Betreff
Virtueller Gewerbeflächenpool im Kreis Kleve,
hier: Abschluss eines landesplanerischen Vertrages zur Einführung einer regionalplanerischen
Mengensteuerung der Siedlungsflächenentwicklung
Vorlage
05 - 15 0046/2009
Art
Antrag

Beschlussvorschlag :

Der Rat beschließt, dem beiliegenden Vertragsentwurf als öffentlich-rechtlichem landesplanerischem Vertrag zur Entwicklung und zur Realisierung des „Virtuellen Gewerbeflächenpools“ im Sinne eines Modells der regionalplanerischen Mengensteuerung der Siedlungsflächenentwicklung im Kreis Kleve zuzustimmen.

Sachdarstellung :

Ein wichtiges Ziel unserer Zeit ist die Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Zuge der Globalisierung ist jede Gemeinde gut beraten, sich hierbei im Kontext einer Region gemeinschaftlich mit anderen Kommunen dieser Aufgabe zu stellen, um letztlich auch von den Synergieeffekten, die eine prosperierende Gesamtregion im Wettbewerb mit anderen Regionen allen Einzelgemeinden bringt, zu profitieren. Auf Initiative des Gocher Bürgermeisters im Jahre 2007 wurde in der Konferenz der Bürgermeister und des Landrates im Kreis Kleve eine gemeinschaftliche Vorgehensweise aller Kreisgemeinden zu dieser Thematik angestoßen.

 

Für die Realisierung neuer Arbeitsplätze ist u.a. ein entsprechendes Angebot an verfügbaren Gewerbeflächen zur Ansiedlung von Betrieben notwendig. Die Entwicklung zusätzlicher Gewerbeflächen im Kreis Kleve hat den landesplanerischen Vorgaben im Regionalplan des Regierungsbezirkes Düsseldorf (Gebietsentwicklungsplan, GEP 99) zu folgen. Die derzeitigen GEP-Darstellungen entsprechender Gewerbe- und Industriebereiche (GIB) in den einzelnen Gemeindegebieten sichert im Prinzip eine bedarfsgerechte planungsrechtliche Vorbereitung solcher Flächen für das gesamte Kreisgebiet. Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren hat jedoch gezeigt, dass das Angebot an Gewerbeflächen seit der Aufstellung des GEP in den kreisangehörigen Gemeinden unterschiedlich angenommen worden ist. Damit ist eine Situation entstanden, bei der in einigen Städten und Gemeinden nach wie vor große planungsrechtliche Reserven zur Verfügung stehen, während diese in anderen Gemeinden nahezu verbraucht sind mit der Folge, dass ansiedlungswillige Firmen, die ihren Wunschstandort nicht verwirklichen können, sich häufig anderweitig ansiedeln und damit unwiderruflich für die Region verloren sind.

 

Um solchen Vorkommnissen zukünftig entgegen zu wirken, wurde von dem durch die Bürgermeisterkonferenz eingesetzten Arbeitskreis das Modell eines virtuellen Gewerbeflächenpools entwickelt. In diesem Arbeitskreis haben Vertreter des Wirtschaftsministeriums, des Umweltministeriums und des Bauministeriums des Landes Nordrhein Westfalen, der Bezirksregierung Düsseldorf, des Kreises Kleve, der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve sowie kreisangehöriger Städte und Gemeinden zusammengearbeitet. Das Projekt wurde gutachtlich durch Prof. Dr. Stefan Greiving, Dortmund, und Prof. Dr. Carl-Heinz David, Münster, begleitet.

 

Der Gewerbeflächenpool fasst die Gewerbeflächen mehrerer Gemeinden zusammen und steuert deren Entwicklung und Vermarktung. Dies führt zu einer Reduzierung der Standortkonkurrenz und zu einer Verbesserung des quantitativen und qualitativen Gewerbeflächenangebotes. Die Attraktivität des regionalen Wirtschaftsstandortes wird dadurch erhöht, dass insgesamt ein breiteres Angebot an Gewerbeflächen für unterschiedliche gewerbliche Belange vorgehalten werden kann, was die einzelnen Gemeinden für sich planungsrechtlich nicht leisten können.

 

Zur Einrichtung eines solches Pools ist es vorgesehen, das von der Raumplanung vorgegebene Gewerbeflächenentwicklungspotential im Kreis Kleve künftig nicht mehr durch Flächendarstellungen im GEP für die einzelnen Gemeinden zu reglementieren. Stattdessen soll eine Mengensteuerung an Flächenzuweisung durch ein neues textliches Ziel im Regionalplan stattfinden. Hierzu wird für das gesamte Kreisgebiet ein Flächenkonto eingerichtet. Im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesamtregion werden die Gemeinden durch Inanspruchnahme von Anteilen an dem virtuellen Kontoguthaben in die Lage versetzt, Gewerbeflächen nach Maßgabe des Poolkonzeptes dort entwickeln zu können, wo die tatsächliche Nachfrage auftritt. Damit soll den Kommunen ein flexiblerer Handlungsspielraum für eine Gewerbeflächenentwicklung eingeräumt werden, der unabhängig davon ist, ob die entsprechenden Flächen bislang im GEP als GIB-Flächen dargestellt waren. Von einer Gewerbeflächenentwicklung ausgeschlossen sind allerdings die so genannten Restriktionsräume, die im Wesentlichen dem Schutz und der Berücksichtung von Natur und Landschaft oder dem Gewässer- und Grundwasserschutz dienen wie festgesetzte Natur- und Landschaftsschutzgebiete, FFH- und Vogelschutzgebiete, Überschwemmungsbereiche und Wasserschutzgebiete oder sich aus der Darstellung zweckgebundener Nutzungen im GEP ergeben.

 

Die Verteilung restriktionsfreier Räume im Kreisgebiet ist sehr unterschiedlich. Einerseits gibt es Kommunen, in denen ein relativ großer Flächenanteil keinen Restriktionen unterworfen ist. Daneben gibt es aber auch Gemeinden, deren Siedlungsbereiche großflächig von Restriktionsflächen eingefasst sind. Zu diesen Gemeinden mit einer eingeschränkten Gebietskulisse und einem geringen Handlungsspielraum für eine Gewerbeflächenentwicklung gehört auch die Stadt Emmerich am Rhein. Insofern wird Emmerich den sich aus dem Gewerbeflächenpool ergebenden Vorteil eines flexibleren Gewerbeflächenangebotes nur begrenzt wahrnehmen können, da sich dieses infolge des sehr geringen Umfanges restriktionsfreier Freiräume im Prinzip nur innerhalb der bisherigen landesplanerischen Vorgaben der GIB-Flächendarstellungen ermöglichen lässt.

 

Der Gewerbeflächenpool für den Kreis Kleve soll als Flächenkonto verwaltungsmäßig im Rahmen des regionalplanerischen Siedlungsflächenmonitorings durch die Bezirksplanungsbehörde bei der Bezirksregierung Düsseldorf geführt werden. Die Gemeinden verpflichten sich durch einen landesplanerischen Vertrag, das Konto mit ihren derzeit nicht genutzten Gewerbeentwicklungsflächen aufzufüllen. Besagter Vertrag ist Grundvoraussetzung für die zum Zustandekommen des Gewerbeflächenpools erforderliche Änderung des Regionalplanes, wobei zur Gewährleistung einer hinreichenden Größe für den „Virtuellen Gewerbeflächenpool“ die interkommunale Zusammenarbeit aller Kreisgemeinden als erforderlich erachtet wird. Das Verfahren zur 69. Änderung des Regionalplanes soll nach Abschluss des landesplanerischen Vertrages mit den Gemeinden voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres im Regionalrat förmlich eingeleitet werden, wobei das Scoopingverfahren bereits vorab angelaufen ist.

 

Das vorgesehene Flächenkonto für den Gesamtkreis startet mit voraussichtlich rd. 250 ha, die zunächst als Obergrenze für verfügbare Flächenreserven einzuhalten ist. Bei der Einstellung der Reserveflächen durch die einzelnen Gemeinden kommen folgende Flächenkategorien in Betracht:

 

  1. Flächen, die bisher nur im Regionalplan als Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) oder als Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) dargestellt sind.
  2. Flächen, die im Regionalplan als GIB- oder ASB-Bereiche dargestellt und im Flächennutzungsplan planungsrechtlich gesichert sind.
  3. Flächen, die im Regionalplan als GIB- oder ASB-Bereiche dargestellt sind, die zusätzlich im Flächennutzungsplan planungsrechtlich gesichert sind und für die ein Bebauungsplan besteht.

Diese Flächen sind jedoch nicht erschlossen oder im kommunalen Besitz.

  1. Flächen der Kategorie 3, die jedoch bereits erschlossen sind und/oder sich im kommunalen Besitz befinden.

 

Unter Anwendung dieser Auswahlkriterien stünden für den Stadtbereich von Emmerich am Rhein zunächst 11 Flächen der Kategorie 2 als anzumeldenden Reserveflächen zur Disposition, von denen nach Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf aber zusätzlich noch die Flächen von einer Einbuchung herausgenommen werden, die in bislang noch nicht abgeschlossene Bebauungsplanaufstellungsverfahren einbezogen sind. Danach kommen nur noch folgende 3 Reserveflächen in Betracht, die zur Einbuchung in das Konto gemeldet werden sollen:

 

Gewerbefläche Nr. 143,          Lage: Vrasselt, Reeser Straße, 3,00 ha

Gewerbefläche Nr. 65,            Lage: Vrasselt, Reeser Straße, 2,30 ha

Gewerbefläche Nr. 24,            Lage: Klein-Netterden, Netterdensche Straße, 1,10 ha.

 

Die Lagen der bezeichneten Flächen sind in den beigefügten Planausschnitten gekennzeichnet. In der Summe ergibt sich damit eine Einbuchung durch die Stadt Emmerich am Rhein von 6,4 ha.

 

Mit der Einrichtung des Gewerbeflächenpools durch das Inkrafttreten der betreffenden Änderung des Regionalplanes können durch die Gemeinden unter der Voraussetzung, dass sie ihre Flächennutzungspläne durch entsprechende Änderung der geänderten Rechtslage angepasst haben, im Bedarfsfall Einzelabbuchungen vom Flächenkonto jeweils bis zu 10 ha nach Maßgabe des landesplanerischen Vertrages im Rahmen eines so genannten „beschleunigten Verfahrens" vorgenommen werden. Entnahmen über 10 ha sind im Rahmen einer landesplanerischen Anpassung als zweistufiges Regelverfahren nach § 32 des Landesplanungsgesetzes jedoch ebenfalls möglich. Zur Entwicklung der aus dem Pool in Anspruch genommenen Flächenmenge muss die Gemeinde dann wiederum ein Planungsrecht durch entsprechende GE-Flächendarstellung im Flächennutzungsplan und einen daraus zu entwickelnden Bebauungsplan schaffen.

 

Um den Flächenpool funktionsfähig zu halten, sieht der landesplanerische Vertrag einen Schwellenwert vor, bei dessen Unterschreiten die Bezirksplanungsbehörde verpflichtet ist, zur Wiederauffüllung des Kontos einen entsprechenden Beschluss des Regionalrates herbeizuführen. Dieser Schwellenwert ist dynamisiert. Er beträgt das Doppelte des durchschnittlichen Jahresverbrauchs der letzten 10 Jahre und entspricht gegenwärtig 60 ha.

 

Der Vertrag wird mit einer Geltungsdauer von 5 Jahren abgeschlossen. Die Bezirksplanungsbehörde wird nach 4 Jahren eine Überprüfung durchführen und auf der Grundlage des Ergebnisses dem Regionalrat empfehlen, ob das Ziel weitergeführt werden oder auslaufen soll. Ein erstmaliges Kündigungsrecht sieht der Vertrag zum Ablauf der 5-Jahresfrist vor. Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht, wenn die Beschlussfassung zur Einführung des neuen landesplanerischen Zieles in den Regionalplan nicht innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsunterzeichnung eingeleitet ist. In dem Fall bleiben dann auch die oben angeführten Planungsrechte erhalten.

 

Während die Zustimmung zum landesplanerischen Vertrag in einigen Kreisgemeinden bereits Anfang dieses Jahres durch entsprechenden Ratsbeschluss erteilt wurde, wurde diese Entscheidung in anderen Gemeinden wie der Stadt Emmerich am Rhein auf die nach Kommunalwahl neu zuständigen Gremien verlagert. In diesen Fällen sollen die erforderlichen Beschlüsse nunmehr möglichst umgehend gefasst werden, um die Einrichtung des Gewerbeflächenpools auf den Weg zu bringen.

 

Auf den ersten Blick scheint die Stadt Emmerich am Rhein durch den geplanten Gewerbeflächenpool im Vergleich zu anderen Kreisgemeinden keine wesentlichen Vorteile zu erlangen, da die Gewerbeflächenentwicklungsmöglichkeit im Außenbereich infolge der umfangreichen naturschutzrechtlichen Restriktionen auf Bereiche einschränkt ist, die nahezu deckungsgleich mit den bisherigen GEP-Darstellungen für Flächen gewerblicher und industrieller Nutzung (GIB) sind. Unmittelbare Nachteile entstehen ihr ebenfalls nicht, da der bestehende Rahmen, innerhalb dessen die Stadt Emmerich am Rhein ihre Gewerbeflächen ohne weitere landesplanerische Abstimmung entwickeln kann, bei der vorgenannten geringen Flächenanmeldung nur wenig berührt wird. Im Sinne einer Stärkung der Gesamtregion ist die Stadt Emmerich am Rhein aber dennoch wohl beraten sich an dem Modell zu beteiligen.

 

Des Weiteren besteht im Falle des Nachweises eines anstehenden Bedarfes an der Entwicklung zusätzlicher über die bestehenden Flächenreserven hinaus gehender gewerblicher Flächen für die Stadt Emmerich am Rhein natürlich die Möglichkeit, jetzige Restriktionen, und zwar insbesondere sich allein aus der GEP-Darstellung ergebende Restriktionen durch separate GEP-Änderungen teilweise aufzuheben und damit die Entwicklungsspielräume auch in Hinblick auf die Vorteile des Gewerbeflächenpools zu erweitern.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Ggf. fallen Kosten für Gutachten in den FNP-Änderungsverfahren an, die derzeit nicht

bezifferbar sind.

 

 

Leitbild:

 

Wird im Leitbild behandelt unter Kapitel 2, Ziel 1.

 

 

In Vertretung

 

 

 

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             Dr. Wachs

       Erster Beigeordneter