Betreff
Finanzielle Förderung in der Kindertagespflege;
hier: Änderung der Förderrichtlinien auf Grundlage des Gesetzes zur Qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung vom 29.11.2019 (KiBiz)
Vorlage
04 - 16 2341/2020
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt das Außerkrafttreten der bestehenden Förderrichtlinien vom 01.08.2015 und das Inkrafttreten der neuen Förderrichtlinien rückwirkend zum 01.08.2020.

 

 

Sachdarstellung :

 

Nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) ist die Betreuung in der Kindertagespflege und Kindertageseinrichtungen ein gleichrangiges Angebot. Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in den beiden Betreuungsformen ergänzt die Förderung des Kindes in der Familie und steht damit in der Kontinuität des kindlichen Bildungsprozesses. Eine leistungsorientierte Höhe der laufenden Geldleistungen an die Tagespflegepersonen ist gemäß § 23 SGB VIII durch die Richtlinie über die finanzielle Ausgestaltung für die Kindertagespflege der Stadt Emmerich (Stand 01.08.2015, zuletzt geändert zum 01.01.2020) geregelt.

Es war geplant, diese Richtlinie in Abstimmung mit den Kindertagespflegepersonen zu überarbeiten, um in einem partizipativen Prozess Ideen zu bündeln und die Qualität und Akzeptanz der Richtlinien sicherzustellen. Die Verwaltung hatte geplant, die überarbeiteten Richtlinien dem Jugendhilfeausschuss im Herbst/Winter 2019 zum Beschluss vorzulegen. Leider haben die Mitarbeiterinnen der Kindertagespflege (3 Halbtagsstellen) die Stadt Emmerich im Sommer 2019 verlassen. Aufgrund dieses personellen Engpasses konnte das Tagesgeschäft nur mit großer Anstrengung und Verschiebungen in anderen Bereichen des Jugendamtes aufrechterhalten werden. Die Fortsetzung der Erarbeitung der Richtlinien war dementsprechend nicht möglich.

Es hat ein Stellenbesetzungsverfahren für zwei Vollzeitstellen stattgefunden. Es sind zwei geeignete Bewerberinnen gefunden und ausgewählt worden. Frau Hübers hat ihren Dienst zum 01.11.2019 und Frau Becker zum 01.01.2020 aufgenommen.

Um Zusagen gegenüber den Kindertagespflegepersonen einzuhalten, wurde ab dem 01.01.2020 eine vorläufige Erhöhung des Stundensatzes vorgenommen.

 Geplant war anschließend, die gesamte Förderrichtlinie zu überarbeiten und dem Jugendhilfeausschuss zur Beratung im Sommer 2020 vorzulegen. Durch die Corona-Pandemie war die vorgesehene Beteiligung der Kindertagespflegepersonen nicht in adäquater Weise möglich, weil viele der Kindertagespflegepersonen nicht über geeignete Endgeräte verfügen, die einen digitalen Austausch ermöglicht hätten.

Mit Einführung der Notbetreuung während der Pandemie und den verschiedenen umzusetzenden Fachempfehlungen des MKFFI verzeichnete das Team Tagesbetreuung ein erhöhtes Arbeitsaufkommen durch Beratung von Eltern, Tagespflegepersonen und Kindergärten, so dass eine Weiterentwicklung der Richtlinien in dieser Zeit nicht möglich war.

Da zum 01.08.2020 das neue KiBiz in Kraft getreten ist, welches auch verschiedene Änderungen in der Kindertagespflege beinhaltet, musste eine zeitnahe Umsetzung gewährleistet werden.

Aus diesem Grund legt die Verwaltung hier eine Änderung der Richtlinien vor, die sich ausschließlich auf die Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorschriften beschränkt. Die Planung, die Förderrichtlinie in Gänze neu zu gestalten, bleibt bestehen. Ein entsprechendes Produkt soll dem Jugendhilfeausschuss im ersten Halbjahr 2021 zum Beschluss vorgelegt werden.

 Die hier vorgeschlagenen Änderungen in den Richtlinien ergeben sich allesamt aus dem Gesetz zur Qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung (KiBiz), welches am 29.11.2019 beschlossen wurde und am 01.08.2020 in Kraft getreten ist. Maßgeblich ist hier der § 24, der den Landeszuschuss für Kinder in der Kindertagespflege regelt.

 

 §24 KiBiz

 

Landeszuschuss für Kinder in Kindertagespflege und Verwendungsnachweis

 

(3) Der Landeszuschuss nach Absatz 2 Satz 1 setzt bei Kindern, die außerhalb des Haushalts der Eltern betreut werden, eine Bestätigung des Jugendamtes voraus, dass

 

1. die Kindertagespflegeperson über eine Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 des Achten Buches Sozialgesetzbuch verfügt,

 

2. die Kindertagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich und länger als drei Monate betreuen will,

 

3. die Kindertagespflegeperson mindestens eine Qualifikation im Sinne des § 21 Absatz 1 oder 2 nachweisen kann,

 

4. die Kindertagespflegeperson jährlich Fortbildungsangebote mit mindestens fünf Stunden wahrnimmt,

 

5. für Ausfallzeiten der Kindertagespflegeperson eine gleichermaßen geeignete Betreuung durch transparente Regelung des Jugendamtes sichergestellt wird,

 

6. die laufende Geldleistung nach § 23 Absatz 2 und 2a des Achten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt und jeder Kindertagespflegeperson im Rahmen von § 23 Absatz 2 Nummer 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch für jedes ihr zugeordnete Kind ein Betrag für mindestens eine Stunde pro Betreuungswoche für mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit geleistet wird,

7. die laufende Geldleistung bereits während der Eingewöhnungsphase des Kindes gewährt wird,

 

8. die laufende Geldleistung auf Grundlage des Betreuungsvertrages mit den Eltern und beispielsweise auch bei vorübergehender Krankheit beziehungsweise Abwesenheit des Kindes weitergewährt wird und

 

9. die Höhe der laufenden Geldleistung jährlich angepasst wird.

 

Um weiterhin den Landeszuschuss für jeden Platz in der Kindertagespflege zu erhalten sind die folgenden Veränderungen der Richtlinien notwendig.

 

Ziffer 2.7 Mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit

Für die mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit wird pro Kind pro Woche eine Stunde mit dem Regelstundensatz i.H.v. 5,00 € vergütet.

 

Ziffer 2.8 Jährliche Anpassung der laufenden Geldleistung

Die jeweiligen Stundensätze nach Ziffer 2.2. bis 2.7 erhöhen sich ab dem Kalenderjahr 2021 jährlich jeweils zum 1. August eines Jahres um 0,10 €.

 

Die Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 6 und Punkt 9.

 

Unter der mittelbaren Bildungs- und Betreuungsarbeit ist die Vor- und Nachbereitungszeit zu verstehen, in der die Kindertagespflegepersonen u.a. die Bildungsdokumentation anfertigen, Elterngespräche führen und Angebote vorbereiten. Der Gesetzgeber definiert die Geldleistung entsprechend. Die Höhe der Geldleistung muss jährlich angepasst werden, hier orientiert sich die Verwaltung an der jährlichen Erhöhung der Elternbeiträge um 1,5 %. Aus Gründen der Vereinfachung der Abrechnungen wird eine jährliche Erhöhung um 0,10€ präferiert, um Auf- und Abrundungsvorgänge bei der Abrechnung zu vermeiden.

 

Ziffer 3.2 Kostenbeteiligung an der Qualifizierung und an Fortbildungen

Nach der abgeschlossenen Qualifizierung ist jede Tagespflegeperson dazu verpflichtet, jährlich Fortbildungsangebote im Umfang von mindestens fünf Stunden zu besuchen, die thematisch mit der Kindertagespflege in Zusammenhang stehen. Die Auffrischung der Erste- Hilfe-Kenntnisse fällt nicht darunter und muss zusätzlich absolviert werden.

Für Fortbildungen, die außerhalb der Angebote des Jugendamtes Emmerich wahrgenommen werden, kann auf Antrag jeweils die Hälfte der Kosten erstattet werden, jedoch maximal 100 € im Kalenderjahr, sowie ein zusätzlicher, bezahlter Schließungstag gewährt werden. Die Fortbildung muss im Vorfeld von der Fachberatung anerkannt werden. Ein entsprechender Zahlungsbeleg und eine Teilnahmebescheinigung sind als Nachweise einzureichen.

 

Ziffer 4.2 Ausfallzeiten (Schließungstage) Kindertagespflegeperson

Bei Unterbrechung der Betreuungszeiten durch Urlaub (25 Tage pro Kalenderjahr, ausgehend von einer 5 Tage Woche) und Krankheit (10 Tage pro Kalenderjahr) der Tagespflegeperson wird die monatliche Geldleistung/Pauschale weitergezahlt, zusätzlich für einen Schließungstag zwecks der Teilnahme an Fortbildungen wie in 3.2. beschrieben.

 

Die Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 4.

 

Der Gesetzgeber misst der Qualifizierung und Fortbildung der Kindertagespflegepersonen eine zunehmende Bedeutung bei. Die Fachberatung des Jugendamtes organisiert regelmäßig mindestens eine Fortbildung im Jahr zur alltagsintegrierten Sprachförderung, die entsprechend vom Land gefördert wird und für die Kindertagespflegepersonen kostenlos ist. Darüber hinaus besteht für die Kindertagespflegepersonen die Möglichkeit an Fachvorträgen und Veranstaltung im Rahmen von pro Kids und lokalen Netzwerken teilzunehmen. Ca. 30% der Kindertagespflegepersonen nehmen dieses Angebot wahr.

Zur Qualitätssteigerung soll hier ein Anreiz geschaffen werden, über den Tellerrand zu schauen, das eigene Profil zu schärfen und proaktiv geeignete Fortbildungen zu suchen und zu besuchen. In Anlehnung an die Praxis anderer Jugendämter soll diese Möglichkeit auch den Emmericher Kindertagespflegepersonen eröffnet werden.

 

Ziffer 4.3 Vertretungsregelung

Im Interesse des Kindeswohls sollten Tagespflegeperson und Eltern Urlaub und anderweitig abzusehende Ausfallzeiten in der Betreuung rechtzeitig miteinander abstimmen, um Anlässe zur Ersatzbetreuung gering zu halten.

Eine Betreuung, die während der geplanten Schließungszeiten der Kindertagespflegestelle nicht durch Eltern und/oder Familie aufgefangen werden kann, ist vorrangig durch die Tagespflegeperson anhand einer Vertretung bei einer anderen anerkannten Tagespflegeperson zu organisieren und sicher zu stellen. In diesen Fällen erfolgen keine Kürzungen der pauschalierten Förderleistung und keine Zusatzleistungen an die Vertretung. Das Vertretungssystem sollte so organisiert sein, dass ein Ausgleich der Vertretungszeiten untereinander gegeben ist. In begründeten Einzelfällen kann eine abweichende Regelung und Organisation durch das Jugendamt Emmerich am Rhein vorgenommen werden.

Im Krankheitsfall der Tagespflegeperson übernimmt die Fachberatung des Jugendamtes die Organisation der Vertretung. Der mögliche Vertretungsbedarf ist von den Eltern bei der Anmeldung anzugeben. Die vertretende Tagespflegeperson erhält in diesen Fällen zusätzlich die entsprechende Förderleistung für das Tageskind. An die erkrankte Tagespflegeperson werden die Leistungen 10 Tage weitergezahlt. Siehe 4.2.

 

Die Veränderungen ergeben sich aus § 24 KiBiz Punkt 5.

 

Jede Vertretungssituation in der Kindertagespflege bedeutet für unter dreijährige Kinder einen Wechsel der Bezugsperson. Bei kurzzeitigem Vertretungsbedarf ist daher abzuwägen, ob dem Kind dieser Wechsel zugemutet werden soll. Diesen Standpunkt vertritt auch eine Vielzahl der Erziehungsberechtigten und organisiert den Ausfall einer Kindertagespflegeperson bis zu 5 Tagen meist selbstständig. Im angestrebten Vertretungsmodell wollen wir uns auf die Familien konzentrieren, die keine tragfähigen Netzwerke besitzen und bei Ausfall der Tagespflegeperson sofortige Vertretung benötigen. Dieser Bedarf wird bereits bei der Anmeldung zur Kindertagespflege abgefragt werden.

Einige der Tagespflegepersonen belegen nicht durchgängig die fünf möglichen Plätze sind aber oft bereit, für eine Vertretungssituation ein weiteres Kind aufzunehmen. Ebenfalls ergeben sich kurzfristig freie Kapazitäten durch Urlaub oder Krankheit eines anderen Kindes. Durch den guten Kontakt der Fachberatung zu den Tagespflegepersonen und Familien war es in der nahen Vergangenheit stets möglich, eine tragfähige Lösung zu finden. Für die umfangreiche Überarbeitung der Richtlinien bis Sommer 2021 wird ein Vertretungskonzept mit festen Vertretungsplätzen favorisiert. Dies soll mit den tätigen Kindertagespflegepersonen erarbeitet werden.

 

Ziffer 6 Inkrafttreten

Die Richtlinien vom 01.08.2015 treten zum 31.07.2020 außer Kraft.

Diese Richtlinien treten am 01.08.2020 in Kraft.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist im Haushalt 2020 vorgesehen. Produkt 1.100.06.01.01

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister