Betreff
Anträge der Fraktion BÜNDNIS 80/DIE GRÜNEN zur Haushaltsberatung, Punkt 5 „Errichtung weiterer Regenbecken";
hier: Antrag Nr. XL2019 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Vorlage
70 - 16 2202/2020
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Die Kommunalbetriebe legen dar, dass das Kanalnetz ausreichend bemessen ist und derzeit aus rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Sicht keine weiteren Regenbecken in Emmerich erforderlich sind.

 

Der Betriebsausschuss nimmt die Ausführungen der Betriebsleitung zur Kenntnis und beschließt, den Antrag abzulehnen.

 

Sachdarstellung :

 

Der weltweit zu beobachtende Klimawandel hat auch gravierende Auswirkungen auf lokale Wettererscheinungen. Hierbei ist u.a. ein häufigeres Auftreten von Starkregenereignissen zu beobachten. Als Starkregen werden Ereignisse bezeichnet, die statistisch seltener als alle 20 Jahre auftreten. Die letzten Starkregen (mit teilw. weit über 100-jährigen Wiederkehrzeiten) im Stadtgebiet Emmerich am Rhein waren an folgenden Daten und Ortsteilen zu verzeichnen:

23.08.2011, OT Emmerich

20.05.2012, OT Elten

23.05.2012, OT Elten

20.09.2014, OT Elten, Hüthum und Emmerich

15.08.2015, OT Elten.

Die genannten Starkregenereignisse führten an einigen Schwerpunkten zu Überflutungen der Straßen und anliegender Grundstücke. Jedoch sind diese Schwerpunkte in Ihrer Anzahl und räumlichen Ausdehnung begrenzt.

Die Kommunalbetriebe Emmerich am Rhein (KBE) haben zusammen mit der Technische Werke Emmerich am Rhein GmbH (TWE) im Jahr 2012 im Zuge des alle 12 Jahre aufzustellenden Generalentwässerungsplans, ein hydraulisches Kanalnetzmodel erstellt. Darin kann das Einstau- und Überstauverhalten des vorhandenen Kanalnetzes bei verschiedenen Regenereignissen simuliert werden. Generell werden Kanalnetze für Regenereignisse dimensioniert, die statistisch alle drei Jahre in Wohngebieten, alle fünf Jahre in Gewerbegebieten und alle 10 Jahre an Straßenunterführungen auftreten. Bei stärkeren Regenereignissen kommt es zunächst zum Einstau des Kanals und der Schächte, dann zum Überstau der Schächte und schließlich zur Überflutung an der Oberfläche.

Der Generalentwässerungsplan wurde im Juni 2012 fertiggestellt, sodass die Ereignisse von Mai 2012 noch Berücksichtigung fanden. Die seinerzeitige Simulation ergab an mehreren Stellen Hinweise, dass es aufgrund örtlicher Rahmenbedingungen zu Überstauereignissen kommen kann. Daraufhin wurde eine tiefergehende Untersuchung veranlasst.

Eine stadtgebietsweise Fließweganalyse mit Aufbau eines gekoppelten Kanalnetz- und Oberflächenabflussmodels durch das Ing.-Büro Pecher im Jahr 2014 zeigte auf, wohin das überstaute Wasser an der Oberfläche fließt und wo sich Regenwasser in Muldenbereichen sammelt. Die bereits bekannten Schwerpunkte wurden bestätigt und dort nähere Untersuchungen zur Ausdehnung der Überflutung, sowie eine Einschätzung des Gefahrenpotentials getätigt. Daraus wurden Lösungsansätze zur Minimierung des Schadenspotentials entwickelt, die heute fast vollständig umgesetzt sind, u.a. Das Becken an der Europastraße. Dieses wurde nur errichtet, weil es sich hier um einen Schwerpunkt von Überflutungen mit besonderen Randbedingungen handelt. Die Überflutungssicherheit besteht hier aber auch nur bis zum 20-jährlichen Regenereignis. Stärkere Regen führen auch hier wieder zum Überstau

 

Zusätzlich zu den Maßnahmen der Stadtentwässerung ist daher immer auch eine Beteiligung der privaten Grundstückseigentümer unerlässlich, um das Schadenspotential auf ein erträgliches Maß zu bringen. Den Anliegern der Europastraße und der Straße im Haag wurde seinerzeit auch eine kostenlose grundstücksbezogene Beratung zur weitergehenden Absicherung des Gebäudes und des Grundstücks angeboten. Bei den 25 betroffenen Anliegern hat aber nur etwa ein Drittel von dem Angebot Gebrauch gemacht.

Letztlich können solche Regenereignisse nicht allein durch Maßnahmen der Stadtentwässerung schadlos gehalten werden (siehe Anlage 1). Auch eine durchgehende Vergrößerung von Kanaldimensionen kann eine Bewältigung starker Regenereignisse ohne Überflutung an der Oberfläche nicht gewährleisten. Überdies wäre dies aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht umsetzbar. Auch punktuelle Entlastungen des Netzes in Form von Regenbecken sind, aus den bekannten Simulationsergebnissen heraus, nicht zielführend.

 

Vielmehr wird allgemein auf eine möglichst schadlose Ableitung der Überstauwässer an der Oberfläche gesetzt und dort auf Schaffung von Raum für eine Zwischenspeicherung bzw. Versickerung geachtet. Bei Neubauten mit einer befestigten Fläche von mehr als 800 m² wird seitens der KBE / TWE ein Überflutungsnachweis gem. DIN 1986, Teil 100, gefordert. Dabei hat der Grundstückseigentümer darzustellen, wie er eine ausreichende Rückhaltung der Überflutungsmenge bei einem 30-jährigen Ereignis auf seinem Grundstück sicherstellt.

 

Die Stadt Emmerich hat in Ihrem Klimaanpassungskonzept im Jahr 2016 die Erkenntnisse aus der Simulation und den Untersuchungen übernommen.

Zusätzlich zu den Untersuchungen des Überflutungsverhaltens der Kanalisation und der Oberflächen wurde im Jahr 2018 zusammen mit dem Institut für unterirdische Infrastruktur (IKT) aus Gelsenkirchen ein 48-h-Soforthilfeprogramm erstellt.

Dabei geht man von einer heute möglichen Vorwarnzeit von 48 Stunden aus, um lokal auf Starkregenereignisse hinzuweisen, bzw. den Kanalbetrieb entsprechend darauf vorbereiten zu können.

 

In dem Projekt wurden u. a. Maßnahmen zur Meldung und Weiterleitung von Gefahrenlagen im Kanalbetrieb unter Einbindung der Feuerwehr betrachtet, sowie Erreichbarkeitsverzeichnisse mit Kontaktdaten während und außerhalb von Dienstzeiten erstellt. Die Störfall- und Notfallpläne enthalten auch Ablaufpläne mit Angaben wer, wann, wie in das Prozedere einzubinden ist. Darüber hinaus sind Kontroll- und Wartungslisten zur Anlagenkontrolle im Vorfeld des Regenereignisses erstellt worden.

Da Starkregenereignisse i. d. R. lokal begrenzt auftreten, ist auch an eine interkommunale Zusammenarbeit gedacht worden, wobei eine Liste mit relevanten mobilen Gerätschaften wie Pumpen, Notstromaggregate und Fahrzeuge mit Angaben zu Leistungsdaten zusammengetragen wurde.

 

Die oben genannten Ausführungen zeigen, dass sich die Stadtentwässerung in Emmerich schon intensiv und umfassend mit dem Thema Starkregen beschäftigt hat.

 

Aus rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Sicht sind weitere Regenbecken in Emmerich derzeit nicht erforderlich.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

 

Mark Antoni

Betriebslweiter