen Asylbewerbern aufzunehmen, dürfte dies einen wichtigen Beitrag zur Problemlösung darstellen.

 

Vernetzung (Forderung 10):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass sich die Stadt mit anderen Städten vernetzt und dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt. Über dieses Bündnis werden von den beteiligten Kommunen gemeinsame Hilfsangebote und Lösungsoptionen an die zuständigen übergeordneten Landes- und Bundesbehörden unterbreitet, um unbürokratische humanitäre Hilfe zu ermöglichen

 

Transparenz (Forderung 11):

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt, dass alle unternommenen Handlungen veröffentlicht werden.

 

 

Die Verwaltung ist davon überzeugt, dass es eine neue europäische Lösung für die Aufnahme, die Durchführung der Asylverfahren sowie die Integration oder die Rückführung von Geflüchteten geben muss.

 

Bis diese europäische Lösung mit allen Beteiligten vereinbart ist, ist es dringend geboten, die Seenotrettung im Mittelmeer wieder zu ermöglichen und die Aufnahme der geretteten Menschen zu sichern. Mit dem vorliegenden Beschlussvorschlag würde die Stadt Emmerich am Rhein einen Beitrag dazu leisten.

 

Die Stadt Emmerich am Rhein hat eine lange Tradition Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern eine neue Heimat zu bieten. Großes ehrenamtliches Engagement hat hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet. Die Einwohner mit Migrationshintergrund können immer auch als Bereicherung für die Stadt erlebt werden.

 

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es keinen Zweifel darangeben kann, dass Emmerich am Rhein ein „sicherer Hafen“ ist.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die finanziellen Auswirkungen der Forderungen zu 1, 6 und 11 für die Stadt Emmerich am Rhein sind nicht abschätzbar, da die entstehenden Kosten der für die bis zu 5 zusätzlich aufzunehmenden Asylbewerber je nach Aufenthaltsstatus und Gesundheitszustand variieren.

 

 

 

Leitbild :

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister