Betreff
Sozialbestattungen; hier: Antrag Nr. XV 2019 der Embrica-Ratsfraktion
Vorlage
06 - 16 1817/2019
Art
Verwaltungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorchlag

 

Der Haupt- und Finanzausschuss beschließt, die bisherige Form der ordnungsbehördlichen Bestattung beizubehalten.

 

Sachdarstellung :

 

Die Embrica Ratsfraktion beantragt Verstorbene, deren Bestattung von der Ordnungs-behörde veranlasst wird, in einem Urnengrab auf dem Emmericher Friedhof beizusetzen.

Die Mehrkosten gegenüber der derzeitigen Bestattungsform sollen aus dem städtischen Haushalt finanziert werden.

 

Die nachfolgende Stellungnahme der Verwaltung gliedert sich in die Darstellung der Rechtslage, Beschreibung des aktuellen Verfahrensablaufs, Aufzeigung und Gegen-überstellung der Aufwendungen der verschiedenen Bestattungsformen sowie einer abschließenden Würdigung der Bestattungsformen.

 

 

1.    Ordnungsbehördliche Bestattung gem. § 8 des Bestattungsgesetzes

 

Grundsätzlich besteht gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz – BestG NRW) eine Bestattungspflicht für hinterbliebene Familienangehörige (in der Rangfolge:  Ehegatten, Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern und volljährige Enkelkinder).

 

Wenn die Hinterbliebenen ihrer Bestattungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, hat die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde, auf deren Gebiet der Tod eingetreten oder der Tote gefunden worden ist, nach § 8 Abs. 1 S. 2 BestG NRW die Bestattung zu veranlassen.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 BestG NRW müssen Erdbestattungen oder Einäscherungen innerhalb von zehn Tagen durchgeführt werden. Werden diese nicht innerhalb der Frist von einem hinterbliebenen Bestattungspflichtigen veranlasst, handelt die örtliche Ordnungsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Grundlage des § 14 Ordnungsbehördengesetz (OBG). Die Bestattung erfolgt in diesem Fall im Wege des Sofortvollzugs mit dem Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 55 Abs. 2 i.V.m. § 59 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG NRW).

 

Gemäß § 58 Abs. 1 VwVG NRW i. V. m. § 15 Abs. 1 OBG ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das Zwangsmittel zu wählen, welches die einzelne Person und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt. Sofern bestattungspflichtige Hinterbliebene vorhanden sind oder ggfs. noch ermittelt werden können, werden sie zur Erstattung der Kosten herangezogen. Ihnen darf nur ein notwendiger Mindestaufwand in Rechnung gestellt werden, der sie kostenmäßig "am wenigsten beeinträchtigt" (OVG NRW 04.03.1996  - 19 A 194/96). Vor diesem Hintergrund erfolgt die ordnungsbehördliche Bestattung in Form eines einfachen Begräbnisses mit dem notwendigen Mindestaufwand.

 

 

2.    Sozialbestattung

 

Von der unter Ziffer 1 beschriebenen ordnungsbehördlichen Bestattung ist der Begriff der Sozialbestattung zu unterscheiden. Sind bestattungspflichtige Angehörige nicht in der Lage, die Kosten der Beisetzung zu tragen, besteht die Möglichkeit der Übernahme der Kosten durch den Sozialhilfeträger nach § 74 SGB XII. Hierzu ist ein Antrag auf Kostenübernahme beim Sozialhilfeträger zu stellen.

 

Gem. § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, diese Kosten zu tragen. Erforderliche Kosten“ sind diejenigen Aufwendungen, die für ein einfaches, aber würdiges, ortsübliches Begräbnis notwendig sind. In diesem Fall spricht man von einer sog. Sozialbestattung.

 

 

3.    Art der Bestattung

Die Art und der Ort der Bestattung ist nach § 12 Abs. 1 S. 2 BestG NRW nach dem Willen der Verstorbenen zu wählen, soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet hatten und nicht geschäftsunfähig waren. Liegt keine Willenserklärung der/des Verstorbenen vor, entscheidet gem. § 12 Abs. 2 S. 2 BestG NRW bei einer ordnungsbehördlichen Bestattung die örtliche Ordnungsbehörde über die Art und den Ort der Bestattung.

 

Die Beisetzung der Totenasche kann nach § 15 Abs. 5 S. 2 BestG NRW auf einem Friedhof oder auf See erfolgen. Alternativ darf die Asche nach § 15 Abs. 6 BestG NRW auf einem hierfür besonders vorgesehenen Teilbereich eines Friedhofes verstreut oder ohne Behältnis vergraben werden, wenn dies schriftlich bestimmt ist. 

 

Das Verstreuen der Totenasche bedarf in Nordrhein-Westfalen der vorherigen Bestimmung durch den Verstorbenen. In den benachbarten Niederlanden ist eine solche Bestimmung nicht erforderlich.

 

 

4.    Ordnungsbehördliche Bestattungen bei der Stadt Emmerich am Rhein

Der Fachbereich 6 – Bürgerservice und Ordnung als örtliche Ordnungsbehörde der Stadt Emmerich am Rhein schreibt alle 2 Jahre die Durchführung von Urnen- und Erdbestattungen aus. Aktuell ist ein örtliches Bestattungsunternehmen beauftragt. Der Auftrag ist befristet bis zum 30.04.2020.

 

Der Auftrag beinhaltet die üblichen Leistungen einer einfachen Bestattung. Da in den meisten Fällen keine Willensbekundung des Verstorbenen vorhanden ist, erfolgt in der Regel eine Einäscherung und anschließend die Ausstreuung der Totenasche in dem in einem Waldstück eingebetteten Gedenkpark der 40 km entfernten niederländischen Gemeinde Dieren. Sofern der Verstorbene ausdrücklich eine Erdbestattung wünscht, findet die Beisetzung auf dem Emmericher Friedhof statt.

 

Die Einäscherung erfolgt durch die Deutsche Friedhofs GmbH in Dachsenhausen, welche die Urne nach der Einäscherung zum Gedenkpark des Krematoriums Dieren in den benachbarten Niederlanden bringt. Nach einer gesetzlich vorgegebenen Wartezeit von 4 Wochen erfolgt die Ausstreuung der Totenasche durch das von der Ordnungsbehörde beauftragte Bestattungsunternehmen in einem würdigen und pietätvollen Rahmen auf einem Streufeld des Gedenkparks.

 

Die Leiterin des Fachbereichs 6 – Bürgerservice und Ordnung hat am 18.04.2019 der Ausstreuung der Totenasche einer Verstorbenen ohne Angehörige beigewohnt. In der Sitzung wird sie mündlich darüber berichten. 

 

 

 

 

5.    Kosten der Bestattung

 

In den Jahren 2017 und 2018 erfolgten jeweils 14 ordnungsbehördliche Bestattungen. Pro Jahr sind Aufwendungen i.H.v. rund 14.500 Euro entstanden (Produkt 1.100.02.02.01 – Sachkonton 52910000), von denen rund 2.200 Euro der Ausstreuung im Gedenkpark zuzuordnen sind.

 

Urnenbestattungen auf dem Emmericher Friedhof können in einem Urnenwahlgrab oder einer Gemeinschaftsgrabanlage erfolgen.

In einem Urnenwahlgrab können bis zu 4 Urnen beigesetzt werden. Eine Urnenbestattung in einem Urnenwahlgrab setzt eine Grabpflege durch Dritte oder die Abdeckung mit einer Grabplatte voraus, wobei auch die Grabplatte regelmäßig zu pflegen ist.

 

Für Urnenbestattungen in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof werden gem. Gebührentarif zur Friedhofssatzung der Stadt Emmerich am Rhein ab 1.1.2019 folgende Gebühren erhoben

 

Urnenwahlgrab

Erwerb des Nutzungsrechts (25 Jahre)                                                         

1.000,00 Euro / 4 Urnen                                                           250,00 Euro

Bestattungsgebühren                                                                312,00 Euro

Grabplatte zzgl. Gebühr 1.000,00 Euro/ 4                                250,00 Euro

                                                                                                  812,00 Euro

zzgl. Grabpflege Dritter für einen Zeitraum von 25 Jahren

 

Bei einer Urnenbestattung in einer Gemeinschaftsgrabanlage wird die Grabpflege durch die Kommunalbetriebe Emmerich am Rhein durchgeführt und berechnet. Die entsprechenden Gebühren übersteigen die Gebühren der Bestattung in einem Urnenwahlgrab um ein Vielfaches. Diese Aufwendungen werden nachfolgend zwar dargestellt, bleiben aber

aufgrund der Höhe bei der sich anschließenden Gegenüberstellung außer Betracht.

                                                 

Urnenbestattung in einer Gemeinschaftsgrabanlage

Erwerb des Nutzungsrechts (25 Jahre)                                 1.050,00 Euro

Bestattungsgebühren                                                                312,00 Euro

Grabpflege                                                                             1.360,00 Euro

                                                                                               2.722,00 Euro

 

Eine Gegenüberstellung der aktuellen Aufwendungen für eine ordnungsbehördliche Bestattung und der Aufwendungen für eine Bestattung in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof stellt sich wie folgt dar:

 

Aufwendungen für 14 Bestattungen / Jahr

Wahlgrab: 14*812,00  Euro                                                 11.368,00 Euro

Ausstreuung im Gedenkpark Dieren                                     2.200,00 Euro

Mehraufwendungen Wahlgrab                                        13.568,00 Euro / Jahr

zzgl. Grabpflege Dritter für einen Zeitraum von 25 Jahren

 

Ausgehend von 14 Bestattungen pro Jahr wären ordnungsbehördliche Bestattungen in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof gegenüber der aktuellen Bestattungsform mit einem Mehraufwand i.H.v. 13.568,00 Euro pro Jahr verbunden. 

 

Hinsichtlich der Möglichkeit einer wirtschaftlicheren ordnungsbehördlichen Bestattung auf dem Emmericher Friedhof hat die Verwaltung Gespräche mit der Katholischen Kirchengemeinde geführt, in denen eine dauerhafte allumfassende Lösung leider nicht gefunden werden konnte.

 

 

 

  1. Würdigung der Bestattungsformen

 

Ziel der ordnungsbehördlichen Bestattungen ist es, Verstorbene ohne Angehörige in einem würdevollen Rahmen zu bestatten. Den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit folgend ist die Verwaltung dabei gehalten, Aufwendungen für die Beisetzung auf ein notwendiges Maß zu begrenzen. Um beiden Vorgaben gerecht zu werden, hat sich die Verwaltung, sofern eine Willensbekundung des Verstorbenen nicht vorliegt,  für eine Verstreuung der Totenasche im Gedenkpark Dieren entschieden. Bei der Vielzahl von Bestattungsformen ist innerhalb der Gesellschaft die Verstreuung der Totenasche in der Natur anerkannt und wird zunehmend insbesondere von Alleinstehenden bewusst gewählt. Für Personen, die der/dem Verstorbenen gedenken möchten, steht der Gedenkpark Dieren offen. Darüber hinaus wird einmal im Jahr zu einem gemeinsamen Gedenken im Rahmen eines Lichterabends eingeladen.

 

Der bisherigen Bestattungsform gegenüber steht die Beisetzung in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof, die, ausgehend von der bisherigen Anzahl von Bestattungen, pro Jahr einen Mehraufwand von 13.568,00 Euro zur Folge haben würde. Unberücksichtigt sind hier Aufwendungen für die Pflege der Urnenwahlgräber durch einen Dritten. Ein Urnen-wahlgrab auf dem Emmericher Friedhof gibt Menschen, die sich mit dem Verstorbenen verbunden fühlten, die Möglichkeit, ihm/ihr vor Ort zu gedenken. Von der Rudolf-W.-Stahr-Stiftung finanzierte Urnenwahlgräber aus den Jahren zwischen 2008 bis 2016 für Verstorbene ohne Angehörige auf dem Emmericher Friedhof sind nur zu einem sehr kleinen Anteil mit Gestecken und anderen Zeichen des Gedenkens belegt. Die anfänglichen Zeichen des Gedenkens nehmen nach den ersten Jahren ab, die Gräber werden nicht betreut, das Erscheinungsbild ist ungepflegt.

 

In Abwägung der beiden Bestattungsformen spricht sich die Verwaltung für eine Beibehaltung der bewährten, gesellschaftlich anerkannten und pietätvollen Form der ordnungsbehördlichen Bestattung aus.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme hat keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme wird von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.

 

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister