Betreff
1. vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes Nr. H 4/1 - Ingenkampstraße -,
hier: 1) Bericht zu den Beteiligungen nach §§ 3 (2) und 4 (2) BauGB
2) Satzungsbeschluss
Vorlage
05 - 15 0610/2011
Art
Verwaltungsvorlage

Beschlussvorschlag

 

Zu 1)

Der Rat beschließt, dass die im Rahmen der Offenlage vorgetragenen Bedenken gegen die Erweiterung der überbaubaren Fläche auf den Grundstücken an der Südseite der Straße „Am Kornfeld“ mit den Ausführungen der Verwaltung abgewogen sind.

 

Zu 2)

Der Rat beschließt den Entwurf der gemäß § 13 BauGB durchgeführten 1. vereinfachten Änderung des Bebauungsplanes Nr. H 4/1 -Ingenkampstraße- mit der gemäß der Anregung der Unteren Bauaufsichtbehörde redaktionell veränderten Entwurfsbegründung gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung. Hierdurch wird der Bebauungsplan dahin gehend geändert, dass die Tiefe der überbaubaren Fläche auf den Grundstücken Am Kornfeld 1 bis 5, Gemarkung Hüthum, Flur 10, Flurstücke 971 bis 973 von bisher 14,0 m auf 16,0 m erweitert wird.

 

Sachdarstellung :

 

Zu 1)

 

Die Beteiligung der Öffentlichkeit in diesem nach § 13 BauGB durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren erfolgte in Form einer öffentlichen Auslegung des Änderungsentwurfes nach § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit vom 07.12.2011 bis 09.01.2012 einschließlich. Parallel hierzu wurde die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB durchgeführt.

 

Im Rahmen der Behördenbeteiligung wurden keine Bedenken zur beabsichtigten Änderung des Bebauungsplanes Nr. H 4/1 -Ingenkampstraße- vorgetragen. Lediglich seitens der Unteren Bauaufsichtsbehörde wurde angeregt, in der Begründung unter Punkt 3 -Planinhalte- die in der betreffenden Rechtsvorschrift nicht mehr enthaltene Bezeichnung „Schmalseitenprivilegierung“ abzuändern in „Regelung gemäß § 6 Abs. 6 Bauordnung NW“. Inhaltlich ist hiermit dasselbe gemeint, so dass es sich um eine redaktionelle Änderung des Begründungstextes nach Offenlage handelt, die unter Anwendung des § 13 BauGB keinen Bedarf an einer erneuten Offenlage begründet. Die betreffende Textänderung ist in beiliegender Begründung gekennzeichnet. Die Beschlussfassung zur Übernahme des veränderten Textes erfolgt unter Pkt. 2 dieser Beschlussvorlage.

 

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB trugen die Erwerber des Nachbargrundstückes der Antragsfläche Bedenken gegen die geplante Bauflächenerweiterung vor. Diese wenden sich dagegen, dass den Antragstellern erweiterte planungsrechtliche Möglichkeiten eingeräumt werden sollen, die den anderen Eigentümern bei der Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre erfolgten Errichtung ihrer Wohnhäuser nicht zugestanden waren. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Grundstückseigentümer und Kontinuität werde die geplante Änderung abgelehnt, da die vorhandene Baufläche den Antragstellern genügend Raum für die Errichtung einer vorwiegend ebenerdigen Wohnnutzung einräume. Darüber hinaus sei es aus wirtschaftlichen Erwägungen für die bestehende Bebauung nicht vorstellbar, dass sie in ein ebenerdiges, barrierefreies Wohnen umgewandelt werden könnte.

 

 

Stellungnahme der Verwaltung:

 

Die Bedenken gegen die Erweiterung der überbaubaren Fläche sollten aus folgenden Gründen nicht zu einer Einstellung des Verfahrens führen:

 

Bei den vorhandenen Wohnhäusern auf der Südseite „Am Kornfeld“ wurden neben den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu Art und Maß der baulichen Nutzung insbesondere auch die gestalterischen Vorgaben der für den Bebauungsplanbereich erlassenen Gestaltungssatzung eingehalten, die für die Garagen Dächer in Form und Firstrichtung des Wohnhausdaches oder deren Integration in das jeweilige Wohnhaus vorsehen. Im Gegensatz zu der in das Haus integrierten Garage plant der Antragsteller eine grenzständige Flachdachgarage, deren Dach darüber hinaus zur Aufstellung einer Solaranlage genutzt werden soll.

 

Das vorliegende Baukonzept der Erwerber des Eckgrundstückes Laarscher Weg / Am Kornfeld weicht somit von zwei unterschiedlichen Bestimmungen örtlichen Baurechtes ab:

 

a)        Das geplante Wohngebäude überschreitet die Festsetzung der überbaubaren Fläche des Bebauungsplanes H 4/1 durch den südöstlichen Gebäudeteil.

 

b)        Die geplante Flachdachausbildung der geplanten Garage steht nicht in Einklang mit den Vorschriften zur Dachgestaltung von Garagen in der Gestaltungssatzung nach § 86 Bauordnung NW für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes H 4/1. Darüber hinaus unterschreitet vermutlich auch die Dachneigung des Wohnhauses das in der Gestaltungssatzung für den betroffenen Baubereich festgesetzte Neigungsmaß.

 

Zur Ermöglichung einer die Festsetzung des Bebauungsplanes überschreitenden Bauform wurde das anhängige Änderungsverfahren eingeleitet mit der alleinigen Zielsetzung einer Bauflächenerweiterung geringeren Umfanges. Über die Zulässigkeit der Abweichung von der Gestaltungssatzung wird in einem separaten bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren entschieden, da eine formelle Änderung der Gestaltungssatzung angesichts der im gesamten Plangebiet bereits anderweitig zugebilligten Abweichungen für den beantragten Einzelfall nicht in Angriff genommen werden soll. Infolge der geplanten Lage der Garage innerhalb der aktuell festgesetzten überbaubaren Fläche wäre ihre Errichtung allerdings bebauungsplankonform und ist insofern für das Bebauungsplanänderungsverfahren nicht von Belang.

 

Sofern die Einhaltung der benannten örtlichen Bauvorschriften von den damaligen Bauherren als belastend empfunden wurde, mag es verständlich sein, dass hiervon abweichende Bauabsichten, wie sie von den Antragstellern vorgelegt wurden, von den Nachbarn nunmehr kritisch betrachtet werden. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes bedeutet jedoch keine statische Festschreibung baulicher Zustände und Möglichkeiten baulicher Nutzung für alle Zeiten, vielmehr muss sich die Bauleitplanung auch geänderten städtebaulichen Erfordernissen anpassen können. Ein Anspruch nach unveränderter Beibehaltung der bisherigen planungsrechtlichen Vorgaben kann demnach ebenso wenig geltend gemacht werden, wie den Antragstellern ein Anspruch auf Änderung des Bebauungsplanes zusteht.

 

Die beabsichtigte Bauflächenerweiterung für die betroffenen 3 Grundstücke von 14,0 auf 16,0 m Tiefe ist als geringfügig zu erachten, da sie den Bauherren eine nur um 14 % vergrößerte Baufläche anbietet. Die Ausdehnung bewegt sich unter Berücksichtigung des früher „Schmalseitenprivileg“ genannten verminderten Abstandflächenerfordernisses im Rahmen ortsüblicher Bautiefen, wie sie auch an anderen Stellen im Bebauungsplanbereich H 4/1 festgesetzt sind. Da es sich bei dem unbebauten Antragsgrundstück um eine Eckgrundstückslage mit Erschließung sowohl vom Laarschen Weg als auch von der Straße Am Kornfeld handelt, ist der Einhaltung einer bestimmten Bauflucht für das zukünftige Wohnhaus nicht von vornherein ein Vorrang einzuräumen. Allerdings wird die topografische Grundstücksausrichtung mit einem Garten in Südwestlage die Anordnung der Bebauung zur Straße Am Kornfeld vorprägen.

 

Seitens der Nachbarn könnte gegen die Planungsabsichten dieses Änderungsverfahrens allenfalls geltend gemacht werden, dass durch die Bebauungsplanänderung Verhältnisse ermöglicht werden, die ihre Interessen in unzulässiger Weise beeinträchtigen, weil sie den Nachbarschutz unterlaufen und gesunde Wohnverhältnisse in den bestehenden Häusern verhindern. Dies wäre z.B. dann zu erwarten, wenn die zukünftige erweiterte Bebauungsmöglichkeit auf dem Antragsgrundstück gegenüber dem bisherigen Planungsrecht zu einer übermäßigen Verschattung der bestehenden Bebauung führen würde. Zur Beurteilung, ob durch die vergrößerte Bautiefe unzumutbare Verschattungen bewirkt werden, ist auf die DIN 5034 (Tageslicht in Innenräumen) zuzugreifen. In dieser Richtlinie wird -auf eine ausreichende natürliche Belichtung von Wohnungen zielend- gefordert, dass

  • mindestens ein Aufenthaltsraum (z.B. Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche)
  • an der Tag- und Nachtgleiche (21.03 / 23.09.)
  • in der Mitte der Fenster
  • für mindestens vier Stunden

belichtet sein muss. Bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstanderfordernisse (Grenzabstand) i.V.m. der festgesetzten Eingeschossigkeit als Maß der baulichen Nutzung ist auch ohne den expliziten Nachweis einer Schattenwurfdarstellung zu verneinen, dass eine die Anforderungen an eine Zumutbarkeit übersteigende Verschattung der angrenzenden Grundstücke Am Kornfeld durch die Planänderung vorbereitet und eintreten wird.

 

Dem demografischen Wandel ist auch für die städtebauliche Entwicklung der Stadt Emmerich am Rhein eine immer größere Bedeutung beizumessen. Die vorliegende Bebauungskonzeption der Antragsteller in Form eines Wohnhauses mit größtenteils ebenerdiger Wohnfläche gibt den Anlass zu überprüfen, ob das bestehende Planungsrecht auch in diesem Fall ausreichende Möglichkeiten eröffnet, die zur Deckung des sich wandelnden zukünftigen Bedarfes an barrierefreiem Wohnraum beitragen können. Diesem Planungsziel kann z.B. durch entsprechend großzügige Bauflächenausweisungen entsprochen werden, wenn diese mit anderen öffentlichen und privaten Belangen vereinbar sind. Es liefert die städtebauliche Begründung für die Durchführung dieses Verfahrens, ist aber nicht dahingehend auszulegen, dass eine sofortige Umwandlung der bestehenden Bebauung in ausschließlich barrierefreies Wohnen bezweckt wird. Vielmehr soll die Planänderung denjenigen, die die Möglichkeit größerer Gebäudegrundrisse z.B. zur Errichtung barrierefreien Wohnens aber auch zur Erweiterung bestehender Gebäude durch Anbauten nutzen wollen und können, die Chance eröffnen, dies auch ohne Probleme zu tun. Dabei wurde der Änderungsbereich bewusst auch auf die Nachbargrundstücke ausgedehnt, um den dortigen Eigentümern im Sinne einer Gleichbehandlung ebenfalls erweiterte Baumöglichkeiten anzubieten.

 

Der Bebauungsplan ist eine Angebotsplanung. Wie der Antragsteller oder die anderen betroffenen Eigentümer diese nach erfolgter Planänderung letztendlich ausnutzen, ist ihnen selbst überlassen. Auch schreibt der Bebauungsplan die zukünftige Bebauung auf dem Antragsgrundstück nicht auf den jetzt vorliegenden Bauentwurf fest. Um diesen Eindruck nicht entstehen zu lassen, wurde seitens der Verwaltung Abstand davon genommen, mit der von den Petenten vorgeschlagenen Präsentation des vorgelegten Bebauungsentwurfes moderierend zwischen den Nachbarn und den Antragstellern tätig zu werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand deuten sich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Abweichung von der Gestaltungssatzung bereits Änderungen an.

 

 

 

Zu 2)

 

Der beiliegende Änderungsentwurf der Offenlage kann mit der o.a. redaktionellen Änderung des Textes der Begründung als Satzung beschlossen werden.

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des Leitbildes,  Kapitel 1.2.

 

 

 

In Vertretung

 

 

 

Dr. Wachs

Erster Beigeordneter