Betreff
Sozialbestattungen; hier: Antrag Nr. XV 2019 der Embrica-Ratsfraktion
Vorlage
06 - 16 1817/2019/2
Art
Verwaltungsvorlage
Referenzvorlage

Beschlussvorschlag

 

Der Rat beschließt, ordnungsbehördliche Bestattungen in Urnenwahlgräbern auf dem Emmericher Friedhof durchzuführen und ab dem Haushaltsjahr 2020 entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

 

Sachdarstellung :

 

Die Embrica Ratsfraktion beantragt Verstorbene, deren Bestattung von der Ordnungs-behörde veranlasst wird, in einem Urnengrab auf dem Emmericher Friedhof beizusetzen.

Die Mehrkosten gegenüber der derzeitigen Bestattungsform sollen aus dem städtischen Haushalt finanziert werden.

 

Die nachfolgende Stellungnahme gliedert sich in die Darstellung der Rechtslage, Beschreibung des aktuellen Verfahrensablaufs, Aufzeigung und Gegenüberstellung der Aufwendungen der verschiedenen Bestattungsformen sowie den abschließenden Vorschlag der Verwaltung.

 

 

1.   Ordnungsbehördliche Bestattung gem. § 8 des Bestattungsgesetzes

 

Grundsätzlich besteht gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz – BestG NRW) eine Bestattungspflicht für hinterbliebene Familienangehörige (in der Rangfolge:  Ehegatten, Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern und volljährige Enkelkinder).

 

Wenn die Hinterbliebenen ihrer Bestattungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, hat die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde, auf deren Gebiet der Tod eingetreten oder der Tote gefunden worden ist, nach § 8 Abs. 1 S. 2 BestG NRW die Bestattung zu veranlassen.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 BestG NRW müssen Erdbestattungen oder Einäscherungen innerhalb von zehn Tagen durchgeführt werden. Werden diese nicht innerhalb der Frist von einem bestattungspflichtigem Angehörigen veranlasst, handelt die örtliche Ordnungsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Grundlage des § 14 Ordnungsbehördengesetz (OBG). Die Erdbestattung bzw. die Einäscherung erfolgt in diesem Fall im Wege des Sofortvollzugs mit dem Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 55 Abs. 2 i.V.m. § 59 des Verwaltungs-vollstreckungsgesetzes (VwVG NRW).

 

Im Falle einer Feuerbestattung gibt § 13 Abs. 3 S. 2 BestG NRW eine 6-Wochen-Frist zur Beisetzung der Totenasche vor. In diesem Zeitraum ist die Ordnungsbehörde verpflichtet, die Ermittlung bestattungspflichtiger Angehöriger fortzusetzen und diese ggfs. im Wege einer Ordnungsverfügung unter Androhung der Ersatzvorname zur Beisetzung der Urne zu verpflichten.

 

 

 

2.   Sozialbestattung

 

Von der unter Ziffer 1 beschriebenen ordnungsbehördlichen Bestattung ist der Begriff der Sozialbestattung zu unterscheiden. Sind bestattungspflichtige Angehörige nicht in der Lage, die Kosten der Beisetzung zu tragen, besteht die Möglichkeit der Übernahme der Kosten durch den Sozialhilfeträger nach § 74 SGB XII. Hierzu ist ein Antrag auf Kostenübernahme beim Sozialhilfeträger zu stellen. Gem. § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, diese Kosten zu tragen. Erforderliche Kosten „sind diejenigen Aufwendungen, die für ein einfaches, aber würdiges, ortsübliches Begräbnis notwendig sind.“ In diesem Fall spricht man von einer sog. Sozialbestattung.

 

3.   Art der Bestattung

Die Art und der Ort der Bestattung ist nach § 12 Abs. 1 S. 2 BestG NRW nach dem Willen der Verstorbenen zu wählen, soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet hatten und nicht geschäftsunfähig waren. Liegt keine Willenserklärung der/des Verstorbenen vor, entscheidet gem. § 12 Abs. 2 S. 2 BestG NRW bei einer ordnungsbehördlichen Bestattung die örtliche Ordnungsbehörde über die Art und den Ort der Bestattung.

 

Die Beisetzung der Totenasche kann nach § 15 Abs. 5 S. 2 BestG NRW auf einem Friedhof oder auf See erfolgen. Alternativ darf die Asche nach § 15 Abs. 6 BestG NRW auf einem hierfür besonders vorgesehenen Teilbereich eines Friedhofes verstreut oder ohne Behältnis vergraben werden, wenn dies schriftlich bestimmt ist. 

 

Das Verstreuen der Totenasche bedarf in Nordrhein-Westfalen der vorherigen Bestimmung durch den Verstorbenen. In den benachbarten Niederlanden ist eine solche Bestimmung nicht erforderlich.

 

Gem. Rechtsprechung hat die Ordnungsbehörde, soweit sie die Bestattung auf Kosten der Bestattungspflichtigen selbst veranlasst, grundsätzlich eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form zu gewährleisten. Ortsüblich ist dabei eine Bestattungsform nicht erst dann, wenn sie in den überwiegenden Fällen vorgenommen wird, sondern wenn sie bei der Ortsbevölkerung auf eine ausreichende Akzeptanz stößt.

 

 

4.   Ordnungsbehördliche Bestattungen bei der Stadt Emmerich am Rhein

Der Fachbereich 6 – Bürgerservice und Ordnung als örtliche Ordnungsbehörde der Stadt Emmerich am Rhein schreibt alle 2 Jahre die Durchführung von Urnen- und Erdbestattungen aus. Aktuell ist ein örtliches Bestattungsunternehmen beauftragt. Der Auftrag ist befristet bis zum 30.04.2020.

 

Der Auftrag beinhaltet die üblichen Leistungen einer einfachen Bestattung. Da in den meisten Fällen keine Willensbekundung des Verstorbenen vorhanden ist, erfolgt in der Regel eine Einäscherung und anschließend die Ausstreuung der Totenasche in dem in einem Waldstück eingebetteten Gedenkpark der 40 km entfernten niederländischen Gemeinde Dieren. Bei der Vielzahl von Bestattungsformen ist innerhalb der Gesellschaft die Verstreuung der Totenasche in der Natur anerkannt und wird zunehmend insbesondere von Alleinstehenden bewusst gewählt. Sofern der Verstorbene ausdrücklich eine Erdbestattung wünscht, findet die Beisetzung auf dem Emmericher Friedhof statt.

 

Die Einäscherung erfolgt durch die Deutsche Friedhofs GmbH in Dachsenhausen, welche die Urne nach der Einäscherung zum Gedenkpark des Krematoriums Dieren in den benachbarten Niederlanden bringt. Nach einer gesetzlich vorgegebenen Wartezeit erfolgt

die Ausstreuung der Totenasche durch das von der Ordnungsbehörde beauftragte Bestattungsunternehmen in einem würdigen und pietätvollen Rahmen auf einem Streufeld des Gedenkparks. Für Personen, die der/dem Verstorbenen gedenken möchten, steht der Gedenkpark Dieren offen. Darüber hinaus wird einmal im Jahr zu einem gemeinsamen Gedenken im Rahmen eines Lichterabends eingeladen.

 

 

 

 

In den Jahren 2017 und 2018 erfolgten jeweils 14 ordnungsbehördliche Bestattungen. Pro Jahr sind Aufwendungen i.H.v. rund 14.500 Euro entstanden (Produkt 1.100.02.02.01 – Sachkonton 52910000), von denen rund 2.200 Euro der Ausstreuung im Gedenkpark zuzuordnen sind.

 

 

5.   Alternative Form der ordnungsbehördlichen Bestattung auf dem Emmericher Friedhof

 

Die Verwaltung hat die Möglichkeit der ordnungsbehördlichen Bestattung auf dem Emmericher Friedhof geprüft.

 

Da in der Regel eine Willenserklärung des Verstorbenen nicht vorliegt, scheidet gem. § 15 Abs. 5 BestG NRW eine Ausstreuung der Totenasche auf dem Emmericher Friedhof aus.

 

Nach Prüfung der unterschiedlichen Bestattungsmöglichkeiten auf dem Emmericher Friedhof stellt unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnis-mäßigkeit die Urnenbestattung in einem Urnenwahlgrab eine Alternative zur ordnungs-behördlichen Bestattung in der bisherigen Form dar.

 

In einem Urnenwahlgrab können bis zu 4 Urnen beigesetzt werden. Eine Urnenbestattung in einem Urnenwahlgrab setzt eine Grabpflege durch Dritte oder die Abdeckung mit einer Grabplatte voraus, wobei auch die Grabplatte regelmäßig zu pflegen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass seitens der bestattungspflichtigen Angehörigen keine gesetzliche Verpflichtung zur Erstattung der Grabpflegekosten besteht, da diese nicht zu den Bestattungskosten zählen.

 

Für Urnenbestattungen in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof werden gem. Gebührentarif zur Friedhofssatzung der Stadt Emmerich am Rhein vom 11.12.2013 in der Fassung der 3. Nachtragssatzung vom 1.1.2020 folgende Gebühren erhoben

 

Urnenwahlgrab

Erwerb des Nutzungsrechts (25 Jahre)                                                         

1.100,00 Euro / 4 Urnen                                                           275,00 Euro

Bestattungsgebühren                                                                339,00 Euro

Grabplatte zzgl. Gebühr 1.200,00 Euro/ 4                                300,00 Euro

                                                                                                  914,00 Euro

 

 

6.    Finanzielle Auswirkungen/Mehrbedarf

 

 

Eine Gegenüberstellung der aktuellen Aufwendungen für eine ordnungsbehördliche Bestattung und der Aufwendungen für eine Bestattung in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof stellt sich wie folgt dar:

 

Aufwendungen für 14 Bestattungen / Jahr

Wahlgrab: 14*914,00 Euro                                                  12.796,00 Euro

Ausstreuung im Gedenkpark Dieren                                     2.200,00 Euro

Mehraufwendungen Wahlgrab                                        10.596,00 Euro / Jahr

zzgl. Grabpflege Dritter für einen Zeitraum von 25 Jahren

 

Ausgehend von 14 Bestattungen pro Jahr wären ordnungsbehördliche Bestattungen in einem Urnenwahlgrab auf dem Emmericher Friedhof gegenüber der aktuellen Bestattungsform mit einem Mehraufwand i.H.v. 10.596,00 Euro pro Jahr verbunden. 

Der Mehraufwand pro Bestattung beträgt rd. 757 Euro. Die Gesamtkosten pro Bestattung erhöhen sich auf rd. 1.793 Euro. Sofern ein Ersatz der Kosten durch vorhandene bestattungspflichtige Angehörige erfolgt, verringert sich der aus öffentlichen Mitteln zu deckende Mehraufwand. 

 

 

7.   Vorschlag der Verwaltung

 

Soweit die örtliche Ordnungsbehörde Bestattungen auf Kosten der Bestattungspflichtigen selbst veranlasst, hat sie unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit eine angemessene Bestattung in einfacher, aber würdiger und ortsüblicher Form zu gewährleisten.

 

Die Stadt Emmerich am Rhein stellt in Form des kommunalen Friedhofs einen öffentlichen Gedenkort für ihre Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung. Unter dem Gesichtspunkt,

Angehörigen und Freunden die Gelegenheit zu geben, die Gräber zu besuchen und den Verstorbenen dort zu gedenken, ist die Beisetzung der Verstorbenen, die über keine bestattungspflichtigen Angehörigen verfügen bzw. deren Angehörige die Bestattung nicht oder nicht rechtzeitig veranlassen, auf dem kommunalen Friedhof als angemessen anzusehen. Die unter Ziffer 5 vorgestellte Form der Bestattung in einem Urnenwahlgrab ist bezogen auf den Emmericher Friedhof wirtschaftlich und verhältnismäßig.

 

Sofern nach der Beisetzung bestattungspflichtige Angehörige zu ermitteln sind, werden sie seitens der Ordnungsbehörde zur Erstattung der Bestattungskosten herangezogen. Die Pflege der Grabplatten erfolgt, soweit sich kein Dritter dazu bereiterklärt, durch die Mitarbeiter der Kommunalbetriebe Emmerich am Rhein.

 

Die Verwaltung schlägt vor, ordnungsbehördliche Bestattungen in Urnenwahlgräbern auf dem Emmericher Friedhof durchzuführen. 

 

 

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist für das Haushaltsjahr 2020 mit einem Mehraufwand i.H.v. 10.596 Euro verbunden. Produkt: 1.100.02.02.01 Sachkonto 52910000.

 

 

Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen :

 

Die Maßnahme ist für das Haushaltsjahr 2020 mit einem Mehraufwand i.H.v. 10.596 Euro verbunden. Produkt: 1.100.02.02.01 Sachkonto 52910000.

 

 

Leitbild :

 

Die Maßnahme wird von den Zielen des Leitbildes nicht berührt.

 

 

 

Peter Hinze

Bürgermeister