Betreff
Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung in Emmerich am Rhein
Vorlage
04 - 17 0151/2021
Art
Verwaltungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag

 

I.                Der Jugendhilfeausschuss beschließt die Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung für die Zielgruppe 14 bis 21 Jahre..  

II.                Der Jugendhilfeausschuss beschließt, dass das vorgestellte Konzept für die zweite Jugendeinrichtung umzusetzen ist.

III.                Der Jugendhilfeausschuss beschließt, die Räumlichkeit „früheres Terrasana“ (Hinter dem Schinken 1 in Emmerich) für die zweite Jugendeinrichtung anzumieten.

 

Sachdarstellung :

 

 

Zu I.:

Seit 2017 werden in Emmerich am Rhein verstärkt mehr Beteiligungsformate für Jugendliche und junge Erwachsene angeboten. Dazu zählten unter anderem eine große „Fish-Bowl“ Veranstaltung, mehrere „Jugend trifft Verwaltung“ und „Jugend trifft Politik“ Veranstaltungen sowie zuletzt eine Online-Befragung der Kinder und Jugendlichen zwischen 6-21 Jahren.

Bei der Online-Befragung wurden für drei Altersgruppen (6-10 Jahre, 11-15 Jahre, 16-21 Jahre) Fragebögen angefertigt, sodass eine differenziertere Befragung möglich war.

Ziel der verschiedenen Beteiligungsformate war nicht nur die Wünsche und Bedarfe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen festzustellen, sondern die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aktiv miteinzubeziehen und auch zu prüfen, welche Anregungen umgesetzt werden können. Weiterhin ist es auch erforderlich nicht nur den subjektiven, sondern auch den grundsätzlichen Bedarf einer Veränderung festzustellen.

Seit 2017 wird seitens der Jugendlichen und jungen Erwachsen immer wieder auf verschiedenen Kommunikationswegen mitgeteilt, dass ihrerseits der Wunsch besteht, die offene Kinder- und Jugendarbeit in Emmerich auszuweiten und wünschen sich dies durch eine zweite Jugendeinrichtung für ältere Jugendliche und junge Erwachsene umzusetzen. Bei der Veranstaltung „Jugend trifft Politik“ wurde den Jugendlichen seitens der anwesenden Politiker der Eindruck vermittelt, dass dieser Wunsch grundsätzlich umsetzbar sein könnte.

Seit 2018 wurden immer wieder von der Politik Prüfanträge gestellt, die diesen Eindruck verstärkten.

Bis Mitte 2020 wurden auch bereits verschiedene Prüfaufträge von der Politik beschlossen:

 

-die Räumlichkeiten des Kellers im PAN zu prüfen

-die Räumlichkeit „altes Kino“ zu prüfen

-die Räumlichkeit „alte Rheinfähre“ zu prüfen

 

Weiterhin wurde im Jahre 2020 auch beschlossen, dass die Trägerschaft der zweiten Einrichtung kommunal verankert wird.

Jedoch liegt bis zum heutigen Datum kein Grundsatzbeschluss über die Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung vor, sowie auch kein Beschluss über das umzusetzende Konzept.

 

In Emmerich am Rhein lebten zum Stichtag 31.12.2019 insgesamt 2.243 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14-20 Jahren.

Die offene Kinder- und Jugendarbeit beschränkt sich aktuell auf den Standort Jugendcafé am Brink. Frühere Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit, die bspw. durch kirchliche Verbände bestanden, sind heute kaum noch vorhanden, sodass eine einzige Jugendeinrichtung, die dazu noch an einer Schule verortet ist, dem Bedarf von 2.243 Jugendlichen und jungen Erwachsenen gerecht werden muss. Doch trotz Erhöhung des Personals oder konzeptionellen Veränderungen im Hinblick auf Angebote in den letzten Jahren reicht dies nicht für die Anzahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus.

Betrachtet man ähnliche infrastrukturelle Städte mit einer ähnlichen Gewichtung der Gesamtbevölkerung und Anzahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, so stellt man beispielsweise in einer anderen Kreisstadt (Stadt Geldern) fest, dass dort bereits ein Konzept der offenen Kinder- und Jugendarbeit gelebt wird, welches die Verwaltung auch größtenteils anstrebt:

Dort lebten 2.436 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14-20 Jahren (ebenfalls Stand 31.12.2019) und es werden insgesamt zwei Jugendeinrichtungen betrieben. Eine Einrichtung (St. Barbara) für die Zielgruppe 10-14 Jahre, welche mit dem Jugendcafé am Brink vergleichbar wäre und eine zweite Jugendeinrichtung (Check-Point) für die Zielgruppe 14-21 Jahren.

Betrachtet man unter diesen Aspekten die Stadt Kleve, so stellt man fest, dass dort bei einer höheren Einwohnerzahl zwar deutlich mehr Jugendliche zwischen 14-21 Jahren) lebten als in Emmerich am Rhein (insgesamt 3.680 zum Stand 31.12.2020), dafür aber insgesamt 9 Einrichtungen Angebote für die offene Kinder- und Jugendarbeit bereitstellen.

Auch wenn man über den Kreis hinausblickt, stellt man bei ähnlich infrastrukturellen und bei ähnlichen Bevölkerungsdichte anderer Städte (Beispiel Stadt Tönisvorst) fest, dass dort wie in der Stadt Geldern i.d.R. min. 2 Jugendeinrichtungen angesiedelt sind.

Somit lässt sich für die Verwaltung feststellen, dass eine zweite Jugendeinrichtung nicht nur den Wünschen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen entsprechen würde, sondern auch der tatsächliche Bedarf für eine zweite Jugendeinrichtung gegeben ist.

 

Zu II.:

Anliegend befindet sich das Konzept zur 2. Einrichtung.

Beim Konzept für die zweite Jugendeinrichtung wurden zwei wichtige Elemente berücksichtigt: Partizipation und die Schaffung eines Freizeittreffpunktes für Jugendliche und junge Erwachsene.

Für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es wichtig, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen dies im Rahmen der Partizipation mitgestalten und miterrichten können.

Deswegen ist das Konzept für die zweite Jugendeinrichtung als Partizipationskonzept ausgerichtet, sodass bei der Umsetzung des Konzeptes die Beteiligung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Vordergrund steht und bei jedem Teil des Konzeptes berücksichtigt werden kann.

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen mit der Einrichtungsleitung eine Jugendeinrichtung errichten, die sie als Freizeittreff ansehen und ihre Rückzugsmöglichkeit erhalten, sowie auch durch pädagogische Angebote die Kompetenzen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen gefördert werden können.

Die anberaumte Örtlichkeit lässt die Möglichkeit zu, dass die Jugendeinrichtung als Café ausgestaltet wird und von Jugendlichen für Jugendliche auch Getränke oder kleine Snacks angeboten werden können. Dies ist aber abhängig von der Mitwirkung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Für die Jugendeinrichtung ist eine Vollzeitstelle als Sozialpädagog*in wie auch ein(e) Bundesfreiwilligendienstleistende(r) geplant. Die Stelle der Einrichtungsleitung soll mit der Stelle aufsuchende Arbeit kombiniert werden, sodass die aufsuchende Arbeit an die zweite Jugendeinrichtung angedockt wird und eine Flexibilität bei beiden Angeboten gegeben ist.

Den Grundgedanken, dass die aufsuchende Arbeit an eine Jugendeinrichtung angedockt wird, war bereits Bestandteil des Konzeptes der aufsuchenden Arbeit.

Durch die Kombination der Einrichtungsleitung und der aufsuchenden Arbeit wird zugleich die Hemmschwelle für den Besuch der Einrichtung gemindert und Jugendliche erleben keinen Beziehungsabbruch, wenn sie durch die aufsuchende Arbeit an das Angebot der Jugendeinrichtung herangeführt werden.

Bei der Planung der Öffnungszeiten (15-21 Uhr) sind sowohl die Wünsche der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die örtlichen Gegebenheiten sowie auch Vergleichswerte aus anderen Städten berücksichtigt worden.

In der Online-Befragung, die vor allem für den Kinder- und Jugendförderplan durchgeführt wurde, haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen (11-21 Jahren) angegeben, dass sie am ehesten zwischen 16-18 Uhr Zeit in der Jugendeinrichtung verbringen würden. Aufgrund der örtlichen Gegebenheit und der nächtlichen Ruhezeiten, wird eine Schließung der Einrichtung um 21 Uhr angestrebt, sodass bis 22 Uhr auch noch ausreichend Zeit für Aufräumarbeiten etc. zur Verfügung steht. 

Durch die Errichtung einer zweiten Jugendeinrichtung sollen in erster Linie die allgemeinen Ziele und Aufgaben einer Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit verfolgt werden, die durch den §11 SGB VIII vorgegeben sind. Für die Verwaltung steht jedoch der Partizipationsgedanke im Vordergrund, sodass dadurch auch die Ziele, die mit einer zweiten Jugendeinrichtung erreicht werden sollen, andere Schwerpunkte setzen.

So soll das langfristige Ziel die Partizipation der Jugendliche und jungen Erwachsenen sein, sowie auch ein langfristiger Standort für die Jugendeinrichtung. Zusätzlich soll die Förderung und Unterstützung einer gleichberechtigen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben langfristig erreicht werden.

Die mittelfristigen Ziele sind, dass Beteiligungsgremien auch für Jugendliche geöffnet werden, dies kann bspw. durch eine Heranführung an die Einwohnersprechstunde der jeweiligen Ausschüsse sein, sowie auch, dass die Jugendlichen andere Möglichkeiten kennen lernen, sich auch außerhalb der Einrichtung für ihre Interessen einzusetzen. Weiterhin möchte die Verwaltung mittelfristig die Beteiligung von Jugendlichen auch in der Einrichtung soweit verstärken, dass beispielsweise der Café-Bereich von den Jugendlichen eigenständig organisiert wird, wozu bspw. das Einkaufen, Planen der Getränke und Snacks gehören würde.

Kurzfristig steht die Schaffung von Angeboten mit Jugendlichen für Jugendliche im Vordergrund, was durch die zweite Jugendeinrichtung ermöglicht werden kann.

Die Angebote sollen die Interessen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wiederspiegeln, sodass auch hier der Partizipationsgedanke im Vordergrund steht. So sollen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit der Einrichtungsleitung die Angebote planen und mit den Jugendlichen auch durchführen. Mögliche Angebote können dabei Kochangebote, Sportangebote, Bewerbungsunterstützung und flexible Info-Veranstaltungen zu Themen, die für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aktuell sind. Möglich wären hier Themen wie Cyber-Mobbing, Schulden, Übergang Schule-Beruf oder auch Tipps und Tricks für die Erstellung von Videos etc.

Weiterhin soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass dort auch Sozialstunden abgeleistet werden können. So können auch straffällig gewordene Jugendliche durch die verpflichtenden Sozialstunden langsam an die Jugendeinrichtung herangeführt werden und lernen so auch die Angebote wie auch die Mitarbeiter*innen kennen. Bei einer guten Beziehungsarbeit kann so das Interesse geweckt werden auch ohne die verpflichtenden Sozialstunden den Kontakt weiterhin zur Einrichtung zu suchen oder sich dort bestenfalls auch weiterhin zu engagieren. In der Nachbarstadt Kleve wird dies auch bereits umgesetzt.

Ein weiteres Element der Angebote sollen verschiedene Veranstaltungen sein. Beim Jugendcafé am Brink konnte bereits festgestellt werden, dass durch Veranstaltung oft eine breite Masse an Jugendlichen angesprochen werden kann und so auch Jugendliche eine Einrichtung angebotsbezogen kennen lernen können, für die der Weg zur Einrichtung noch zu große Hemmnisse barg.

Mögliche Veranstaltungen könnten ein Poetry-Slam-Abend sein, Lesungen, kleinere Unplugged-Konzerte, oder auch genderbezogene Veranstaltungen wie Mädchenflohmarkt, themenbezogene Filmabende usw.

 

Zu III.:

Als Örtlichkeit wurde bisher das frühere Terrasana als mögliche Räumlichkeit für die zweite Jugendeinrichtung als passend befunden. Durch den großen Aufenthaltsraum (165,14m²) kann die Räumlichkeit sowohl für einen normalen Tagesbetrieb genutzt werden und zugleich ermöglicht der große Aufenthaltsraum auch die Durchführung von Veranstaltungen. Die Inneneinrichtung der Jugendeinrichtung soll mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gemeinsam ausgesucht werden, dafür ist ein Budget von ca. 52.000€ eingeplant. Gleichzeitig sollen Jugendliche und junge Erwachsene dadurch im Hinblick auf spätere Verselbstständigung an den richtigen Umgang mit Geld herangeführt werden. Für die Verwaltung wäre es eine Möglichkeit den Aufenthaltsraum wie ein Café auszustatten und auch eine Theke mit Kühlmöglichkeiten einzubauen. Der hintere Bereich des Aufenthaltsraumes könnte für kleinere Indoor-Aktivitäten wie Kicker oder Billard genutzt werden, auch wäre es möglich den Raum durch mobile Trennelemente zu unterteilen.

 

Auch soll in der Einrichtung ein Büro eingerichtet werden, da dies bereits im aktuellen Grundriss auch vorgesehen ist, wären dafür nur geringe bauliche Veränderungen notwendig. 

Das Terrasana bietet nicht nur optimale räumliche Möglichkeiten, sondern liegt sehr zentral in der Innenstadt und in nur 200m Entfernung zum Rheinpark. So könnten auch größere Sport-Events oder auch Outdoor-Angebote in unmittelbarer Nähe durchgeführt werden.

Weitere Einzelheiten werden in der Sitzung im Rahmen einer Präsentation vorgestellt.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Mittel wurden unter Produkt 1.100.06.04.01 mit Sperrvermerk eingeplant

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 4.3

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister