Betrachtung zur Ansiedlung eines größeren Einzelhandelsbausteins auf dem Neumarkt,
hier: 1) Bericht zur Bürgerinformation
2) Beschluss zur Konzeption Neumarkt
Beschlussvorschlag
Zu 1)
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein nimmt den Bericht zur
Bürgerinformation zur Kenntnis.
Zu 2)
Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein beschließt die Planung
der WELASA/Schoofs-Gruppe als städtebauliches Grundkonzept für die Entwicklung
des Neumarktes.
Weiterhin beschließt der Rat der Stadt Emmerich am Rhein,
auf Basis des Konzeptes der WELASA/Schoofs-Gruppe ein
Bebauungsplanaufstellungsverfahren als Grundlage für die Umsetzung der Planung
durchzuführen.
Sachdarstellung :
Zu 1)
Nach Freigabe der Konzepte Neumarkt durch Beschluss des
Ausschusses für Stadtentwicklung am 15.02.2011 hat am 23.02.2011 im PAN
Kunstforum Niederrhein eine Bürgerinformation stattgefunden, zu der zahlreiche
Bürger erschienen.
Im Rahmen dieser Bürgerinformation wurde von Investorenseite
nur noch das WELASA/Schoofs-Konzept für den Neumarkt vorgestellt, da am
22.02.2011 die ITG aus Düsseldorf ihr Konzept zur Entwicklung des Neumarktes
zurückgezogen hatte.
Folgende Inhalte wurden im Rahmen der Informationsveranstaltung
präsentiert (s. auch Anlagen):
-
Einleitung und grundlegende
Erläuterungen zu dem Stadtentwicklungsprojekt „Umgestaltung des Neumarktes“
-
Erläuterungen zu Zielen, zum
städtebaulichem Konzept und zum Zeitplan der WELASA/Schoofs-Gruppe
-
Fachliche Stellungnahme der Industrie-
und Handelskammer Duisburg zu den Konzepten Neumarkt
-
Einzelhandelskonzept und
Konzeptbewertung Neumarkt durch das Planungsbüro Junker & Kruse
-
Fragen und Anregungen der Bürger
Ein wesentliches Ergebnis der Bürgerinformation, welches in
mehreren Wortbeiträgen von Seiten der Bürgerschaft zum Ausdruck gebracht wurde,
ist die Notwendigkeit zur Realisierung eines oder mehrerer Durchstiche zur
Kaßstraße, um den auf dem Neumarkt geplanten neuen Baukörper mit Einzelhandels-
und Wohnnutzungen optimal an die bestehende Fußgängerzone Kaßstraße anzubinden.
Ablauf und weitere Ergebnisse der Bürgerinformation sind der
in der Anlage beigefügten Niederschrift zu entnehmen.
Zu 2)
Die Stadt Emmerich am Rhein hat das Planungsbüro Junker
& Kruse aus Dortmund mit der fachlichen Bewertung der Konzepte zur
Reaktivierung des Neumarktes in Emmerich am Rhein beauftragt.
Folgende abschließende Einordnung der vorliegenden Konzepte
wird durch das Planungsbüro Junker & Kruse – Stand Februar 2011 –
vorgenommen:
I. Verfahren
Für den Neumarkt lagen von Seiten zweier Investoren
Entwicklungskonzepte vor, welche im Rahmen einer vertiefenden Analyse durch das
Planungsbüro Junker & Kruse einer Bewertung unterzogen wurden.
Die Konzeptentwicklung wurde durch die Verwaltung und das
beauftragte Büro Junker & Kruse seit Herbst 2010 begleitet. In einer Reihe
von Arbeitsgesprächen zwischen dem Gutachter/der Stadt und den beiden
Entwicklern im Zeitraum Oktober 2010 bis Februar 2011 ging es vor allem darum, die
Vorstellungen der Stadt Emmerich am Rhein zu verdeutlichen und
Optimierungsmöglichkeiten an den Konzepten auszuloten.
II. Räumlich-funktionale Struktur des
Hauptgeschäftsbereichs Innenstadt
Der Hauptgeschäftsbereich der Emmericher Innenstadt
erstreckt sich L-förmig vom Kleinen Löwen bis zum Geistmarkt, im Wesentlichen
über die Kaßstraße und die Steinstraße. Ergänzt wird und eine gewisse räumliche
Tiefe erhält diese Struktur durch das zentral gelegene, inzwischen gut
integrierte Rhein-Center. Insgesamt misst er eine Länge von über 900 m und ist
damit sehr lang gestreckt.
Die 1a-Lage des Hauptgeschäftsbereiches ist in der
Kaßstraße, etwa zwischen Franz-Wolters-Platz und Kirchstraße zu finden. In der
Steinstraße ist der Einzelhandel bereits deutlich schwächer vertreten. Das
Gelenk dieser Einkaufsstraßen wird durch die Straßen bzw. Plätze Alter Markt,
Fischerort, Kirchstraße und Christoffelstraße gebildet. Obwohl diesem Bereich
eine große Verteilerfunktion zukommt, ist hier, im Gegensatz zu den anderen
Straßen, keine klare Wegeführung gegeben. Auch der Einzelhandel verteilt sich
in diesem Abschnitt des Hauptgeschäftsbereichs eher dispers.
Der Vorhabenstandort liegt in unmittelbarer Nähe dieses
Gelenks und beeinflusst daher auch die zukünftigen Perspektiven der Kaßstraße,
vor allem aber der Steinstraße.
III. Zielvorstellungen der Stadt
In den vorliegenden Konzepten der Stadt Emmerich am Rhein
werden zur Entwicklung der Innenstadt seit dem Jahr 2000 folgende Ziele
formuliert:
Das Leitbild der Stadt Emmerich am Rhein aus dem Jahr 2006
betont die Wichtigkeit eines attraktiven und kundengerechten Einkaufsangebotes
sowie die Schaffung eines Angebotes an Eigentumswohnungen und Stadthäusern in
der Innenstadt.
Der Masterplan von 2000 zielt auf die Weiterentwicklung der
traditionellen, urbanen und lebendigen Innenstadt, in der Dichte anzutreffen
ist und Vielfalt herrscht. Neben städtebaulichen Aufwertungsmaßnahmen werden
für den Einzelhandel u.a. folgende Ziele formuliert:
Abbau der Verkaufsflächendefizite,
Beseitigung ungenutzter Flächenpotenziale; konkret wird in
diesem Zusammenhang der Leerstand am Neumarkt angesprochen.
Auch im Integrierten Handlungskonzept 2000 – 2010 wird der
zu stärkende Hauptgeschäftsbereich in der Fußgängerzone Kaßstraße und in den
Schwerpunkten Neumarkt und Rhein-Center gesehen.
Das Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2005 beziffert die
quantitativen Flächendefizite in der Innenstadt auf rund 3.000 qm. Dem Standort
Neumarkt wird dabei eine hervorragende Eignung attestiert, diese abzubauen.
IV. Kurzbeschreibung der Konzepte
Der Entwickler WELASA/Schoofs schafft einen
neuen Einzelhandelsbaustein in klassischen Wohn- und Geschäftshäusern. Das
Erdgeschoss dient im Wesentlichen der Einzelhandelsnutzung, „daraufgestellt“
sind einige Stadthäuser. Die Verbindung zur Kaßstraße soll durch Passagen
hergestellt werden, die heutige Hofseite zum Neumarkt durch ein neues Gebäude
geschlossen werden.
Es entstehen rund 3.300 qm neuer
Einzelhandelsfläche. Die Branche Lebensmittel nimmt dabei rund 1.350 qm, die
Branche Elektronik rund 1.400 qm und die Branche Bekleidung/Textilien rund 400
qm Verkaufsfläche mit Entwicklungsspielraum in Anspruch. Die weiteren Flächen
im Bereich der Passage werden durch kleinere Shops genutzt.
Die Gebäude lassen Raum für
einen ebenerdigen Parkplatz mit 94 Stellplätzen sowie für eine neue
Platzfläche, den „neuen Neumarkt“, welcher ausreichend dimensioniert ist, den
Wochenmarkt aufzunehmen. In einer Tiefgarage werden weitere 172 Stellplätze
angeboten.
Am Neuen Steinweg und in den
aufgesetzten Gebäuden werden Räume für die Caritas sowie ca. 50 Wohnungen
geschaffen. Bäume und weitere Grünelemente im Hofbereich der Wohngebäude sorgen
für eine begrünte Einbindung in die benachbarten städtischen Strukturen.
Das zweite bis zum 22.02.2011 in der Diskussion stehende
Konzept entwirft eine klassische, introvertierte Mall, ein Einkaufscenter mit rund 9.000 qm Verkaufsfläche
(VK).
Die Mall knüpft an zwei Punkten
unmittelbar an die bestehenden Geschäftslagen in der Kaßstraße an. Hauptmieter
in diesem Ensemble stammen aus den Branchen Lebensmittel, Elektronik und
Textil. In einer Tiefgarage und auf einem Parkdeck entstehen insgesamt 450
Stellplätze.
V. Darstellung/Bewertung der Konzepte
Um die unterschiedlichen Lösungsansätze auf eine rationale
und transparente Grundlage zu stellen, werden die beiden Entwürfe im Folgenden
städtebaulich, räumlich-funktional und hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den
Einzelhandel eingeordnet und bewertet.
Die im Folgenden dargestellte Konzeptbewertung setzt die
Zielvorstellungen der Stadt Emmerich am Rhein in geeignete Bewertungskriterien
um.
Kriterium |
Einkaufscenter |
|
WELASA/Schoofs |
|
|
|
|
|
|
STÄDTEBAU |
|
|
|
|
Typ des Baukörpers |
geschlossene Einkaufsmall |
|
einzeln stehender Baukörper mit Einzelhandel im EG, Wohnen
in den oberen Geschossen |
|
Maßstäblich- keit, Architek- tur, Fassaden |
übliche Baublockgrößen in Emmerich werden gesprengt |
O |
hochwertige, differenzierte, ortsbezogene Architektur Entwurf fügt sich gut in die bestehende Struktur ein Maßstabssprung durch Gebäudehöhe |
+ |
Beziehung Baukörper zum Umfeld |
es entstehen drei Rückseiten Entwurf ist auf sich selbst bezogen und nimmt kaum Bezug
zum Umfeld auf großzügige Anlieferung und Zufahrt am Neuen Steinweg mit
Beeinträchtigung der Wohnbebauung bestehende Rückseiten am Neumarkt werden beseitigt |
- |
klare Bezüge zum Neuen Steinweg Anlieferung gut gelöst bestehende Rückseiten Neumarkt werden „beseitigt“ gute städtebauliche Integration der Gebäude Stellung und Größe der Baukörper ermöglichen eine
Durchlässigkeit des Areals die Stadt wird weiter gebaut |
+ |
Öffnung und Durchlässigkeit des Baukörpers |
Baukörper öffnen sich nicht zur Stadt Wegebeziehung zwischen Kaßstraße und Neuer Steinweg ist
funktional gewährleistet Qualität der Wegebeziehung mäßig |
O |
der Baukörper zeigt zu allen Seiten städtische
Gebäudefronten (keine Rückseiten) klare Wegebeziehung über den Parkplatz Baukörper öffnet sich zur Stadt (Eingänge von der Platzfläche
Neumarkt und aus Ri. Durchgang Kaßstr.) große Wahlfreiheit für Fußgänger bei der Wegewahl |
+ |
innere Wegestruktur |
klarer U-förmiger Rundgang |
+ |
gute Lenkung und einfache Orientierung für Passanten |
+ |
Anbindung an den Hauptgeschäftsbereich |
unmittelbare Anbindung über die Kaßstraße bzw. über den
Neumarkt und Kirchstraße |
+ |
Anbindung über die Kirchstraße und in Stufe 2 auch über
eine neue Passage |
O |
Bereitstellung von Platzflächen |
Platzfläche für den Wochenmarkt gerade ausreichend, wenn
Eingang der Mall verstellt wird => keine Entwicklungsmöglichkeiten Markt Gebäudevorsprung im 1. OG architektonisch + städtebaulich
höchst unbefriedigend |
- |
gut dimensionierte Fläche für den Wochenmarkt und für
Veranstaltungen der Markt ist ein wichtiger Frequenzbringer und
Attraktivitätsfaktor für die Innenstadt Raumkanten sind klar ausgebildet |
+ |
Grüngestaltung/-verbindung |
auf die angestrebte Grünverbindung wird nicht eingegangen |
- - |
die angestrebte Grünverbindung wird geschaffen |
+ |
Anbindung |
Anbindung über Neuer Steinweg, Verkehrsführung vorgegeben,
keine Bewertung |
|
Anbindung über Neuer Steinweg, Verkehrsführung vorgegeben,
keine Bewertung |
|
Parkplätze |
310 St. Tiefgarage, ca. 140 St. Parkdeck keine ebenerdigen Stellplätze Anfahrbarkeit muss geprüft werden |
O |
ca. 270, davon 94 oberirdisch, davon sind einige den
Wohnungen vorbehalten Anfahrbarkeit gegeben |
+ |
Verknüpfung Parken mit der Innenstadt |
Stellplätze beziehen sich nur auf die Mall großes Angebot an neuen Stellplätzen verstärkt die
Anziehungskraft zu Lasten anderer Lagen Erreichbarkeit des bestehenden Einzelhandels eingeschränkt |
O |
oberirdische Stellplätze dienen der Erreichbarkeit des
Einzelhandels in der Innenstadt insgesamt |
+ |
Verkaufsfläche/Einwohner Zentralität |
2,04 qm Verkaufsfläche/Einwohner 1,17 (+ 0,27) |
+ |
1,85 qm Verkaufsfläche/Einwohner 1,02 (+ 0,12) |
+ |
Dimensionie- rung/Umsatz- verteilungen/ Auswirkungen auf den vorhandenen Einzelhandel |
enormer Verkaufsflächenzuwachs massive Umsatzverteilung (bis zu 27,5 Mio. Euro) Umverteilungsquoten innerhalb des Stadtgebietes: Nahungs-
und Genussmittel (bis zu 15%), Elektro/Multimedia (bis zu 100%),
Bekleidung/Textilien (bis zu 84%) von Betriebsaufgaben im bestehenden Einzelhandel ist
auszugehen Leerstände in funktionierenden Einzelhandelslagen |
- - |
angemessener Verkaufsflächenzuwachs/Stärkung der
Innenstadt moderate Umsatzumverteilung (bis zu 12 Mio. Euro) trägt
zum Wettbewerb bei Umverteilungsquoten innerhalb des Stadtgebietes: Nahrungs-
und Genussmittel (bis zu 9%), Elektro/Multimedia (bis zu 89%),
Bekleidung/Textilien (bis zu 9%) |
+ |
Angebot an barrierefreien Wohnungen |
reine Einkaufs-Mall Wohnnutzung kann nicht in das Konzept integriert werden |
- - |
Wohnkonzept mit besonderer Architektur barrierefreie Wohnungen mit verschiedenen Größen und
Zuschnitten |
+ + |
Flexibilität des Gesamtkon- zeptes |
Konzept ist städtebaulich und bezogen auf die
Gesamtflächengröße des Einzelhandels sehr starr Mall nur für Einzelhandel nutzbar, keine Zweitnutzung
möglich |
- |
Konzept kann innerhalb der Konkretisierungsphase flexibel
reagieren Einzelbaukörper kann auf veränderte Bedarfe flexibel
reagieren |
+ |
Realisierungs- chancen, Umsetzungs- zeitraum |
Konzept ist nur umsetzbar, wenn umfangreicher Grunderwerb
im Bereich Kaßstraße gelingt |
O |
Umsetzung des Konzeptes in mehreren Stufen mit separatem
Baukörper und unter Einbindung weniger Eigentümer möglich |
+ |
VI. Fazit
Die vorliegenden Konzepte beseitigen beide die heute
unbefriedigende Situation am Neumarkt. Es handelt sich um völlig
unterschiedliche Entwürfe, die die Spannbreite der Entwicklungsmöglichkeiten
des Neumarktes abbilden.
Die vorstehende Bewertung verdeutlicht, dass das Konzept WELASA/Schoofs
die insgesamt deutlich bessere Lösung für die Entwicklung des
Neumarktes und der gesamten Emmericher Innenstadt bietet. Dies gilt über alle
Bewertungsgruppen hinweg.
Das Konzept Einkaufscenterentwickelt eine
klassische, für Emmerich relativ große, introvertierte Mall mit ihren bekannten
Vorteilen im Hinblick auf die interne Logik und das Management.
Mit dem Konzept Einkaufscenter sind für die
Stadt zwei gravierende Nachteile verbunden:
-
Das bauliche Abwenden von der
Innenstadt, was sich in vielen Rückseiten, unattraktiven
wegen und in der Entstehung eines
unbefriedigenden Platzraumes am Neumarkt
ausdrückt.
-
Das deutliche Flächenwachstum, das zu
starken Verwerfungen im heutigen
Geschäftsbereich führen wird.
Die Lösung des Entwicklers WELASA/Schoofs schlägt
dagegen eine angemessene Flächenerweiterung vor, die Sortimentslücken schließt
und „Luft lässt“ für weitere, ergänzende Investitionen in der Emmericher
Innenstadt.
Der städtebauliche und architektonische Entwurf leistet eine
behutsame Stadtreparatur und fügt sich harmonisch in die bestehenden Strukturen
ein. Die Wohnungen in den Stadthäusern werden zur weiteren Belebung der
Innenstadt beitragen. Um die Vermarktung zu sichern, muss auf die Ansprüche der
potenziellen Mieter bzw. Käufer in besonderer Weise eingegangen werden. Die
räumlich-funktionale Verknüpfung mit dem Haupteinkaufsbereich soll – bei
Mitwirkungsbereitschaft der Grundeigentümer – durch Passagen sicher gestellt
werden.
Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :
Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes, Kapitel 1.2 und 2.3.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster Beigeordneter