Betreff
Antrag zur Teilnahme am Modellversuch der landesregierung NRW zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zum Beginn des Schuljahres 2011/2012
Vorlage
04 - 15 0456/2011/2
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

Der Rat beauftragt die Schulplanungskommission sich im September/Oktober 2011 erneut mit dem Thema Gemeinschaftsschule zu befassen, sofern bis dahin entsprechende Änderungen im Schulgesetz erfolgt sind.

Sachdarstellung :

Mit Schreiben vom 07. April 2011 (siehe Anlage) stellt die SPD Ratsfraktion Emmerich am Rhein den Antrag zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule, in der die Europaschule und die Städt. Hanse-Realschule aufgehen sollen. Das Städt. Willibrord-Gymnasium erhält einen Bestandsschutz und soll als Kooperationspartner für die Oberstufe in Betracht gezogen werden.

Der Rat hat am 31.05.2011 diesen Antrag an die Schulplanungskommission verwiesen.

 

Die Gemeinschaftsschule ist keine Schulform, die aktuell im Schulgesetz für das Land NRW festgeschrieben ist. Das Schulministerium führt derzeit einen Schulversuch zur Gemeinschaftsschule durch. Die Bewerbungsrunde für das Modellvorhaben mit Start zum Schuljahr 2011/2012 ist Ende letzten Jahres abgelaufen.

 

Lt. telefonischer Auskunft des Ministeriums wird derzeit mit allen Parteien über eine Änderung des Schulgesetzes diskutiert, damit die Schulform Gemeinschaftsschule in das Schulgesetz aufgenommen werden kann. Ob dies zeitnah erfolgt, ist noch unklar.

 

Das Ministerium erwägt, sollte es nicht zu einer gesetzlichen Lösung kommen, im Rahmen einer Erweiterung des Schulversuchs, weiteren Kommunen die Teilnahme an diesem Modellvorhaben zu ermöglichen. Dies wird nicht in einer unbegrenzten Anzahl möglich sein.

Auf der Homepage des Schulministeriums findet sich folgender Eintrag:

 

Das Modellvorhaben Gemeinschaftsschule

Nordrhein-Westfalen steht vor zwei zentralen Herausforderungen:

 

Der Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft ist hierzulande immer noch zu groß. Laut KMK-Ländervergleich von 2010 hat ein Kind in NRW aus der obersten sozialen Schicht bei gleicher Leseleistung eine etwa sechsfach höhere Chance, ein Gymnasium zu besuchen, als ein Arbeiterkind. Dabei wünschen Eltern heute, dass Bildungswege länger offen bleiben und ihre Kinder die Chance auf das Abitur erhalten. Es ist deshalb das Ziel der Landesregierung, für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen und mehr Schülerinnen und Schüler zu besseren Abschlüssen zu führen.

 

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen wird bis zum Jahr 2019 um über 300.000 zurückgehen. Das ist ein Minus von fast 16 Prozent. Diese demografische Entwicklung macht es vor allem auf dem Land immer schwieriger, ein attraktives wohnortnahes weiterführendes Schulangebot vorzuhalten. Damit ein Schulsterben verhindert werden kann, muss es gerade in ländlichen Regionen eine Schule geben, die alle Bildungsangebote in sich vereint.

Eine Antwort auf diese beiden Herausforderungen ist die Einführung von Gemeinschaftsschulen - und zwar im Rahmen eines Modellversuchs, der wissenschaftlich begleitet wird. Durch das längere gemeinsame Lernen in der Gemeinschaftsschule sollen mehr Schülerinnen und Schüler zu besseren Abschlüssen geführt werden. Gleichzeitig wird Schulträgern die Möglichkeit gegeben, durch die Zusammenführung bereits bestehender Schulformen zu einer Gemeinschaftsschule ein umfassendes wohnortnahes Schulangebot zu erhalten.

 

Zum v. g. Punkt 2 führt die SPD Fraktion in ihrem Antrag an, dass die Hauptschule auch nach der Schließung der Luitgardisschule Elten weiterhin unter Druck steht. Sinkende Schülerzahlen und die fehlende Akzeptanz der Hauptschulen seitens der Bevölkerung würden die Stadt Emmerich zum Handeln zwingen.

Aufgrund der Berechnungen der Fa. komplan zeigt sich deutlich, dass sich die Hauptschule in den kommenden fünf Jahren mindestens zweizügig fortgeführt werden kann. Da auch die Realschule nicht in ihrer Existenz gefährdet ist, können die sinkenden Schülerzahlen nicht zu einer schnellen Handlungspflicht herangezogen werden.

Die Einführung einer Gemeinschaftsschule erfordert einen breiten Konsens vor Ort, der nicht nur die Bevölkerung (Elternschaft), sondern auch die Schulleitungen aller Schulen umfassen muss (Entscheidungen der Schulkonferenzen sind ebenfalls erforderlich). Zudem muss jeder Antrag auf Errichtung einer Gemeinschaftsschule ein pädagogisches Konzept enthalten, mit Aussagen insbesondere zu den folgenden Aspekten:

 

Lehren und Lernen (Lehrereinsatz, Lerngruppen, Unterrichtsorganisation)

Ganztagskonzept

Sicherstellung der individuellen Förderung und Förderung einer Lernkultur

Kompetenzorientierung

Gewährleistung auch gymnasialer Standards

Inhaltliche Schwerpunkte in den Doppeljahrgangstufen 5/6, 7/8 und 9/10

Fachliche und überfachliche Lernangebote einschließlich der Fremdsprachen und Wahlpflichtangebote

Maßnahmen und Formen der Differenzierung

Fortführung in der Sekundarstufe II in einer eigenen Oberstufe oder durch verbindliche Kooperation

Ausgestaltung der Leistungsnachweise und der Leistungsbewertung

Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern

Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung

Interne Evaluationsverfahren

 

Ein derartiges Konzept kann nur von Fachleuten erstellt werden.

Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung vor, eine Meinungsumfrage bei den Schulleitungen der städt. Schulen durchzuführen und auch die Bereitschaft zur Mitarbeit an der Entwicklung des pädagogischen Konzeptes auszuloten.

 

In Ergänzung zur Sachdarstellung in der Vorlage wird zunächst auf die Anlage (Pressemitteilung zum Beschluss des OVG Münster) zu diesem Handout verwiesen. Demnach hat der Schulversuch „Gemeinschaftsschule“ im Schulgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage. Weitere Kommunen können die Einführung einer Gemeinschaftsschule daher erst nach entsprechender Änderung des Schulgesetzes beantragen.

Die Landesregierung möchte daher möglichst schnell das Schulgesetz ändern. Da es bei fast allen Parteien unterschiedliche Auffassungen von dem „richtigen Schulsystem“ gibt, ist derzeit nicht abzusehen, ob und wann der erhoffte „Schulfrieden“ eintritt..

In der Sitzung der Schulplanungskommission hat die SPD-Fraktion darauf hingewiesen, dass sie weiterhin das Konzept der Gemeinschaftsschule befürwortet und daher eine Umsetzung des Antrages weiterhin anstrebt, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen im Schulgesetz vorliegen.

In der Schulleiterbesprechung am 28.06.2011 wurde ein Meinungsbild der Schulleiter zum Thema Gemeinschaftsschule abgefragt.

Das Ergebnis:

Einige Grundschulleitungen sehen in der Gemeinschaftsschule Chancen für eine bessere pädagogische Förderung der Kinder. Einhellig waren sie jedoch der Meinung, dass nichts überstürzt werden sollte. Die pädagogischen Konzepte einer Gemeinschaftsschule müssen überlegt sein und bedürfen daher einer ausführlichen Ausarbeitung.

Frau Pankoke (Europaschule) hält die Förderung von Hauptschülern in einem eigenem System für besser als in einer großen Schule mit über 1.000 Schülern, wo sie sich schnell als 5. Rad am Wagen fühlen könnten.

Frau Schulze-van der Wal (Hanse-Realschule) sieht zurzeit keinen Handlungsbedarf, die bestehenden gesunden Schulen zusammenzulegen, da keine Schule in ihrer Existenz bedroht ist.

Für das Willibrord-Gymnasium kann sich Frau Hieret-McKay nicht vorstellen, dass die Schulkonferenz nach den derzeitigen Regelungen zur Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaftsschule und Gymnasium einer  Kooperation zustimmt. Da die Gemeinschaftsschule nach gymnasialen Standards unterrichten müsse, müssten 1/3 der Lehrkräfte Gymnasiallehrer sein. Bereits heute ist es schwer, ausreichend Lehrkräfte an den unteren Niederrhein zu bekommen. Soweit die Gemeinschaftsschule nicht genügend Gymnasiallehrer finden würde, müsste ggf. das Gymnasium Teile seiner Belegschaft an den Kooperationspartner abordnen, wodurch die Qualität des Gymnasiums stark leiden würde.

Die weiterführenden Schulen sind der Meinung, dass die hervorgehobenen pädagogischen Vorteile einer Gemeinschaftsschule bereits von den hiesigen Schulen gelebt werden. So z. B. die Durchlässigkeit, die zurzeit nicht nur jährlich, sondern auch zu den Schulhalbjahren möglich sei. An allen Schulen würden Schüler weit möglichst individuell gefördert

Für das Gymnasium fügte Frau Hieret-McKay noch an, dass sich das Leben an den Gymnasien in den letzten Jahren stark verändert hätte. Für Schüler, die aufgenommen werden, wird alles unternommen, damit sie auch in der Schulform bleiben können. Die Zahl der Schulformwechsler hätte dadurch stark abgenommen.

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 6.2.

 

 

Der Bürgermeister