Beschlussvorschlag
Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt das
Konzept zustimmend zur Kenntnis und empfiehlt dem Haupt- und Finanzausschuss (Delegierung gem. § 60
Abs. 1 Satz 2 GO NW), den Beschluss darüber herbeizuführen. Den Stand
der Umsetzung, die Fortschreibung des Konzeptes sowie sein voraussichtlicher
Bedarf an Haushaltsmitteln für 2021 sind im Ausschuss für Stadtentwicklung Ende
2020 vorzustellen.
Sachdarstellung :
Zur Vorgeschichte
Im Jahr 2017/18 hatte der entomologische
Verein Krefeld in der sog. ‚Krefelder Studie‘ einen bundesweiten Schwund der
Insekten und ihrer Biomasse um durchschnittlich 76 % seit 1989 festgestellt.
Im Januar 2018 wandte sich die Fraktion der
Grünen mit einem Antrag an den Rat, Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen
für Hecken, Nutzbäume und andere Blühangebote ‚zur Schaffung charakteristischer
Lebensraumstrukturen sowie Nisthabitate für Insekten‘ als Gegenmaßnahme zum
dramatischen Insektensterben.
Daraufhin beauftragte der Ausschuss für
Stadtentwicklung in seiner Sitzung am 13.03. 2018 die Verwaltung, zu prüfen,
inwieweit die Pflege städtischer Grünflächen sowie die Wahl bestimmter
Saatgutmischungen besser auf die Bedürfnisse der Insekten angepasst werden
könnten. Im Verlauf des Frühjahrs 2018 stellte das Naturschutzzentrum im Kreis
Kleve (NZ) im Auftrag der Stadt Kleve erste konzeptionelle Überlegungen an, wie
Kommunen dem Insektensterben entgegenwirken könnten. Die Stadt Emmerich als
Kooperationspartner der Biologischen Station vereinbarte im Sommer eine
Zusammenarbeit im Insektenschutz mit dem NZ. Gleichzeitig nahm die Verwaltung
Kontakt zu den entsprechenden Fachkollegen in Bedburg-Hau, in Weeze und beim
Kreis Wesel auf, die in dieser Thematik bereits gelungene Projekte vorzuweisen
hatten und besichtigte diese. Deren Erfahrungen sowie die Erkenntnisse aus den
jeweiligen vor-Ort-Besichtigungen flossen mit ein in die städtischen
Überlegungen.
Am 31.10. 2018 erstatteten die
Kommunalbetriebe Emmerich (KBE) im Werksausschuss einen Sachstandsbericht zur
Anlage von Blumenwiesen im abgelaufenen Jahr. Sieben ausgewählte Flächen waren
gesondert eingesät worden, jedoch aufgrund des ungewöhnlich trockenen
Witterungsverlaufs im Sommers 2018 entwickelte sich nur eine dieser Flächen wie
geplant, da deren Anlage, Pflege und Bewässerung an eine externe Firma vergeben
worden war. Bei diversen anderen, zuvor angelegten Blumenwiesen setzten sich
die Wildkräuter stärker durch, deren Blühaspekt zwar weniger augenfällig,
jedoch für die Insekten genauso nutzbringend war.
In der Sitzung des ASE am 07.05. 2019
berichtete die Verwaltung über ihre Erfahrungen in 2018 und ging näher darauf
ein, wie ein solches Konzept strukturiert sein könnte; sie erhielt den Auftrag,
das Konzept in der vorgeschlagenen Weise zu erarbeiten.
Vorbemerkungen zum Konzept
Das Konzept nimmt zunächst einmal die
stadteigenen Grünanlagen in den Fokus, um an diesem Beispiel zu zeigen, wie man
über die Wahl der Pflanzen, über die Art der Boden-bereitung und die Art und
Weise der Pflege den heimischen Insekten wieder mehr Lebensraum und mehr
Nahrungshabitate zur Verfügung stellen kann. Damit einher gehen muss eine
begleitende Öffentlichkeitsarbeit, die einerseits das städtische Handeln gut
erklärt und andererseits Informationsmöglichkeiten bereithält, die den Bürger
in die Lage versetzen, die eigenen Handlungsweisen im Umgang mit Grün- und
Gartenflächen zu hinterfragen und ihn im besten Falle im eigenen Garten selbst
entsprechende Initiativen ergreifen lässt.
Insgesamt betrachtet das Konzept vier
öffentliche wie auch private Handlungsfelder und die dort gegebenen
Möglichkeiten, sich für den Insektenschutz zu engagieren:
- die kommunalen Grünflächen
- die Privatgärten
- die landwirtschaftlichen Flächen und
- die gewerblich genutzten Gebiete
Das Konzept beinhaltet derzeit sowohl
konkrete Maßnahmen zur Umsetzung wie auch Vorschläge und Ideen, deren
Aussichten auf Erfolg sich erst noch erweisen müssen. Die Beteiligten verstehen
es als eine Art ‚offenes Konzept‘, das modular um weitere Maßnahmen, Ideen und Vorschläge erweitert werden kann
bzw. jährlich fortgeschrieben werden soll. Für die Zukunft des Insektenschutzes
in Emmerich ist es ratsam, das vorliegende Konzept als dauerhaftes
Handlungsfeld in der Stadt Emmerich am Rhein zu etablieren, es je nach Erfolg
zu korrigieren, und einen dauerhaften Dialog mit Fachleuten und interessierten
Bürgern einzurichten.
Langfristiges Ziel ist es, den Lebensraum und
das Nahrungsangebot für Schmetterlinge und Insekten deutlich zu verbessern, - und
zwar in den verschiedensten Bereichen unserer Lebenswirklichkeit, im privaten
und im öffentlichen Raum, im gewerblich / industriellen Umfeld wie auch im
Bereich des Naturraums und der Landwirtschaft.
1. Der Bereich der kommunalen Grünflächen
Darunter versteht man Wege- und Straßenränder,
Friedhöfe, Parks und andere Freizeit-flächen, incl. Sportanlagen, Kita- und
Schulgelände sowie sonstige kommunale Grünflächen.
Hier kann die Stadt Emmerich In unterschiedlichster
Art und Weise auf eigenen Flächen für eine größere Artenvielfalt von Insekten
sorgen. Besonders im Fokus stehen die folgende Handlungsfelder und ihre
Maßnahmen:
1.1 Die
Art der Pflege und des Unterhalts öffentlicher Grünflächen
Der zunächst wichtigste Aspekt bei schon
bestehenden Grünflächen ist eine Änderung der bisherigen Praxis, nämlich die
der gleich getakteten Pflege. Perfektion und Intensität, mit der die Pflege
städtischer Grünanlagen betrieben wird, trägt dazu bei, dass Spontanvegetation sich
kaum mehr entwickeln kann und damit ganze Tiergruppen gefährdet werden, die in
ihrer Funktion als Nützlinge wie z.B. beim Bestäuben von Nutzpflanzen eine
systemrelevante Rolle spielen.
Mahd und Pflege solcher Grünflächen sollen
zukünftig alternierend stattfinden, so dass bestimmte Bereiche erst beim 2.
oder 3. Mal gemäht werden, damit das Samenpotential im Boden eine Chance hat
und die vorhandenen Kräuter in den Rasenflächen auch tatsächlich Blüten
entwickeln können. Randliche und abgelegenere Bereiche können auch erst zum
Herbst hin gemäht werden. Auch wenn sich dort vermeintlich ‚minderwertige‘‘
Taubnesseln, Giersch oder Brennnesseln entwickeln, sind dies doch wichtige
Bereiche für die Artenvielfalt.
Ähnlich verhält es sich mit der Aussparung
sog. Schonstreifen (verringerte Mahd) in zentralen öffentlichen Parkbereichen
oder Wiesenflächen, wenn sich dies mit der Erholungsnutzung dieser Flächen vereinbaren
lässt. Diese Schonstreifen fungieren dann als essentieller Rückzugraum für
Insekten und Kleinstlebewesen. Wo dies möglich ist, können auch kleinere Brachflächen
belassen werden, auf denen eine Mahd dauerhaft unterbleibt, so dass Insekten
dort in höheren Strukturen den Winter besser überdauern können.
Diesen Grundgedanken folgend, schlagen die
Kommunalbetriebe Emmerich (KBE) vor, einen Teil ihrer Grünflächenpflege neu zu
strukturieren. Aus der Vielzahl großer und kleiner Areale, die der städtischen
Grünflächenpflege unterliegen, wurden beispielhaft 30 Flächen ausgewählt, deren
Aufwuchspflege geändert werden soll oder die zum Teil zur Anlage von
Blühstreifen genutzt werden sollen. Sie alle wurden von Biologen des
Naturschutzzentrums auf ihr derzeitiges Arteninventar hin untersucht. Für jede
einzelne Fläche wurde ein Vorschlag entwickelt, wie sie insektendienlicher
gestaltet oder aber gepflegt werden könnte. Eine Übersicht aller betrachteten
Areale und ihrer jeweiligen Vorschläge können sie der Anlage 1 zur Vorlage
entnehmen.
1.2 Die
Anlage von Blühstreifen
Wird das grundlegende Pflegekonzept
angepasst, ist es sinnvoll, ergänzend auf ausgewählten Standorten zusätzlich
Blühstreifen anzulegen. Damit die Blütenpflanzen in Konkurrenz zu den anderen
Pflanzen (häufig sind dies Gräser) keimen können, muss deren Saatbett eigens
vorbereitet werden. Dazu sind umfangreiche Arbeiten erforderlich. Für die
Neueinsaat der Flächen müssen diese vorher abgemäht und umgebrochen werden, anschließend
evtl. mit Boden aufgefüllt oder bei zu nährstoffreichen Böden mit Sand
abgemagert werden. Im Anschluss werden diese Flächen egalisiert, gefräst und
mit heimischen Regio-Saatgut eingesät. Neben der Wässerung der Flächen in der
Anfangszeit, müssen sie im Spätsommer oder Spätwinter mit einem Balkenmäher
abgemäht werden. Das Mähgut kann erst einige Tage später abgeharkt werden (damit die Insekten es zuvor
verlassen können).
Eine Übersicht der Kommunalbetriebe über die
Flächen, wo Blühstreifen bzw. Blumenwiesen vorsehen sind und an welchen
Standorten überwiegend eine Änderung in der Pflege der Aufwuchsflächen
vorgenommen werden soll, kann man in Verbindung mit den Maßnahmenblättern in
der Anlage 1, der Anlage 2 entnehmen. Insgesamt berücksichtigt das Konzept auf
ca. 6.400 qm die Einsaat von Blumenwiesen und auf ca. 28.700 qm die
veränderte Pflege von Aufwuchsflächen.
Um in 2020 bereits Teile des Konzeptes
umsetzen zu können, haben sich Verwaltung und Kommunalbetriebe zunächst mit der
Ausarbeitung von Maßnahmenvorschlägen im Themenfeld 1 des Insektenkonzeptes, -
den kommunalen Grünflächen -, befasst. Mit Blick auf die
Haushaltsplanberatungen im Herbst 2019 war zunächst die Frage zu klären, welche
Mittel für 2020 in den städtischen Haushalt zusätzlich eingestellt werden
sollten.
Da absehbar ist, dass aufgrund der
Flächengrößen eine Durchführung der anfallenden Arbeiten nur bedingt von den
Kommunalbetrieben selbst geleistet werden kann, gehen die vorliegenden
Kostenberechnungen davon aus, dass die Arbeiten hauptsächlich in Fremd-vergabe
erfolgen müssen. Im städtischen Haushalt sind für das Jahr 2020 Mittel in Höhe
von 50.000,- Euro für diese und andere begleitende Arbeiten bereitgestellt
worden. Welche Ausgaben davon bestritten werden sollen, - unter anderem die
Anschaffung eines Balken-mähers zur Schonung der Insekten - kann man der Anlage
3 entnehmen.
1.3 Eine
begleitende Öffentlichkeitsarbeit
Die Erfahrung in der Umsetzung
insektenfreundlicher Konzepte in anderen Kommunen zeigt, dass es im Sinne einer
breiteren Akzeptanz notwendig ist, dem Bürger zu erläutern, warum z. B. nach
Ablauf der Blütezeit die Pflanzen bis zum Aussamen stehen gelassen werden. Auch
eine alternierende Mahd und Pflege öffentlicher Grünflächen geht damit einher,
dass diese Grünflächen zeitweise vom unvoreingenommenen Betrachter als
‚ungepflegt‘ wahrgenommen werden, obwohl bei genauerem Hinsehen sich gerade
dort die Artenvielfalt ausgeprägter entwickelt.
Hier gilt es, den Bürgern ein tieferes Verständnis für eine solche Handlungs-
oder Pflegeweise zu vermitteln. Naturbelassenere, insektendienlichere
Blumenwiesen, Wildkräuter und Staudenbeete, die stark aussamen, können nicht
gleichzeitig den Eindruck perfekt gepflegter, ‚sauberer’ Rabatten abgeben. Die Stadt Emmerich am Rhein will sich in
dieser Frage an anderen kreisangehörigen Kommunen orientieren.
Städte wie Bedburg-Hau und Weeze haben das in
vorbildlicher Weise gelöst, durch eine Beschilderung direkt an den Flächen, die
auf die ökologische Begründung für einen solch ‚ungepflegten Zustand‘ hinweisen
(siehe Anlage 4) und dem Leser die Wirkungszusammenhänge zwischen Tier- und
Pflanzenwelt erläutern. Die Kommunalbetriebe planen, größere Flächen, die durch
ihre Lage mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen, mit solchen Schildern zu
kennzeichnen. Mittel dafür wurden bereits in den Haushaltsanmeldungen berücksichtigt.
Natürlich tragen auch Werbekampagnen z. B. in
Form eines entsprechenden Flyers als Beilage zur Tages- oder Wochenzeitung dazu
bei, ein erweitertes Verständnis des ökologischen Grundgedankens beim Bürger zu
erreichen. Die Verwaltung wird auch andere, infrage kommende Möglichkeiten der
Beteiligung, wie z.B. Pflegepatenschaften durch Schulklassen oder
Nachbarschaften prüfen.
1.4 Einrichtung
eines ‚runden Tisches‘ bzw. einer Informationsbörse
Ähnlich anderer Formate wie ‚Montags in
Martini‘ prüft die Verwaltung, ob die Einrichtung eines im festen Turnus
stattfindenden, Gesprächskreises bzw. einer Vortragsreihe den Bürgern bzw.
Nachbarschaften oder Orientierungssuchenden eine geeignete Plattform bieten
könnte, sich besser über dieses Thema auszutauschen bzw. Anregungen über
bis-lang unerwähnte Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebenssituation der
Insektenfauna zu geben.
Um die Öffentlichkeit besser einzubinden,
schlägt die Verwaltung eine Podiumsveranstaltung zum Thema Insektenschutz am
20. Mai 2020, dem Weltbienentag als Auftakt dieser Gesprächsreihe vor.
1.5 Das
Aufstellen von Insektenhotels
Bruthilfen wie Insektenhotels machen nur dann
Sinn, wenn ein ausreichendes Nahrungsangebot vorhanden ist und die Maßnahmen
1.1 und 1.2 zumindest teilweise umgesetzt sind. Da kommerzielle und gute
Nisthilfen im Handel sehr teuer sind und schwer erhältlich, könnten sie besser
selbst hergestellt werden. Da sie dem Grunde nach recht einfach selbst
angefertigt werden können, ist das Basteln bzw. der Bau von Nisthilfen unter
entsprechender Anleitung, - und damit das Wecken von Interesse an der Natur -,
gerade bei Kindergarten- und Grundschulkindern sicherlich sehr beliebt und ein
nachhaltiges Mittel, sie an die Natur und ihre Ökologie heranzuführen. Hier
bietet das Naturschutzzentrum im Kreis Kleve an, für interessierte Bürger wie
auch Schulklassen Bauanleitungen zusammen zu stellen.
Der Vorschlag aus der Politik, reihenweise
alle Emmericher Kindergärten und Grundschulen mit Finanzmitteln für die
Anschaffung von Insektenhotels auszustatten, hält die Verwaltung so für nicht
zielführend. Stattdessen sollten diese Mittel zum Teil in die Anschaffung
entsprechender Materialien und eine fachkundige Betreuung investiert werden, um
die Schüler selbst an deren Anfertigung zu beteiligen.
1.6 Beteiligung
von Schulen und anderen Jugendeinrichtungen
Grundsätzlich bietet sich in vielen
Themenbereichen eines insektenfreundlichen Emmerichs die Zusammenarbeit mit
lokalen Jugendgruppen und Schulklassen wie der Schülerfirma ‚Keimzelle‘ in
Emmerich an, die sich bereits in diesem Sinne engagieren.
Das Thema ‚insektenfreundliche Pflanzen‘
eignet sich gut dafür, im Biologieunterricht an den Schulen näher aufgegriffen
zu werden, möglicherweise im Verbund mit Stadtrundgängen und Exkursionen unter
fachlicher Führung oder aber, um in Schulgärten entsprechende Stauden zu
pflanzen, bzw. im Werkunterricht entsprechende Nisthilfen herzustellen.
1.7 Schwerpunktsetzung
des Themas Bienenschutz im Ortsteil Dornick
Nach der Umfirmierung der Flächen des
ehemaligen Pioniergeländes in Dornick hat die Stadt Emmerich am Rhein einen
großen Teil des Geländes (14.000 qm) entsiegeln lassen und anschließend
erworben. Hier entsteht eine Streuobstwiese, umgeben und geschützt von
Gehölzbeständen, in deren Randbereichen ebenfalls Blühstreifen vorgesehen sind.
Die langjährige Pflege wird der Verein für Landschaftspflege im Kreis Kleve
übernehmen, die dauerhafte Zusammenarbeit mit einem Imker ist vorgesehen. In
diesem Zusammenhang hat sich der Dorfverschönerungsverein an die Verwaltung
gewandt in der Absicht, sich zukünftig mit einem Schwerpunkt für eine
insektenfreundliche Naturausstattung des Dorfes engagieren zu wollen.
1.8 Vermeidung von Lichtverschmutzung
Eine langfristige Zielsetzung der Verwaltung
ist es, im Interesse des Insektenschutzes die
Beleuchtung sowohl im Straßenraum, als auch in öffentlichen und privaten
Gärten, bzw. im Bereich der Industrie- und Gewerbegebiete maßvoll zu reduzieren
resp. zu verändern nach der Devise ‚weniger ist mehr, - für die Insekten‘.
Nach Gesprächen mit den
Stadtwerken Emmerich GmbH gibt es in Emmerich bis auf den Bienenweg in Dornick
keine explizite insektenfreundliche Straßenbeleuchtung. Dieses Thema gewinnt
aber an Bedeutung, immer öfter ist sie auch Gegenstand von
Erschließungs-verträgen.
Dort, wo nächtliche Beleuchtung unerlässlich
ist, wie im Bereich unserer Straßen sollte auf die Verwendung
insektenfreundlicher Leuchtmittel mit einem möglichst geringen Ultraviolett- und
Blauanteil im Lichtspektrum geachtet werden. Die erreichte Umrüstung von
Quecksilberdampfhochdrucklampen auf UV-arme Natrium-Dampfhochdrucklampen und
LED-Lampen stellt bereits einen Fortschritt dar. Dort, wo noch Leuchten mit
weitem Spektralbereich (320-720 nm), Halogenleuchten, oder mit Edelgas gefüllte
Lampen im Einsatz sind, werden sie nach und nach ausgetauscht.
Herkömmliche LED-Straßenbeleuchtungen weisen
eine Lichtfarbe von 4000 K auf. Für Insekten ist jedoch ein warmweißes Licht
mit einer Farbtemperatur von ≤ 3000 K eher zu empfehlen. Die Verwaltung
wird die Stadtwerke zur Klärung des Status Quo im Stadtgebiet um einen
diesbezüglichen Zustandsbericht bitten.
Kirchen oder Denkmäler, die nachts mit
Scheinwerfern erleuchtet werden, sind eine nicht zu unterschätzende
Insektenfalle. Es ist hausintern zu prüfen, inwieweit Denkmäler sinnvollerweise
von oben nach unten beleuchtet werden sollten, um die Lichtstreuung in den
Nachthimmel so gering wie möglich zu halten.
1.9 Weitere städtische Ansatzpunkte für
mehr Insektenschutz
Die in Emmerich bestehenden Pläne, Programme
und Projekte beinhalten noch weitere Vorhaben, die dem Insektenschutz dienlich
sein könnten, und daher auch mit Blick auf ihren Beitrag dazu kritisch
hinterfragt werden sollten:
- Hof- und
Fassadenprogramm im Rahmen des ISEK 2025 als Teilaufgabe eines
Stadtteilarchitekten,
- Prüfung sog
‚Stadtnaturprojekte‘ gemeinsam mit der EGE sowie deren Fördermöglichkeiten
analog des Bundesprogramms Biologische Vielfalt in der Emmericher Innenstadt im Rahmen der ‚Kommunalen
Klimaschutzinitiative‘,
- Begrünung
der Dachebenen von städtischen Bushaltestellen, ebenfalls im Rahmen der
‚Kommunalen Klimaschutzinitiative‘.
- Begrünung
des Geistmarktes und der Innenstadt im Rahmen des ISEK
2. Der Bereich der Privatgärten
Ein solch stadtweites Konzept für ein
insektenfreundliches Emmerich beschränkt sich nicht allein auf den Beitrag
städtischer Grünflächengestaltung, sondern zeigt dem Bürger proaktive
Möglichkeiten auf, sich in seinem Privatgarten gleichermaßen für bessere
Lebensbedingungen unserer Insektenwelt einzusetzen.
2.1 Die
Art und Weise der Gestaltung unserer Gärten und Vorgärten
Privatgärten, insbesondere die Vorgärten,
werden immer häufiger versiegelt mit Kies, Split- oder Steinschüttungen auf
denen Kübelpflanzen drapiert werden, umgeben von Hecken aus immergrünen
Formschnittgehölzen. Ihr dauerhaft ordentliches Aussehen und der geringe
Pflegeaufwand haben zu ihrer massenhaften Verbreitung beigetragen.
Hier gilt es für die Stadt, wieder ein
Bewusstsein bei ihren Bürgern dafür zu schaffen, welche Wirkung auch die
wenigen Quadratmeter im eigenen Garten auf das Angebot von Nahrung und
Lebensraum für Insekten haben können. Dazu gibt es bereits ein breites
Informations-angebot über Gartenpflanzen, die im besonderen Maße für Insekten
geeignet sind. Die Verwaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzentrum
eine einschlägige Broschüre/ Flyer für die Emmericher Bürger erstellen, in der
die insektendienlichen Blüh-pflanzen mit Tipps zu ihrer Pflanzung und Pflege
aufgeführt werden.
Auch normativ besteht hier die Möglichkeit
seitens der Politik bzw. der Verwaltung, bei neu aufzustellenden
Bebauungsplänen, wie in Einzelfällen bereits geschehen, zukünftig Festsetzungen
zu treffen, die vollversiegelten Flächen in Vorgärten, in Form von Steingärten
aus-schließen, wie dies auch einer Forderung der CDU- und BGE - Fraktion zur
kommunalen Klimaschutzinitiative entspricht. Eine Selbstverpflichtung des
Rates, derartige Festsetzungen zum Regelbestandteil aller zukünftigen
Bebauungspläne zu machen, gibt es, - ähnlich wie diesbezüglich,verbindliche
Gestaltungssatzungen -, bislang noch
nicht.
2.2 Bereitstellung
eines entsprechenden Pflanzenangebotes vor Ort
In Zusammenhang mit der Erstellung einer Bürgerbroschüre
zu insektendienlichen Pflanzen ist es die Absicht der Verwaltung, eine
Zusammenarbeit mit Gärtnereien aus der Region herbeizuführen, um die Betriebe
anzuregen, die in der Broschüre erwähnten Pflanzen verstärkt in ihr Sortiment
aufzunehmen und damit kundenverfügbarer zu machen. Im Übrigen soll die
Publikation auch einer breiten Bürgerschaft auf der städtischen Homepage zugänglich
gemacht werden.
Parallel dazu wurde die Verwaltung in der
Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vom November 2019 beauftragt,
auszuloten, inwieweit sich die Stadt an einem Projekt der
NABU-Naturschutzstation als Co-Finanzier beteiligen soll. Dieses Projekt
finanziert sich überwiegend aus Mitteln des Bundesamtes für Naturschutz (BfN)
und soll dem Insekten-schwund entgegenwirken. Ziel ist es, jedem Bürger,
Garten- und Balkonbesitzer wie aber auch Gartenbaubetrieben oder
Grünflächenämtern über Blumengroßhändler im konventionellen Handel vor Ort
bienendienliche, heimische Wildpflanzen, - nicht als Samen sondern als bereits
herangezogene Staudenware -, anzubieten, so dass jeder, der sich für die
Rettung der Insekten engagieren möchte, schnell und gezielt die Stauden
pflanzen kann, die den Insekten das Überleben erleichtern. Die Verwaltung prüft
derzeit die Beteiligung an diesem gemeinschaftlichen Projekt. Neben der
Steigerung der Nachfrage nach heimischen Regio-Pflanzgut, sieht das Projekt
auch eine nachhaltige Wissensvermittlung bei Gärtnern, Garten- und
Landschaftsbauern, Kommunen, Gewerbetreibenden wie aber auch beim Endkunden
vor.
Eine Beteiligung der Stadt wird auf Wunsch
der Politik geprüft, gerade auch im Hinblick auf die Co-Finanzierung des
Projektes durch die weiteren Vertragspartner. Auf kommunaler Ebene sind das die
drei Kommunen Kleve, Kranenburg und Emmerich, die Gemeinde Kranenburg hat in
der Zwischenzeit eine Teilnahme abgelehnt. Entscheidend für das Zustandekommen
des Projektes und damit für die Beteiligung der verbleibenden Partnerstädte
Kleve und Emmerich, ist die Haltung des Kreises Kleve, der ggfs. den Hauptanteil
(75.000 €) beitragen soll. Der Kreis Kleve befürwortet zwar das Projekt in
seiner Wirkung, EU-Mittel von 637.000 € in unsere Region zu holen, hat jedoch
die Entscheidung über seine Beteiligung zunächst zurückgestellt. Solange seine
Zustimmung noch aussteht, ist das Zustandekommen des Projektes, als
insektenfreundliches Blühangebot für jedermann, in Frage gestellt.
2.3 Wettbewerb
‚Insektenfreundlichster Garten‘
Um die Aufmerksamkeit der privaten
Gartenbesitzer auf den Gedanken eines insekten-freundlichen Emmerichs zu lenken
und um die persönliche Identifizierung mit diesem städtischen Anliegen zu
fördern, schlägt die Verwaltung die Initiierung eines öffentlichen Wettbewerbs
vor, der den ‚Insektenfreundlichsten Garten‘ kürt, und dafür attraktive Preise
auslobt. Nähere Details zu den Bewertungskriterien,zur Bewerbung, zu der Jury
und zum Zeitpunkt der Preisverleihung erfolgen bei der Ankündigung des
Wettbewerbs.
3. Der Bereich der Landwirtschaft
Außerhalb der geschlossenen Ortschaften
herrscht hier im ländlichen Raum
die landwirtschaftliche Nutzung vor, die in Emmerich jenseits der
Naturschutzgebiete eher ackerbaulich orientiert ist. Was diese privaten
landwirtschaftlichen Flächen betrifft, hat die Stadt keinen direkten Einfluss.
3.1 Die
Anlage von Blühstreifen auf Randflächen in der Feldflur
Im Gespräch mit Vertretern der Emmericher
Landwirte hat sich gezeigt, dass die Anlage von Blühstreifen in der Landwirtschaft
auf Emmericher Stadtgebiet nur sehr vereinzelt praktiziert wird, obwohl es
viele Gründe gibt, die dafür sprechen:
- bei der Bearbeitung von landwirtschaftlichen Flächen die einen
‚ungeraden‘ Flächen-zuschnitt aufweisen, bleiben bei der Flächenbegradigung
immer Reststücke übrig, die nicht wirtschaftlich bearbeitet werden können
und sich daher zur Einsaat von Blühmischungen eignen.
- häufig bieten sich auch Randstreifen an, die eher als
Abstandsflächen zu Straßen oder Häusern dazu genutzt werden,
Pflanzenschutzmittelreste auszubringen, oder die das Bearbeiten von
benachbarten Gräben erleichtern.
- die landwirtschaftliche Praxis erfordert saisonal auch immer wieder
wechselnde Stilllegungsflächen, auf denen ebenfalls statt Ölpflanzen oder
Leguminosen als Zwischeneinsaat auch Blühstreifen angelegt werden könnten.
Dass Blühstreifen als insektendienliches
Instrument, in der landwirtschaftlichen Praxis keinen höheren Stellenwert
genießen, liegt auch an negativen Begleiterscheinungen, die damit einhergehen.
- Die Arealgröße solcher Stilllegungsflächen wird nach der
Gesamtgröße der Hof-flächen von der Landwirtschaftskammer berechnet. Ob
der Landwirt bestimmte Auflagen einhält, wird von der
Landwirtschaftskammer (LWK) regelmäßig überprüft, da er dafür analog der
Stilllegung Prämienzahlungen von bis zu 270 €/ha erhält.
- Trotzdem werden diese finanziellen Hilfen von Emmericher Landwirten
nicht häufig genutzt, da diese Art der Förderung auch immer einhergeht mit
einem hohen zusätzlichen Zeit- und Arbeitsaufwand bzw. einer peniblen
Buchhaltung, die bei Nichtdurchführung auch Sanktionierungen zur Folge
hat, indem Fördergelder nicht gezahlt werden. Außerdem besteht bei der
Anlage von benachbarten Blühflächen auch Immer das Risiko, dass von Ihnen
Unkräuter in die Kulturflächen eingetragen werden, die den üblichen
Arbeitsaufwand dann noch eher erhöhen.
Die Stadt Emmerich am Rhein wird im Wege
einer Informationsveranstaltung für die Emmericher Landwirte, gemeinsam mit
einem Vertreter der Landwirtschaftskammer und dem Ortslandwirt dafür werben,
dass die Anlage von Blühstreifen mehr Beachtung findet bei Landwirten, die
ohnehin ihren sog. ‚Greening’-verpflichtungen nachkommen müssen.
Erläuterung
des Begriffs ‚Greening‘
Bewirtschaftet
ein landwirtschaftlicher Betrieb mehr als 15 ha Ackerland muss er u. U.
bestimmte Greenings-Maßnahmen einhalten. Das sind Landbewirtschaftungsmethoden,
die den Klima- und Umweltschutz fördern sollen, wie z.B. der Erhalt von
Dauergrünland, von Wiesen und Weiden, eine größere Vielfalt beim Anbau von
Feldfrüchten, sowie die Bereitstellung sog. ökologischer Vorrangflächen auf
Ackerland. Geht er diese Verpflichtung ein, nimmt der Landwirt an einer
Prämienregelung teil und erhält die sog. Greeningsprämie.
(Wie Landwirte ihrer Verpflichtung zu ökologischen Vorrangflächen im Einzelnen
nachkommen ist unterschiedlich; mal, indem sie 5 % ihrer Ackerflächen
stilllegen, oder Puffer- oder Feldrandstreifen anlegen, Zwischenfruchtanbau
betreiben, mit Untersaaten arbeiten, Leguminosen anbauen, Aufforstungen
betreiben oder eben Blühstreifen anlegen)
3.2 Eine
insektenfreundlichere Ausstattung kommunaler Pacht- und Ausgleichsflächen
Die kommunale Bauleitplanung, wie z.B. die
Ausweisung neuer Bau-, und Gewerbegebiete, provoziert Eingriffe in Natur und
Landschaft, die durch die Schaffung neuer Natur ausgeglichen werden müssen.
Üblicherweise legt die Verwaltung dazu auf eigenen Parzellen mit Anschluss an
die freie Natur sogenannte Ausgleichsflächen an, die von landwirtschaftlichen
Pächtern meist extensiv als Grünland bewirtschaftet werden.
Diese sog. Ökokonto- bzw. Ausgleichs- oder
Kompensationsflächen in städtischem Eigentum bieten im besonderen Maße die
Möglichkeit, im Sinne des Artenschutzes eine Verbesserung herbeizuführen. Dies
kann durch die Einsaat von randlichen Blühstreifen erfolgen, durch das
Stehenlassen des Aufwuchses in sog. Schonstreifen oder aber durch die bewusste
Anlage von Rand- bzw. Abstandsstreifen, die nicht mitbewirtschaftet werden oder
brachliegen bzw. die den Abstand zu wertvollen Gehölzstreifen oder
Wegeparzellen einhalten. Bei welchen städtischen Ökokontoflächen die Anlage
solcher Streifen möglicherweise eine sinnvolle Maßnahme darstellen könnte, soll
in jedem Einzelfall geprüft werden.
Im Anschluss wir die Verwaltung die Pächter
ausgewählter städtischer Ausgleichsflächen anschreiben und sie bitten, sich an
dem Konzept „Insektenfreundliches Emmerich“ zu beteiligen und auf ausgewählten
Flächen Blüh- und Schonstreifen anzulegen.
4. Der Bereich der Gewerbe- und
Industriegebiete
Gewerbe- und Industriegebiete nehmen in
Emmerich große, überwiegend undurchlässige Flächen ein, die meist mit größeren
Hallen bebaut sind, umgeben von vollversiegelten Parkplätze für die
Mitarbeiter. Ähnlich versiegelt präsentieren sich die gewerblich genutzten
Betriebsgelände kleiner und mittlerer Unternehmen in Innenstadtnähe.
In beiden Fällen können durch eine
naturnähere Gestaltung auf Firmengeländen dauerhafte wie auch vorübergehende
Lebensräume für Tiere und Pflanzen entstehen, die sich zugleich positiv für das
Lebens- und Arbeitsumfeld auswirken. Zu den vorteilhaften Wirkungen, die davon
ausgehen, zählen bei Starkniederschlägen eine höhere Versickerung zu
ermöglichen, kleinklimatisch der übermäßigen Erhitzung von versiegelten Flächen
im Sommer entgegenzuwirken und gleichzeitig aber auch den Mitarbeitern eine
erhöhte Aufenthaltsqualität zu bieten.
Mit einer naturnahen Gestaltung ihrer
Firmengelände können hiesige Unternehmen viel zum Schutz der biologischen
Vielfalt beitragen, ihre ‚grüne‘ Firmenphilosophie zum Ausdruck bringen und
gleichzeitig den Bürgern, Kunden und Unternehmensnachbarn ein Beispiel dafür
geben, dass wahre Überzeugungen auch ‚gelebt‘ werden.
4.1 Naturnahe
Gestaltung von Firmengeländen
Die Verwaltung der Stadt Emmerich hat sich,
gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung, vorgenommen, für eine naturnahe
Gestaltung von Firmengeländen zu werben. Gedacht ist an ein Informationsangebot
für Emmericher Unternehmen und Betriebe, um zunächst das Interesse an diesem
Handlungsfeld zu wecken.
Dazu wird die Verwaltung, gemeinschaftlich
mit der Wirtschaftsförderung, zu einem Vortrag einladen, der im Rahmen eines ‚Unternehmerfrühstücks‘ stattfinden soll. Ziel ist es,
entweder einen externen Berater oder eine Firma, die bereits Maßnahmen
umgesetzt hat, aus eigenen Erfahrungen berichten zu lassen.
Anlass zu Optimismus geben die Interessensbekundungen verschiedener
ortsansässigen Unternehmen, mit denen die Verwaltung in Kürze
Fachgespräche unter Beteiligung des Naturschutzzentrums im Kreis Kleve führen
wird. Mittelfristiges Ziel ist es, zunächst beispielhaft
einige interessierte Firmen resp. ihre Nachhaltigkeitsmanager dafür zu
gewinnen, dass auf Ihren Firmengeländen insektendienlicher Lebensräume
entstehen, die Beispielcharakter für weitere Unternehmen haben können.
4.2 Begrünte
Dächer
Begrünte Dächer sind eine Möglichkeit, das
Blühangebot auf Firmengeländen zu erhöhen, was bei Bestandsbauten aufgrund der
vorhandenen Statik meist nicht umsetzbar ist. Bei Neubauten wäre dies jedoch
eine geeignete Maßnahme um die biologische Vielfalt und das Blütenangebot zu
erhöhen.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme ist
im Haushaltsjahr 2020 vorgesehen. Produkt: 1.100.15.02.02
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.1.5.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster
Beigeordneter