hier: Änderung der Förderrichtlinien auf Grundlage des Gesetzes zur Qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung vom 29.11.2019 (KiBiz)
Beschlussvorschlag
Der
Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt das Außerkrafttreten der bestehenden
Förderrichtlinien vom 01.08.2015 und das Inkrafttreten der neuen
Förderrichtlinien rückwirkend zum 01.08.2020.
Sachdarstellung :
Nach
dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) ist die Betreuung in der Kindertagespflege und
Kindertageseinrichtungen ein gleichrangiges Angebot. Die Bildungs- und
Erziehungsarbeit in den beiden Betreuungsformen ergänzt die Förderung des
Kindes in der Familie und steht damit in der Kontinuität des kindlichen Bildungsprozesses.
Eine leistungsorientierte Höhe der laufenden Geldleistungen an die
Tagespflegepersonen ist gemäß § 23 SGB VIII durch die Richtlinie über die
finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege der Stadt Emmerich (Stand
01.08.2015, zuletzt geändert zum 01.01.2020) geregelt.
Es
war geplant, diese Richtlinie in Abstimmung mit den Kindertagespflegepersonen
zu überarbeiten, um in einem partizipativen Prozess Ideen zu bündeln und die
Qualität und Akzeptanz der Richtlinien sicherzustellen. Die Verwaltung hatte
geplant, die überarbeiteten Richtlinien dem Jugendhilfeausschuss im
Herbst/Winter 2019 zum Beschluss vorzulegen. Leider haben die Mitarbeiterinnen
der Kindertagespflege (3 Halbtagsstellen) die Stadt Emmerich im Sommer 2019
verlassen. Aufgrund dieses personellen Engpasses konnte das Tagesgeschäft nur
mit großer Anstrengung und Verschiebungen in anderen Bereichen des Jugendamtes
aufrechterhalten werden. Die Fortsetzung der Erarbeitung der Richtlinien war
dementsprechend nicht möglich.
Es
hat ein Stellenbesetzungsverfahren für zwei Vollzeitstellen stattgefunden. Es
sind zwei geeignete Bewerberinnen gefunden und ausgewählt worden. Frau Hübers
hat ihren Dienst zum 01.11.2019 und Frau Becker zum 01.01.2020 aufgenommen.
Um
Zusagen gegenüber den Kindertagespflegepersonen einzuhalten, wurde ab dem
01.01.2020 eine vorläufige Erhöhung des Stundensatzes vorgenommen.
Geplant war anschließend, die gesamte
Förderrichtlinie zu überarbeiten und dem Jugendhilfeausschuss zur Beratung im
Sommer 2020 vorzulegen. Durch die Corona-Pandemie war die vorgesehene
Beteiligung der Kindertagespflegepersonen nicht in adäquater Weise möglich,
weil viele der Kindertagespflegepersonen nicht über geeignete Endgeräte
verfügen, die einen digitalen Austausch ermöglicht hätten.
Mit
Einführung der Notbetreuung während der Pandemie und den verschiedenen
umzusetzenden Fachempfehlungen des MKFFI verzeichnete das Team Tagesbetreuung
ein erhöhtes Arbeitsaufkommen durch Beratung von Eltern, Tagespflegepersonen
und Kindergärten, so dass eine Weiterentwicklung der Richtlinien in dieser Zeit
nicht möglich war.
Da
zum 01.08.2020 das neue KiBiz in Kraft getreten ist, welches auch verschiedene
Änderungen in der Kindertagespflege beinhaltet, musste eine zeitnahe Umsetzung
gewährleistet werden.
Aus
diesem Grund legt die Verwaltung hier eine Änderung der Richtlinien vor, die
sich ausschließlich auf die Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorschriften
beschränkt. Die Planung, die Förderrichtlinie in Gänze neu zu gestalten, bleibt
bestehen. Ein entsprechendes Produkt soll dem Jugendhilfeausschuss im ersten
Halbjahr 2021 zum Beschluss vorgelegt werden.
Die hier vorgeschlagenen Änderungen in den
Richtlinien ergeben sich allesamt aus dem Gesetz zur Qualitativen
Weiterentwicklung der frühen Bildung (KiBiz), welches am 29.11.2019 beschlossen
wurde und am 01.08.2020 in Kraft getreten ist. Maßgeblich ist hier der § 24,
der den Landeszuschuss für Kinder in der Kindertagespflege regelt.
§24
KiBiz
Landeszuschuss für Kinder in
Kindertagespflege und Verwendungsnachweis
(3) Der Landeszuschuss nach Absatz 2 Satz 1
setzt bei Kindern, die außerhalb des Haushalts der Eltern betreut werden, eine
Bestätigung des Jugendamtes voraus, dass
1. die Kindertagespflegeperson über eine
Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 des Achten Buches Sozialgesetzbuch
verfügt,
2. die Kindertagespflegeperson ein Kind oder
mehrere Kinder regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich und länger als drei
Monate betreuen will,
3. die Kindertagespflegeperson mindestens
eine Qualifikation im Sinne des § 21 Absatz 1 oder 2 nachweisen kann,
4. die Kindertagespflegeperson jährlich
Fortbildungsangebote mit mindestens fünf Stunden wahrnimmt,
5. für Ausfallzeiten der
Kindertagespflegeperson eine gleichermaßen geeignete Betreuung durch
transparente Regelung des Jugendamtes sichergestellt wird,
6. die laufende Geldleistung nach § 23
Absatz 2 und 2a des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt und jeder
Kindertagespflegeperson im Rahmen von § 23 Absatz 2 Nummer 2 des Achten Buches
Sozialgesetzbuch für jedes ihr zugeordnete Kind ein Betrag für mindestens eine
Stunde pro Betreuungswoche für mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit
geleistet wird,
7. die laufende Geldleistung bereits während
der Eingewöhnungsphase des Kindes gewährt wird,
8. die laufende Geldleistung auf Grundlage
des Betreuungsvertrages mit den Eltern und beispielsweise auch bei
vorübergehender Krankheit beziehungsweise Abwesenheit des Kindes weitergewährt
wird und
9. die Höhe der laufenden Geldleistung
jährlich angepasst wird.
Um
weiterhin den Landeszuschuss für jeden Platz in der Kindertagespflege zu
erhalten sind die folgenden Veränderungen der Richtlinien notwendig.
Ziffer 2.7 Mittelbare Bildungs-
und Betreuungsarbeit
Für
die mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit wird pro Kind pro Woche eine
Stunde mit dem Regelstundensatz i.H.v. 5,00 € vergütet.
Ziffer 2.8 Jährliche Anpassung der
laufenden Geldleistung
Die
jeweiligen Stundensätze nach Ziffer 2.2. bis 2.7 erhöhen sich ab dem
Kalenderjahr 2021 jährlich jeweils zum 1. August eines Jahres um 0,10 €.
Die
Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 6 und Punkt 9.
Unter
der mittelbaren Bildungs- und Betreuungsarbeit ist die Vor- und
Nachbereitungszeit zu verstehen, in der die Kindertagespflegepersonen u.a. die
Bildungsdokumentation anfertigen, Elterngespräche führen und Angebote
vorbereiten. Der Gesetzgeber definiert die Geldleistung entsprechend. Die Höhe
der Geldleistung muss jährlich angepasst werden, hier orientiert sich die
Verwaltung an der jährlichen Erhöhung der Elternbeiträge um 1,5 %. Aus Gründen
der Vereinfachung der Abrechnungen wird eine jährliche Erhöhung um 0,10€
präferiert, um Auf- und Abrundungsvorgänge bei der Abrechnung zu vermeiden.
Ziffer 3.2 Kostenbeteiligung an der
Qualifizierung und an Fortbildungen
Nach
der abgeschlossenen Qualifizierung ist jede Tagespflegeperson dazu
verpflichtet, jährlich Fortbildungsangebote im Umfang von mindestens fünf
Stunden zu besuchen, die thematisch mit der Kindertagespflege in Zusammenhang
stehen. Die Auffrischung der Erste- Hilfe-Kenntnisse fällt nicht darunter und
muss zusätzlich absolviert werden.
Für
Fortbildungen, die außerhalb der Angebote des Jugendamtes Emmerich wahrgenommen
werden, kann auf Antrag jeweils die Hälfte der Kosten erstattet werden, jedoch
maximal 100 € im Kalenderjahr, sowie ein zusätzlicher, bezahlter Schließungstag
gewährt werden. Die Fortbildung muss im Vorfeld von der Fachberatung anerkannt
werden. Ein entsprechender Zahlungsbeleg und eine Teilnahmebescheinigung sind
als Nachweise einzureichen.
Ziffer 4.2 Ausfallzeiten
(Schließungstage) Kindertagespflegeperson
Bei
Unterbrechung der Betreuungszeiten durch Urlaub (25 Tage pro Kalenderjahr,
ausgehend von einer 5 Tage Woche) und Krankheit (10 Tage pro Kalenderjahr) der
Tagespflegeperson wird die monatliche Geldleistung/Pauschale weitergezahlt, zusätzlich
für einen Schließungstag zwecks der Teilnahme an Fortbildungen wie in 3.2.
beschrieben.
Die
Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 4.
Der
Gesetzgeber misst der Qualifizierung und Fortbildung der
Kindertagespflegepersonen eine zunehmende Bedeutung bei. Die Fachberatung des
Jugendamtes organisiert regelmäßig mindestens eine Fortbildung im Jahr zur
alltagsintegrierten Sprachförderung, die entsprechend vom Land gefördert wird
und für die Kindertagespflegepersonen kostenlos ist. Darüber hinaus besteht für
die Kindertagespflegepersonen die Möglichkeit an Fachvorträgen und
Veranstaltung im Rahmen von pro Kids und lokalen Netzwerken teilzunehmen. Ca.
30% der Kindertagespflegepersonen nehmen dieses Angebot wahr.
Zur
Qualitätssteigerung soll hier ein Anreiz geschaffen werden, über den Tellerrand
zu schauen, das eigene Profil zu schärfen und proaktiv geeignete Fortbildungen
zu suchen und zu besuchen. In Anlehnung an die Praxis anderer Jugendämter soll
diese Möglichkeit auch den Emmericher Kindertagespflegepersonen eröffnet
werden.
Ziffer 4.3 Vertretungsregelung
Im
Interesse des Kindeswohls sollten Tagespflegeperson und Eltern Urlaub und anderweitig
abzusehende Ausfallzeiten in der Betreuung rechtzeitig miteinander abstimmen,
um Anlässe zur Ersatzbetreuung gering zu halten.
Eine
Betreuung, die während der geplanten Schließungszeiten der
Kindertagespflegestelle nicht durch Eltern und/oder Familie aufgefangen werden
kann, ist vorrangig durch die Tagespflegeperson anhand einer Vertretung bei
einer anderen anerkannten Tagespflegeperson zu organisieren und sicher zu
stellen. In diesen Fällen erfolgen keine Kürzungen der pauschalierten
Förderleistung und keine Zusatzleistungen an die Vertretung. Das Vertretungssystem
sollte so organisiert sein, dass ein Ausgleich der Vertretungszeiten
untereinander gegeben ist. In begründeten Einzelfällen kann eine abweichende
Regelung und Organisation durch das Jugendamt Emmerich am Rhein vorgenommen
werden.
Im
Krankheitsfall der Tagespflegeperson übernimmt die Fachberatung des Jugendamtes
die Organisation der Vertretung. Der mögliche Vertretungsbedarf ist von den
Eltern bei der Anmeldung anzugeben. Die vertretende Tagespflegeperson erhält in
diesen Fällen zusätzlich die entsprechende Förderleistung für das Tageskind. An
die erkrankte Tagespflegeperson werden die Leistungen 10 Tage weitergezahlt.
Siehe 4.2.
Die
Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 5.
Jede
Vertretungssituation in der
Kindertagespflege bedeutet für unter dreijährige Kinder einen Wechsel der
Bezugsperson. Bei kurzzeitigem Vertretungsbedarf ist daher abzuwägen, ob dem
Kind dieser Wechsel zugemutet werden soll. Diesen Standpunkt vertritt auch eine
Vielzahl der Erziehungsberechtigten und organisiert den Ausfall einer
Kindertagespflegeperson bis zu 5 Tagen meist selbstständig. Im angestrebten
Vertretungsmodell wollen wir uns auf die Familien konzentrieren, die keine
tragfähigen Netzwerke besitzen und bei Ausfall der Tagespflegeperson sofortige
Vertretung benötigen. Dieser Bedarf wird bereits bei der Anmeldung zur
Kindertagespflege abgefragt werden.
Einige
der Tagespflegepersonen belegen nicht durchgängig die fünf möglichen Plätze
sind aber oft bereit, für eine Vertretungssituation ein weiteres Kind
aufzunehmen. Ebenfalls ergeben sich kurzfristig freie Kapazitäten durch Urlaub
oder Krankheit eines anderen Kindes. Durch den guten Kontakt der Fachberatung
zu den Tagespflegepersonen und Familien war es in der nahen Vergangenheit stets
möglich, eine tragfähige Lösung zu finden. Für die umfangreiche Überarbeitung
der Richtlinien bis Sommer 2021 wird ein Vertretungskonzept mit festen
Vertretungsplätzen favorisiert. Dies soll mit den tätigen Kindertagespflegepersonen
erarbeitet werden.
Ziffer 6 Inkrafttreten
Die
Richtlinien vom 01.08.2015 treten zum 31.07.2020 außer Kraft.
Diese
Richtlinien treten am 01.08.2020 in Kraft.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme ist im Haushalt 2020 vorgesehen.
Produkt 1.100.06.01.01
Leitbild :
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3.
Peter Hinze
Bürgermeister