hier: Antrag Nr. XXVI/2020 an den Rat der Stadt Emmerich am Rhein
Kenntnisnahme (kein
Beschluss):
Der Ausschuss für Stadtentwicklung nimmt die Ausführungen der Verwaltung
zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Die CDU-Ratsfraktion beantragt die Verlängerung der 30er Zone in der
Goebelstraße bis zur Merowingerstraße und die Aufstellung eines
Verkehrsspiegels. Der Antrag wird auf die schlechte Sicht in die Goebelstraße
für Verkehrsteilnehmer, die die Gerhard-Strom-Straße aus Richtung
`s-Heerenberger Straße befahren, zurückgeführt. Besonders Radfahrer werden als
gefährdet angesehen.
Aktuelle Verkehrssituation
In der Goebelstraße ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h
(VZ 274-30), in Fahrtrichtung van-Gülpen-Straße ab der Schillerstraße, angeordnet.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung endet noch vor der Kreuzung mit der
Gerhard-Storm-Straße. In der Goebelstraße wird den Radfahrern durch
Schutzstreifen Raum gegeben. Die Schutzstreifen werden durch Leitlinien
(Zeichen 340) mit Schmalstrichen von 1 m Länge und 1 m langen Lücken markiert.
Die angesprochene Tempo 30-Zone befindet sich östlich von der Goebelstraße.
Im Kreuzungsbereich Goebelstraße/Gerhard-Storm-Straße/van-Gülpen-Straße
haben die Verkehrsteilnehmer, die die Goebelstraße oder van-Gülpen-Straße
befahren Vorfahrt (VZ 306), während die Verkehrsteilnehmer auf der
Gerhard-Storm-Straße die Vorfahrt durch beidseitige Stoppschilder (VZ 206) zu
gewähren haben. Die Haltlinie (Zeichen 294) zu den Stoppschildern, an der
mindestens drei Sekunden zu halten ist, befindet sich auf Höhe der
Stoppschilder.
An der Haltlinie auf der Gerhard-Storm-Straße, aus Richtung
`s-Heerenberger Straße, ist die Sicht in den Querverkehr, insbesondere nach
links in die Goebelstraße, nicht optimal. In diesem Fall ist gemäß der StVO bis
zur Sichtlinie (gedachte Linie) vorzufahren, bis eine bessere Sicht auf den
Querverkehr besteht. Dies ist im Bereich der Radwegfurt der Fall.
Unfalllage
Die Auskunft der Kreispolizeibehörde Kleve ergab, dass sich in den
Jahren 2017-2020 keine Unfälle ereignet haben, die auf eine fehlende
Sichtbeziehung in die Goebelstraße zurückzuführen waren.
Prüfung der Voraussetzungen für die Erweiterung der Tempo 30-Zone auf
die Goebelstraße und teilweise auf die van-Gülpen-Straße (bis Merowingerstraße)
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Tempo 30-Zone sind in § 45
Abs. 1 c) StVO geregelt. Gemäß Absatz 1 c) ordnen die Straßenverkehrsbehörden
innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten
mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf,
Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an.
Die Zonenanordnung darf sich unter anderem nicht auf Vorfahrtstraßen (VZ
306) erstrecken. Zudem darf sie nur Straßen ohne Leitlinien (Zeichen 340)
umfassen. An Kreuzungen oder Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich
die Vorfahrtregel § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO (rechts-vor-links) gelten.
Aus der genannten Regelung der StVO sowie der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) geht hervor, dass Tempo 30-Zonen
grundsätzlich der Verkehrsberuhigung und so dem Schutz der Wohnbevölkerung, des
Fußgänger- und Radverkehrs dienen.
Sie kommen zudem nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von
geringer Bedeutung ist.
Die Zonenanordnung ist gleichzeitig Bestandteil der flächendeckenden
Verkehrsplanung der Gemeinde, in deren Rahmen zugleich ein leistungsfähiges
innerörtliches Vorfahrtstraßennetz (VZ 306) festgelegt und sichergestellt
werden soll.
Für die Erweiterung der bestehenden Tempo 30-Zone westlich der
Goebelstraße auf die Goebelstraße und auf ein Teilstück der van-Gülpen-Straße
liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 c) StVO nicht vor, da die
Goebelstraße zum einen als Vorfahrtstraße ausgewiesen ist und zum anderen
Schutzstreifen für Radfahrer aufweist, die durch Leitlinien (Zeichen 340)
markiert sind. In der Konsequenz wäre zudem auch die Erweiterung der Zone auf
die Gerhard-Storm-Straße zu prüfen.
In der benachbarten Zone, östlich der Goebelstraße, befinden sich
ausschließlich untergeordnete Nebenstraßen wie die Schillerstraße oder die
Straßen Am Müssenberg und Ebertstraße, die als Erschließungsstraßen weniger dem
Durchgangsverkehr als dem Ziel- und Quelleverkehr des dortigen Wohnquartiers dienen.
Der Zonencharakter ist auch optisch durch eine teilweise rote
Pflasterung und durch die Breiten dieser Straßen erkennbar.
Bei der Goebelstraße und der van-Gülpen-Straße handelt es sich hingegen
um eine Straßen mit einem höheren Aufkommen an Durchgangsverkehr, denen
hierdurch eine Verbindungsfunktion zu Teil wird.
Die Voraussetzungen für die Erweiterung der angrenzenden Tempo 30-Zone
gemäß der StVO auf die Goebelstraße und auf Teile der van-Gülpen-Straße und
Gerhard-Storm-Straße liegen somit nicht vor.
Prüfung der Voraussetzungen für die Verlängerung der
Geschwindigkeitsbeschränkung 30 km/h der Goebelstraße bis zur van-Gülpen-Straße
(Ende Merowingerstraße)
Die Voraussetzungen der Beschilderung VZ 274-30 sind in § 45 Absatz 9
StVO und der VwV-StVO geregelt.
Gemäß Absatz 9 Satz 1 dürfen Verkehrszeichen nur dort angeordnet werden,
wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Ergänzend
zur vorausgesetzten zwingenden Erforderlichkeit dürfen insbesondere
Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur dort angeordnet werden,
wenn aufgrund der besonderen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das
allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen des §
45 StVO genannten Rechtsgüter (Schutz von Leib und Leben, Eigentum etc.)
erheblich übersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 3 StVO).
Die VwV-StVO konkretisiert die Voraussetzungen und weist in diesem
Zusammenhang u. a. auf häufige geschwindigkeitsbedingte Unfälle hin.
Zu berücksichtigen ist hierbei auch die Nähe zu sozialen Einrichtungen
wie Schulen.
Die Goebelstraße liegt in unmittelbarer Nähe zu dem in der Hansastraße
befindlichen Willibrord-Gymnasium. Hier herrscht insbesondere zu den Stoßzeiten
ein reger Schülerverkehr. Die mit dem Rad fahrenden Schülerinnen und Schüler
befahren die Goebelstraße auf den dortigen Schutzstreifen, welche Bestandteile
der Fahrbahn darstellen. Im Bedarfsfall dürfen Kraftfahrzeugführer somit die
Schutzstreifen befahren.
Die Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h ist vor diesem Hintergrund
angezeigt.
Hinter der Kreuzung mit der Gerhard-Storm-Straße beginnt in
Fahrtrichtung van-Gülpen-Straße der baulich angelegte Radweg, sodass der
Radverkehr hier nicht mehr auf der Fahrbahn fahren muss. Zum einen spricht dies
gegen die Verlängerung der Geschwindigkeitsbeschränkung.
Eine Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund der schlechten Einsehbarkeit
in die Goebelstraße für Verkehrsteilnehmer, die die Gerhard-Strom-Straße aus
Richtung `s-Heerenberger Straße befahren, wird unter Berücksichtigung der
genannten Unfalllage ebenfalls nicht als zwingend notwendig i.S.d. § 45 Abs. 9
StVO angesehen.
Zwar sind die Sichtverhältnisse hier nicht optimal, eine Gefahrenlage
liegt allerdings nicht vor. Der abgefragten Unfalllage ist demnach zu
entnehmen, dass die Verhaltensregeln der StVO (Vorfahren bis zur Sichtlinie)
ausreichend sind.
Prüfung der Voraussetzungen für die Aufstellung eines Verkehrsspiegels
Bei einem Verkehrsspiegel handelt es sich weder um ein Verkehrszeichen
gemäß § 39 StVO noch um eine Verkehrseinrichtung gemäß § 43 StVO. Ein solcher
kann als allgemeines Sicherungsmittel aufgestellt werden, wenn dieser für die
Entschärfung einer durch eingeschränkte Einsehbarkeit begründete Gefahrenstelle
erforderlich ist.
Durch einen Verkehrsspiegel soll dem Wartepflichtigen das Hineintasten
in einen Kreuzungsbereich erleichtert werden. Ein solcher entbindet hingegen
nicht von der Pflicht, sich unmittelbar vor der Einfahrt in die
vorfahrtberechtigte Straße über das Freisein der Straße zu vergewissern.
Grundsätzlich werden Verkehrsspiegel daher nur in Ausnahmefällen, bei
Vorliegen einer außergewöhnlichen Gefahrensituation angeordnet.
Eine solche Situation liegt unter Berücksichtigung der Unfalllage nicht
vor. Unabhängig hiervon würde eine Funktionalität eines solchen Spiegels in
diesem Fall nicht angenommen. Der Spiegel wäre auf der gegenüberliegenden
Straßenseite, vor dem Grundstück van-Gülpen-Straße 38, aufzustellen, da der von
links kommende Querverkehr auf der Goebelstraße aufgrund der Kurve und der
dortigen vorstehenden Grundstücksbebauung auf der gleichen Straßenseite nicht
vom Spiegel erfasst würde.
Die gegenüberliegende Straßenseite wird ebenfalls als ungeeignet
angesehen, da der Abstand von ca. 14 m zu groß wäre, als dass der
Verkehrsteilnehmer auf das Gespiegelte Vertrauen könnte.
Zudem sei erwähnt, dass Verkehrsspiegel durch ihre Wölbung nur ein
ungenaues und verkleinertes Bild von Entfernungen und Geschwindigkeiten
wiedergeben. Da der gesamte Verkehrsraum nicht abgebildet werden kann, kann es
zudem tote Winkel geben, wodurch andere Verkehrsteilnehmer übersehen werden
können. Hierdurch kann es zu Fehlinterpretationen in Bezug auf die
Verkehrssituation kommen, sodass es bei einem gänzlichen Verlass auf diese zu
Gefahrensituation kommen kann.
Auch der Umstand, dass der Verkehrsteilnehmer seinen Blick auf den
gegenüberliegenden Spiegel richtet statt nach links, spricht gegen die
Aufstellung eines solchen.
Vielmehr haben diese sich nach dem Halten an der Haltlinie vorsichtig in
die Kreuzung hineinzutasten (§ 2 Abs. 2 Satz3 StVO). Diese Verhaltensregel wird
unter Berücksichtigung der Unfalllage als ausreichend angesehen.
Zusammenfassung
Die Voraussetzungen für die Erweiterung der östlich der Goebelstraße
liegenden Tempo 30-Zone liegen gemäß der StVO nicht vor. Auch die Verlängerung
der in der Goebelstraße angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h
wird nicht als zwingend erforderlich gemäß § 45 Abs. 9 StVO angesehen, da keine
außerordentliche Gefahrenlage vorliegt.
Unter Verweis auf die vorgenannten Gründe spricht sich die Verwaltung
zudem gegen die Aufstellung eines Verkehrsspiegels aus.
Finanz- und
haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
Die Maßnahme hat
keine finanz- und haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen.
Leitbild:
Die Maßnahme steht
im Einklang mit den Zielen des Leitbildes Kapitel 3.3.
In Vertretung
Dr. Wachs
Erster
Beigeordneter